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ALLGÄU Running 2016

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Reportage<br />

10<br />

Laufend durch die Schwangerschaft<br />

Bewegung mit Babybauch tat Gitti Schiebel gut. Statt Kinderwagen schiebt sie jetzt den Babyjogger<br />

Natürlich wollte ich so lange wie möglich laufen. Es gibt sie<br />

ja, diese Geschichten von Frauen, die quasi mit Laufschuhen<br />

in den Kreißsaal eingeliefert werden, weil sie bis kurz vor der<br />

Geburt noch fröhlich durch die Gegend rennen. Die Amerikanerin<br />

Amber Miller beispielsweise. Wenige Stunden nach<br />

ihrem Zieleinlauf beim Chicago-Marathon brachte sie eine<br />

gesunde Tochter zur Welt. Oder US-Sprintstar Alysia Montano.<br />

Sie nahm im achten Monat an den amerikanischen Leichtathletik-Meisterschaften<br />

teil. Nicht im Kampf um den Titel,<br />

nein, sie wollte einfach damit ein Zeichen setzen, dass auch<br />

Schwangere Sport treiben können. Ich hatte also auch von mir<br />

das Bild im Kopf, wie ich mit dickem Bauch laufend die Schwangerschaft<br />

genieße.<br />

Es kam anders. Genießen konnte ich die Schwangerschaft<br />

nicht. Ganz im Gegenteil. Mir ging es die ersten vier Monate<br />

ziemlich elend. So elend wie nie zuvor in meinem Leben. Die<br />

Schwangerschaft hatte mich total ausgeknockt. Völlig unerwartet.<br />

Ich bildete mir ja ein, einigermaßen robust zu sein.<br />

Schließlich hatte ich schon zahlreiche körperlich anstrengende<br />

Unternehmungen bewältigt. Fünf Mal bin ich beim Transalpine<br />

Run über die Alpen gerannt. Acht Tage lang hintereinander<br />

alpine Strecken mit je 30 bis 40 Kilometern und ordentlich Höhenmetern.<br />

Das war wahrlich kein Zuckerschlecken. Aber ganz<br />

ehrlich, die Erschöpfung nach diesen acht Tagen war nichts im<br />

Vergleich zur Müdigkeit in den ersten Wochen der Schwangerschaft.<br />

Ich musste mich aufraffen, an die frische Luft zu<br />

gehen. Nicht immer war ich dazu in der Lage, aber wenn ich<br />

draußen war, ging es mir besser. Oft bin ich gelaufen, immer<br />

mehr aber auch einfach nur gewandert. Der Bauch hat rasch<br />

an Umfang zugenommen, auch der restliche Körper fing an<br />

Reserven zu bilden. Schnell hatte ich einige Kilo mehr drauf.<br />

Das erhöht die Freude am Laufen nicht unbedingt. Primär hatte<br />

ich aber Angst, dass sich die Erschütterungen negativ auf<br />

das Baby auswirken können. Zum letzten Mal Laufen war ich<br />

also tatsächlich schon Mitte Dezember. Beim Adventstrail am<br />

Falkenstein. Da war noch nicht mal die Hälfte der Schwangerschaft<br />

um. Hätte mir das jemand im Vorfeld erzählt, ich hätte<br />

ihn vermutlich ausgelacht.<br />

Laufen fühlte sich einfach nicht mehr richtig an. Ich habe auf<br />

meinen Bauch gehört und es fiel mir überhaupt nicht schwer.<br />

Es bedeutete ja auch nicht, dass ich mich nicht mehr bewegte.<br />

Ich war viel unterwegs. Zunächst vor allem Wandern, später<br />

mit den Tourenski auf der Piste. Leni hat in meinem Bauch vermutlich<br />

mehr Höhenmeter gemacht als manch einer in seinem<br />

ganzen Leben. Heute rede ich mir ein, dass sie deshalb so ein<br />

entspanntes Baby ist, weil sie während der ganzen Schwangerschaft<br />

sanft hin und her geschaukelt wurde. Und mir haben<br />

die frische Luft und die Sonne sowieso gut getan. Ziemlich<br />

oft war ich am Grünten. Langsam, gleichmäßig, mit kontrolliertem<br />

Puls. Ganz rauf bis zum Gipfel ging es selten, nur bei<br />

besten Schneeverhältnissen wollte ich die Abfahrt im freien<br />

Gelände machen. Auf der Piste war es bei wenig Betrieb mit<br />

vorsichtiger Fahrweise aber kein Problem.<br />

Es war anstrengend<br />

Gipfelglück mit Babybauch: Gitti Schiebel war auch in ihrer Schwangerschaft<br />

viel in den Bergen unterwegs.<br />

Fotos (3): oh<br />

Der Winter ging, das Frühjahr kam. Bei schlechtem Wetter war<br />

ich Schwimmen oder saß auf dem Rennrad auf der Rolle. Bei<br />

schönem Wetter führten mich meine Wanderungen wieder<br />

aufs Immenstädter Horn, den Sonnenkopf oder das Burgberger<br />

Hörnle. Der errechnete Termin verstrich und nichts passierte.<br />

Mittlerweile hatte ich 17 Kilogramm zugenommen. Der<br />

dicke Bauch wurde immer unpraktischer und die Ungeduld<br />

stieg. Ein letztes Mal Grünten. Fünf Tage bevor sich Leni auf<br />

den Weg machte. Endlich. Was freute ich mich darauf, mich<br />

wieder normal bewegen zu können. Was freute ich mich darauf,<br />

bald wieder rennen zu können. Ein bisschen Geduld war<br />

aber noch notwendig. Auf keinen Fall wollte ich zu früh beginnen<br />

und langfristig mit den Folgen der Schwangerschaft<br />

Probleme haben. Also wartete ich brav ab, bis der Frauenarzt<br />

grünes Licht gab. Acht Wochen nach Lenis Geburt ging ich<br />

zum ersten Mal laufen. Es war zäh. So schlimm hatte ich mir<br />

den Anfang nicht vorgestellt. Mein Kinderwagen ist natürlich

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