Magazin Personalwirtschaft 01/2018
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von besonderer Bedeutung, wenn es um den Anteil<br />
von Frauen in Managementpositionen geht.<br />
Während weibliche Aufsichtsräte und Vorstandsvorsitzende<br />
keinen signifikanten Einfluss auf das finanzielle<br />
Ergebnis eines Unternehmens haben, ist der Anteil<br />
der Frauen im Topmanagement<br />
ein nachhaltiger Erfolgsfaktor. Ein<br />
Unternehmen mit 30 Prozent<br />
weiblichen Führungskräften kann<br />
gegenüber einer ansonsten gleichartigen,<br />
aber „frauenlosen“ Firma<br />
eine Gewinnsteigerung um einen Prozentpunkt und<br />
damit eine Verbesserung des Nettoergebnisses um 15<br />
Prozent verbuchen.<br />
Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer entsprechenden<br />
Talent-Pipeline. Eine gesetzliche Quote zeigt hier<br />
keine Wirkung. Sie behebt nicht die Ursachen, sondern<br />
verdeckt die Auswirkungen mangelnder Frauenförderung<br />
– beginnend in Schule und Ausbildung – und unzureichender<br />
öffentlicher Rahmenbedingungen im Hinblick<br />
auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.<br />
Darüber hinaus weisen Noland, Moran und Kotschwar<br />
auf die Tatsache hin, dass es grundsätzlich die Vielfalt<br />
an Fähigkeiten ist, die sich positiv auswirkt – neben<br />
Diversität, auch im Hinblick auf Alter und nationale<br />
Herkunft, spielt der Mix funktionaler Fähigkeiten im<br />
Management ebenso eine Rolle wie die damit verbundenen<br />
gruppendynamischen Prozesse.<br />
Eine Frauenquote für Aufsichtsräte ist, so die Autoren,<br />
nicht nur wirkungslos. Sie kann auch kontraproduktiv<br />
sein. Aufgrund personeller Knappheit besteht – wie am<br />
Beispiel der Quote für weibliche Aufsichtsräte in Norwegen<br />
empirisch belegt ist – die Gefahr negativer Konsequenzen<br />
durch gering qualifizierte Aufsichtsräte oder<br />
wenig engagierte Multi-Aufsichtsräte. Folglich ist die<br />
Politik gefordert, gesellschaftlich induzierte Aufstiegsbarrieren<br />
für Frauen zu beseitigen und diese nicht durch<br />
verpflichtende Quoten zu kaschieren.<br />
Fazit: Ein methodisch anspruchsvolles Working Paper,<br />
das auf breiter Basis vielfältige Impulse vermittelt und<br />
die empirischen Ergebnisse im Kontext einer umfassenden<br />
Literaturanalyse präsentiert.<br />
Die Führungskraft als Talentmagnet<br />
Sydney Finkelstein, Professor an der Tuck School of<br />
Business und Direktor des dortigen Center for Lea -<br />
dership, zählt zu den Thinkers 50, den weltweit führenden<br />
Vordenkern im Management. Nachdem er in seinem<br />
2003 erschienenen Buch „Why Smart Executives<br />
Fail“ in umfassender Weise das Führungsversagen untersucht<br />
hat, betrachtet er nun die andere Seite der Medaille:<br />
„Superbosses“ ist das Ergebnis eines zehnjährigen Forschungsprojektes.<br />
In nahezu jeder Branche<br />
haben viele Superbosse die<br />
gleichen Wurzeln.<br />
Am Anfang stand für Finkelstein die Erkenntnis, dass<br />
in nahezu jeder Branche viele Top-Führungskräfte die<br />
gleichen beruflichen Wurzeln haben. So verließen zwischen<br />
1994 und 2004 neun von elf Topmanagern aus<br />
dem Umfeld des Oracle-Gründers Larry Ellison das<br />
Unternehmen, um eine Vorstandsposition<br />
in einer anderen Firma<br />
zu übernehmen. Auf der Suche<br />
nach den Geheimnissen dieser<br />
menschlichen Inkubatoren führte<br />
Finkelstein 200 Interviews und<br />
identifizierte 18 dieser Superbosse. Dabei erstreckt sich<br />
das Spektrum vom Modeschöpfer Ralph Lauren über<br />
den Star-Wars-Regisseur George Lucas bis zum Intel-<br />
Mitgründer Robert Noyce und zur Kosmetikunternehmerin<br />
Mary Kay Ash.<br />
Finkelstein stellt fest, dass alle Ausgewählten fünf Eigenschaften<br />
gemeinsam haben: starke Zuversicht, Leistungsorientierung,<br />
visionäres Denken, Integrität und Authentizität.<br />
Ähnlichkeiten entdeckte der Tuck-Professor auch<br />
bei den Personalpraktiken, insbesondere bei der Mitarbeiterauswahl<br />
und -entwicklung. Superbosse suchen die<br />
Besten und setzen auf Intelligenz, Kreativität und Flexibilität.<br />
Es geht ihnen nicht um formale Abschlüsse, sie<br />
vertrauen ihrer Intuition – und umgehen dabei regelmäßig<br />
formale Personalprozesse. Ihre Erwartungen an Mitarbeiter<br />
sind hoch, auch sind sie sehr effektiv im Delegieren<br />
und sehen sich als Mitarbeiterentwickler im<br />
klassischen Sinne einer Meister-Auszubildender-Beziehung.<br />
Sie gewähren große Freiräume und fördern gute<br />
Mitarbeiter jenseits klassischer Kompetenzpfade. Gleichzeitig<br />
akzeptieren es Superbosse, wenn talentierte Mitarbeiter<br />
das Unternehmen verlassen, und pflegen dieses<br />
Alumni-Netzwerk.<br />
In seiner weiteren Forschung gelingt es Finkelstein,<br />
drei Cluster zu identifizieren, die jeweils unterschiedliche<br />
Verhaltensweisen und Führungsstile beschreiben.<br />
Da sind die „idealistischen Bilderstürmer“, von ihrer<br />
Vision getriebene kreative Genies, beispielsweise George<br />
Lucas, Ralph Lauren oder Robert Noyce. Daneben gibt<br />
es die „altruistischen Entwickler“, die sich in nahezu<br />
selbstloser Weise als Mentor und Coach sehen und ihre<br />
Mitarbeiter aktiv zu Höchstleistungen führen. Hier ist<br />
zum Beispiel Mary Kay Ash zu nennen. Die letzte Gruppe<br />
bilden die „eigennützigen Egoisten“ wie Larry<br />
Ellison von Oracle. Ihnen geht es um den eigenen Erfolg<br />
und sie wissen, dass sie hierfür die besten Mitarbeiter<br />
benötigen, und fördern diese entsprechend.<br />
Finkelstein vermittelt vielfältige Impulse und konkrete<br />
Handlungshilfen, wie jede Führungskraft ihre Rolle<br />
als Talentmanager neu definieren kann. Trotz seiner<br />
US-amerikanischen Ausrichtung ist das Buch lesenswert<br />
und verbindet solide Forschung mit praktischer<br />
Relevanz.<br />
p<br />
Sydney Finkelstein:<br />
Superbosses – How Exceptional<br />
Leaders Manage the Flow of<br />
Talent, Penguin Random<br />
House 2<strong>01</strong>7, 272 Seiten,<br />
10,49 Euro<br />
Ein Interview des Harvard<br />
Business Review mit Sydney<br />
Finkelstein zum Thema „What it<br />
takes to be a Superboss“ ist unter<br />
https://hbr.org/video/4767335<br />
5160<strong>01</strong>/what-it-takes-to-be-asuperboss<br />
verfügbar. Auf der<br />
Website http://www.superbosses.com<br />
finden sich ergänzende<br />
Materialien zum Buch sowie<br />
zu den Arbeiten von Sydney<br />
Finkelstein.<br />
AUTOR<br />
Prof. Dr. Karlheinz Schwuchow,<br />
CIMS Center for International<br />
Management Studies,<br />
Hochschule Bremen,<br />
karlheinz.schwuchow@<br />
hs-bremen.de<br />
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