26.02.2018 Aufrufe

MEDIAkompakt 23: Exit

Die Zeitung aus dem Studiengang Mediapublishing an der Hochschule der Medien Stuttgart

Die Zeitung aus dem Studiengang Mediapublishing an der Hochschule der Medien Stuttgart

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

1/2018 GESELLSCHAFT<br />

35<br />

Einmal Start-up und zurück<br />

Sein Start-Up schafft es bis<br />

nach Indonesien, dennoch<br />

kein Durchbruch!<br />

Manuel Schulze berichtet<br />

über das Scheitern seines<br />

Start-Ups „hoomn“<br />

Manuel Schulze führt durch die<br />

Stuttgarter Büros, in denen alles<br />

begann. „Diesen Raum haben wir<br />

an ein neues Start-Up vermietet“,<br />

sagt er. Manuel Schulze, ein großer,<br />

schlanker Typ, Ende 20, beginnt zu erzählen.<br />

„Drei Jahre Herzblut haben wir reingesteckt. Sehr<br />

schade, dass alles vorbei ist“. Er erinnert sich an<br />

den Tag an dem sein Vater Tobias Schulze,<br />

Inhaber der IT-Consultant Incedo AG, ihm von<br />

seiner Idee erzählte. Auf der Suche nach anderen<br />

Menschen mit gleichem Interesse, kam ihm der<br />

Gedanke, sein Anliegen in einer standortgebundenen<br />

App zu posten. Andere Leute im<br />

Umkreis sollten so die Möglichkeit haben, sich<br />

mit ihm in Verbindung zu setzen. In seiner<br />

Freizeit fing der erfahrene Softwareentwickler an,<br />

einen ersten Prototyp zu entwickeln. Abgeleitet<br />

von „Human“, also Mensch, kam die Marke<br />

„hoomn“ zustande. Manuel Schulze hatte 2015<br />

seinen Master in Volkswirtschaftslehre absolviert.<br />

2014, zum Zeitpunkt der Gründung war er für<br />

Rocket Internet in Manila tätig. „hoomn funktioniert<br />

wie ein Schwarzes Brett, egal worum es<br />

geht: Job, Wohnung, Auto, Beziehung oder die<br />

nächste Party. Mit hoomn erreichst du Menschen<br />

in deiner Nähe“ – so lautete der Werbespruch.<br />

Ohne Registrierung konnten User Kleinanzeigen,<br />

Foren, Stellenausschreibungen sowie soziale<br />

Kontakte in der App finden. In Indonesien erzielte<br />

die App in kurzer Zeit eine Downloadzahl im<br />

fünfstelligen Bereich.<br />

Expansion nach Indonesien und dann der Relaunch<br />

Bald fanden sich Investoren, welche die<br />

Gründung der „Find Local GmbH“ mit Sitz in<br />

Jakarta ermöglichten. Parallel dazu eröffnete ein<br />

Büro in Berlin. Von dort aus wurde die nächste<br />

Finanzierungsrunde vorbereitet sowie ein<br />

Relaunch der App unter dem Namen „Saya“<br />

umgesetzt. Denn der Name hoomn stellte sich<br />

wegen der schwierigen Aussprache als Nachteil<br />

heraus. In Indonesien wurde die App zur<br />

Kommunikationsförderung für die Menschen<br />

eingesetzt. In Deutschland richtete sich das<br />

Augenmerk auf die Steigerung von Kooperationen<br />

mit Dienstleistern, etwa mit einfachen Verlinkungen<br />

auf die Partner bis hin zu direkten<br />

Transaktionsabschlüssen über „Saya“. Die<br />

Download-Zahlen im deutschsprachigen Raum<br />

waren trotz allen Bemühungen zu niedrig. Unter<br />

Schulzes Leitung wollte man sich voll und ganz<br />

auf Indonesien konzentrieren. Obwohl die<br />

Gründer rund 500.000 Nachrichten pro Tag und<br />

50.000 Nutzer vorweisen konnten, reichte dies<br />

nicht, neue Investoren anzulocken, die App<br />

wurde eingestellt. „Das Produkt war nicht<br />

attraktiv genug, um ein organisches Wachstum zu<br />

erreichen“, sagt Schulze heute.<br />

Eingehende Nutzeranalyse als Schlüssel zum Erfolg<br />

Eine gute Idee für ein Produkt reicht heute<br />

nicht mehr, um erfolgreich zu werden. Schulze<br />

empfiehlt, sich im ersten Schritt intensiv mit den<br />

Kunden auseinanderzusetzen. Dabei solle man<br />

sich auf die Bedürfnisse konzentrieren und genau<br />

analysieren, auf welche Probleme Kunden im<br />

Alltag stoßen. Danach müsse sich ein Start-Up<br />

intensiv mit einer praktikablen Lösung des<br />

Problems auseinandersetzen. Ein Musterbeispiel<br />

dafür ist MyTaxi. In Sekundenschnelle kann man<br />

mit der App das nächstgelegene Taxi ordern und<br />

bezahlen. Die Gründer Niclaus Mewes und Sven<br />

Külper revolution- ierten damit vor sechs Jahren<br />

den Markt. Das Start-Up arbeite- te in der Entwicklung<br />

eng mit Taxifahrern<br />

zusammen. Jeder erhielt<br />

zwei Woch- en lang ein<br />

Smart- phone mit der<br />

insta- llierten App, im<br />

Austausch mit den<br />

Passagieren konnte die<br />

App entwickelt werden,<br />

die inzwi- schen über 10<br />

Millionen Downloads<br />

verzeichnet, 100.000<br />

Taxis einbindet und in<br />

mehr als 50 Städten<br />

verfügbar ist.<br />

„Ein neues Produkt<br />

macht nur Sinn, wenn es<br />

ein Bedürfnis wesentlich<br />

besser löst als existierende<br />

und größeren<br />

Mehrwert bietet“, sagt<br />

Schulze. Sein Start-Up war mit einem fertigen<br />

Prototyp gestartet. Die Zielgruppe wurde viel zu<br />

spät genauer analysiert, sagt er heute selbstkritisch.<br />

Passend dazu zitiert er Albert Einstein:<br />

„Wenn ich eine Stunde Zeit hätte, die Welt zu<br />

retten, würde ich 55 Minuten auf die<br />

Beschreibung des Problems verwenden und 5<br />

Minuten auf die Lösung“.<br />

Design Thinking, der Schlüssel zum Erfolg?<br />

Schulze vermutet, dass er mithilfe von Design<br />

Thinking die komplexe Problemphase besser<br />

bewältigt hätte. Design Thinking ist ein kreativer<br />

Prozess zur Ideenfindung, aus dem Innovationen<br />

entstehen. Im Zentrum stehen Nutzerbedürfnisse<br />

sowie die nutzerorientierte Ideengenerierung.<br />

Wurde eine Lösung gefunden, wird sie in Form<br />

eines Prototyps umgesetzt. „Bei der nächsten<br />

Start-Up Idee würde ich den Fokus auf den<br />

Kunden, sein Bedürfnis und das Problem richten.“<br />

Heute arbeitet Manuel für die Incedo AG. Die<br />

gewonnenen Erkenntnisse werden für neue<br />

Kunden genutzt. Sie entwickeln Softwarelösungen<br />

und wenden dabei Methoden wie<br />

Design Thinking und Scrum an.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!