Nr. 20 (I-2018) - Osnabrücker Wissen
Nr. 20 (I-2018) - Osnabrücker Wissen Wir beantworten Fragen rund um die Osnabrücker Region. Alle drei Monate als Printausgabe. Kostenlos! Und online unter www.osnabruecker-wissen.de
Nr. 20 (I-2018) - Osnabrücker Wissen
Wir beantworten Fragen rund um die Osnabrücker Region. Alle drei Monate als Printausgabe. Kostenlos! Und online unter www.osnabruecker-wissen.de
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
LEBEN & GESELLSCHAFT<br />
Wer wohnt in der<br />
Süßwarenfabrik?<br />
Alternative Wohnformen werden immer beliebter. In Osnabrück lebt eine alte Süßwarenfabrik<br />
wieder auf, seitdem sich ein Fotokünstler hier seinen Wohntraum erfüllt hat.<br />
Bilder © Marlen Rasche<br />
Nur noch ein alter, verrosteter Dampfkessel<br />
vor der Tür und der Schornstein<br />
im Garten lassen auf die<br />
Geschichte des Gebäudes<br />
schließen. Die Dampfzuckerwarenfabrik<br />
„Meise<br />
und Dreß“ hatte hier<br />
seit 1910 ihr Zuhause.<br />
Heute beherbergt das<br />
Gebäude an der Sutthauser<br />
Straße nach einer<br />
Sanitärfirma und einem Getränkehändler<br />
den Wahl-<strong>Osnabrücker</strong><br />
Thorsten Drüner.<br />
Wo stehen Oldtimer am Esstisch?<br />
An Süßwarenproduktion ist nicht mehr<br />
zu denken. Im alten Lager, wo einst<br />
Zucker und Kakao angeliefert und verstaut<br />
wurden, befindet sich heute ein ca. 150m 2<br />
großes Loft mit Oldtimern neben dem<br />
Esstisch und Kunstschätzen wohin das<br />
Auge sieht. Durch ein Fenster in der<br />
Decke fällt das Licht auf die mobile<br />
Kochinsel. Für zusätzliche Helligkeit sorgt<br />
eine Chirurgie-Lampe. Wo heute gekocht<br />
wird, wurden zu „Meise und Dreß’“ Zeiten<br />
im Laboratorium neue Rezepturen für<br />
Bonbons und Karamell entwickelt. Geschlafen<br />
wird<br />
in der Galerie<br />
mit Blick auf<br />
die Oldtimer.<br />
Auf dem neu<br />
eingezogenen<br />
Stahlträger bilden<br />
Bierbänke<br />
den Boden,<br />
der Vorbesit-<br />
zer hat sie nicht mitgenommen. Im gesamten<br />
Wohnbereich liegt Fußbodenheizung<br />
unter dem neuen Estrich.<br />
Für die gemütliche Wärme<br />
sorgt jedoch meistens ein<br />
alter Bullerjan-Holzkesselofen.<br />
Eigentlich sollte<br />
das Gebäude abgerissen<br />
werden. Die Pläne dafür<br />
standen, der Abriss war<br />
genehmigt. Im Frühjahr<br />
<strong>20</strong>09 entdeckte der Fotograf<br />
dann die Fabrik. „Wir haben das<br />
Gebäude aus seinem Dornröschenschlaf<br />
geweckt.“ Zwei Birken hatten sich inmitten<br />
der Hallen ihren Weg durch die Decke<br />
gebahnt. Die Grundmauern wurden fast<br />
vollständig freigelegt und teilweise abgerissen.<br />
Die alten Ziegelsteine dienten<br />
dem Aufbau der neuen Mauern. Seit <strong>20</strong>10<br />
renoviert Drüner die ehemalige Produktionsstätte.<br />
„Als wir hier anfingen, lag eine<br />
Menge Arbeit vor uns,“ erinnert sich der<br />
Besitzer. Heute nutzt er etwa ein Viertel<br />
der 840m 2 Gesamtfläche seines Eigentums.<br />
Einzelne Abschnitte sind vermietet.<br />
Was machen Krankenhausbet t-<br />
Rollen aus einem Räucherschrank?<br />
Große, geräumige Lofts in Berlin und<br />
New York inspirierten Drüner. Doch er<br />
hatte schon als Jugendlicher sein Fahrrad<br />
im Zimmer an der Wand hängen, „lange<br />
bevor das in Berlin-Mitte angesagt war“,<br />
betont er. Drüner ist Sammler, die alte<br />
Fabrik für ihn Wohnraum und Atelier zugleich.<br />
Hier gibt es Flohmarktfundstücke<br />
zu entdecken, dort ziehen zeitgenössische<br />
Gemälde ihre Blicke auf sich. Seine Fotografien<br />
schmücken das Loft, genauso wie<br />
antike Sessel. Die Ideen gehen ihm nicht<br />
aus. Vor dem Haus wartet noch ein Räucherschrank<br />
darauf, als Küchenschrank<br />
mit Rollen eines Krankenhausbettes<br />
umfunktioniert zu werden.<br />
Was wird aus der Fabrik?<br />
So ein altes Gebäude ist „Privileg und<br />
Aufgabe zugleich“ resümiert Drüner.<br />
„Ich konnte mir hier einen Traum erfüllen,<br />
gleichzeitig wird es so, wie es jetzt ist,<br />
nicht bleiben.“ Eine kleine Turnhalle ist<br />
geplant. Ausrangierte Springböcke und<br />
Schwebebalken stehen bereit, ein Sprungkasten<br />
dient schon als Wohnzimmertisch.<br />
Die Inneneinrichtung ist sowieso stetig im<br />
Wandel.<br />
In Zukunft könne er sich vorstellen, in<br />
der alten Zuckerwarenfabrik Wohnen<br />
mit mehreren Generationen und Begegnungsflächen<br />
anzubieten. „Vielleicht zieht<br />
es mich aber auch auf ein Hausboot in<br />
Amsterdam,“ träumt Drüner. | Tom Herter<br />
... wenn Sie weitere Informationen,<br />
alte Bilder, Geschichten über die<br />
Süßwarenfabrik haben oder wenn<br />
Sie weitere interessante Wohnformen<br />
in Osnabrück oder dem<br />
<strong>Osnabrücker</strong> Land kennen,<br />
melden Sie sich gerne bei unserer<br />
Redaktion unter:<br />
kontakt@kreativkompass.de<br />
31