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E_1931_Zeitung_Nr.095

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N« 95 - <strong>1931</strong> AUTOMOBTL-REVUB<br />

Betrieb xxxxdL XJxxtex*lx^It im Winter<br />

Seitdem das Automobil aus einem Sportgerät<br />

zu einem Verkehrsmittel geworden ist,<br />

kennt sein Betrieb keine besonders bevorzugten<br />

Jahreszeiten mehr. Im Winter wie im<br />

Sommer und in den Uebergangszeiten hat es<br />

ebenso startbereit zu sein. Die moderne<br />

Technik und Zubehörindustrie bieten ohne<br />

weiteres die Möglichkeit eines Winterbetriebes,<br />

der selbst verwöhnten Ansprüchen genügt.<br />

Seitdem die geschlossene Karosserie<br />

dominiert, ist das Automobil sogar zu einem<br />

der beliebtesten Winterverkehrsmittel geworden.<br />

Ganz ohne jede Anpassung an die veränderten<br />

atmosphärischen Verhältnisse der kalten<br />

Jahreszeit ist allerdings nicht auszukommen.<br />

Der Benzinmotor ist eine Wärmekraftmaschine,<br />

deren richtige Arbeitsweise an<br />

eine bestimmte Betriebstemperatur gebunden<br />

ist. Soll das Wärmegleichgewicht nicht eine<br />

'Das tägliche Ablassen des Kühlwassers bietet<br />

sicherste Gewähr gegen Frostschäden im Motor und<br />

macht die geringsten Kosten. Allerdings hat dieses<br />

Verfahren auch gewisse Nachteile.<br />

empfindliche Störung erfahren, die sich in<br />

erster Linie in einer Abnahme der Maschinenleistung<br />

bemerkbar macht, so muss die normale<br />

Betriebstemperatur des Motors auch<br />

im Winter sichergestellt werden. Besondere<br />

Massnahmen erfordert häufig das Anlassen.<br />

Dieses wird vor allem dort zum Problem, wo<br />

mangels einer heizbaren Unterstellmöglichkeit<br />

die erforderlichen Arbeitsbedingungen<br />

'für den Motor anfänglich nicht erfüllt sind<br />

"und erst während des Startens selbst künstlich<br />

geschaffen werden müssen. Schliesslich<br />

Inus auch noch rein fahrtechnisch auf die<br />

Veränderten Betriebsbedingungen des Winters<br />

Rücksicht genommen werden.<br />

In den folgenden Zeilen werden wir uns<br />

einlässlich mit allen diesen Aufgaben auseinandersetzen.<br />

Man sei sich dabei bewusst,<br />

dass das Ergebnis um so befriedigender sein<br />

wird, je konsequenter und lückenloser die<br />

Anpassungsmassnahmen zur Durchführung<br />

gelangen. Die lückenlose Durchführung eines<br />

geeigneten Ampassungsprogrammes lohnt<br />

sich nicht nur wegen der vermiedenen Unannehmlichkeiten,<br />

fast immer macht sie sich<br />

auch durch die gesteigerte Betriebswirtschaftlichkeit<br />

bezahlt.<br />

Schutz vor Frostschäden.<br />

Die elementarste Massnahme besteht darin,<br />

'dass man den Motor vor Frostschäden<br />

schützt. Sobald die Temperatur unter den<br />

Nullpunkt sinkt, stellt sich die Gefahr ein,<br />

dass das Wasser im Kühler, im Kühlmantel<br />

und den Rohren einfriert. In eisförmigem Zustand<br />

aber nimmt ein Liter Wasser nicht nur<br />

einen Raum von 1000 cem, sondern ungefähr<br />

1140 cetn ein. Diese Volumenänderung geht<br />

mit riesiger Gewalt vor sich, der die Gussteile<br />

des Motors und die zarten Kühlerlamellen<br />

nur einen ganz minimalen Widerstand<br />

bieten können. Friert das Wasser ein, so<br />

kommt es also fast sicher zu Sprengungen im<br />

Zylinderblock oder zu Rissen im Aufbau des<br />

Kühlers. Man kann noch von einem günstigen<br />

Geschick sprechen, wenn man nach dem<br />

Auftauen des Wassers solche Schäden sofort<br />

entdeckt. Die Reparaturkosten für das Löten<br />

des Kühlers oder das Schweissen oder<br />

Ersetzen des Zylinderblockes oder -kopfes<br />

.bewegen sich dann vielleicht noch innerhalb<br />

einiger hundert Franken. Entschieden schlimmere<br />

Folgen können kleine, nicht sofort erkennbare<br />

Risse im Motorinnern haben. Durch<br />

diese Risse treten vielleicht längere Zeit beträchtliche<br />

Mengen Wasser in die Zylinder<br />

•und ins Kurbelgehäuse über, geraten dabei<br />

ins Schmiersystem und werden nun anstatt<br />

Vorteilhafte Bezugsquellen für das in diesem Artikel angeführte Winter-Zubehör sind auf Seite 15 in der Rubrik «Handel und Industrie» znsammengostellt.<br />

des Oels von der Pumpe in Kreislauf versetzt.<br />

Wie die Lagerstellen und überhaupt<br />

der ganze Motor auf eine solche Schmierung<br />

mit WasseT reagieren, dürfte sich<br />

auch ein Niohtfachmann unschwer ausmalen<br />

können.<br />

Am einfachsten schützt man den Motor<br />

vor Frostschäden bei jeder Betriebspause<br />

durch<br />

Ablassen des Kühlwassers.<br />

Es genügt dabei aber nicht, dass man bloss<br />

den Kühlerinhalt entleert. Bleibt z. B. Wasser<br />

in der Kühlwasserpumpe zurück und bildet<br />

sich dann in der Pumpe Eis, so wird fast<br />

sicher beim nächsten Anlassen der Pumpenflügel<br />

von seiner Welle abgerissen. Man<br />

sorge also dafür, dass auch das in der Pumpe<br />

und an anderen tiefen Stellen des Motors zurückgebliebene<br />

Wasser abläuft. Fast immer<br />

sind solche kritische Stellen mit besonderen<br />

Entleerungshahnen versehen.<br />

Das Ablassen des Kühlwassers ist jedoch,<br />

ganz abgesehen von seiner Umständlichkeit,<br />

nicht unschädlich. Fängt man nämlich das<br />

abgelassene Wasser nicht jedesmal sorgfältig<br />

auf, um es bei der nächsten Ausfahrt<br />

wieder zu verwenden, füllt man den Kühler<br />

jedesmal mit frischem Brunnenwasser, so<br />

wird die Kesselstein- und Rostbildung im<br />

Kühlsystem ausserordentlich gesteigert. Die<br />

Kühlung des Motors wird dadurch schlechter<br />

und schlechter und bald verhält sich der<br />

Wagen bei jeder stärkeren Inanspruchnahme<br />

wie eine Dampfmaschine.<br />

Für einen Winterbetrieb, bei dem der Wagen<br />

annähernd täglich gebraucht wird und<br />

auch gelegentlich tagsüber einige Stunden<br />

sich selbst überlassen werden können soll,<br />

heule<br />

niedere<br />

ist die Verwendung von nichtgefrierenden<br />

Kühlflüssigkeiten oder der<br />

Zusatz von Frostschutzmitteln<br />

zum Wasser unumgänglich. Dutzende solcher<br />

Mittel stehen zur Verfügung. Besonders<br />

beliebt war bis vor einigen Jahren der Zusatz<br />

von Sprit. Ein solches Alkohol-Wassergemisch<br />

ist tatsächlich eine Zeitlang auch<br />

sehr geeignet, besonders wenn man in Betracht<br />

zieht, dass die Zubereitungskosten verhältnismässig<br />

niedrig sind. Es hat aber den<br />

Nachteil, dass der Alkohol sehr schnell aus<br />

der Mischung verdampft. Nach einigen Fahrtagen<br />

oder auch nur -stunden ist dann die<br />

Frostsicherheit der Mischung nur noch ganz<br />

ungewiss. Selbst dann, wenn man das Verhältnis<br />

der Mischung beständig mit einem<br />

Dichtemesser kontrolliert und konstant hält.<br />

bleibt der Nachteil bestehen, dass der schon<br />

bei 76 Grad Celsius verdampfende Alkohol<br />

immer wieder ersetzt werden muss.<br />

Von den Gefrierschutzzusätzen, die überall<br />

erhältlich sind, eignet sich das Glyzerin<br />

doch schon bedeutend besser. Es muss zwar<br />

von Anfang an in grösserer Dosis beigemischt<br />

werden, verdampft aber praktisch<br />

überhaupt nicht. Was aus dem Kühlerinhalt<br />

verdunstet ist, kann einfach durch Wasser<br />

ersetzt werden. Verwendbar ist jedoch nur<br />

etwa 98prozentiges, ziemlich reines und deshalb<br />

auch ziemlich teures Glyzerin. Billiges<br />

Industrieglyzerin darf dem Wasser nicht zugesetzt<br />

werden, da es Säuren enthält, die im<br />

Kühlsystem Anfressungen verursachen. In<br />

der untenstehenden Tabelle sind die Kältegrade,<br />

bei welchen Alkohol- und Glyzerinmischungen<br />

noch als frostsicher betrachtet<br />

w.erden können, angegeben.<br />

6Cylinder 13 Steuer-HP. 58Brems-HP.<br />

HUDS0<br />

SCylinder 20 Steuer-HP. 87 HP. an der Bremse<br />

BASE<br />

AiiTnMnßiiF Ä R<br />

Tel. 24.860 Tel. 26.964<br />

Wasser 90% 80% 70% 60% 50% 40%<br />

Zusatz 10% 20% 30% 40% 50% 60%<br />

Methyl-Alkohol —5° —12° —19° —29» —40° —55«<br />

Aethyl-Alkohol —3° —7° —12» —19° —28° —39«<br />

Isopropyl-Alk. —9> —8° —14° —22° —30° -42°<br />

Glyzerin —&> —0° —11° —17° —24°<br />

Glykol —8° —0° —16° —24° —35°<br />

Der ausser dem Aetyl-Alkohol (Sprit) angeführte<br />

Metyl-Alkohol oder Holzgeist hätte<br />

der Tabelle zufolge noch grössere Frostschutzwirkung.<br />

Praktisch kommt er jedoch<br />

kaum in Frage, da er schon bei 63 Grad ins<br />

Sieden gelangt, sich also noch rascher verflüchtigt<br />

als Sprit und zudem dabei gefährliche,<br />

gesundheitsschädliche Dämpfe entwik-*<br />

kelt. Schon viel besser und sogar geeigneter<br />

als Glyzerin ist dagegen das am Schluss der<br />

Tabelle angeführte Glykol, eine bewegliche,<br />

farblose, süssHch schmeckende Flüssigkeit<br />

mit einem Siedepunkt von 197 Grad Celsius.<br />

Leider ist Glykol noch teurer als Glyzerin.<br />

In Amerika stehen als Frostschutz-Zusatz-<br />

In England wenden zur WannhaHting des Moton.<br />

häufig Heizkörper für flüssigen Brennstoff, die<br />

nach dem Prinzip der Berg-werkslampein feuersicher<br />

gestaltet sind, unter die Motorhaube gehängt<br />

mittel vielfach Zacherarten in Gebrauch. Losungen<br />

von invertiertem Zucker halten grosse<br />

Kältegrade ans und haben den Vorteil, dass<br />

sie die Metalle des Kühlsystems in keiner<br />

Weise angreifen. In Gegenden mit billigem<br />

Honig werden auch 75prozentige Honig-<br />

Wasserlösungen als Kühlflüssigkeit angewandt.<br />

Als ein Mangel dieser Präparate, der<br />

sich bei Wagen mit etwas knappem Kühlsystem<br />

besonders ungünstig auswirkt, ist<br />

ihre Dickflüssigkeit zu betrachten.<br />

Wegen seiner zu hohen Viskosität kann<br />

auch eine Füllung des Kühlsystems mit Oel,<br />

das gelegentlich als Kühlflüssigkeit vorgeschlagen<br />

wird, kaum in Frage kommen.<br />

Wer sich der Muhe und Umständlichkeit,<br />

selbst eine Frostschutzmischung zusammenzubrauen,<br />

entheben und auch gleichzeitig<br />

alle Risiken vermeiden will, kann fertige<br />

Frostchutzpräparate beziehen. Diese Frostschutzpräparate,<br />

deren Bezugsquellen aus<br />

unserem Inseratenteil ersichtlich sind, zeigen<br />

meist Eigenschaften, die allen praktisch<br />

zu berücksichtigenden Anforderungen entsprechen.<br />

Friert trotz aller Vorsichtsmassnahmen<br />

der Motor doch einmal ein, so darf nur unter<br />

Anwendung grösster Vorsicht ans Auftauen<br />

herangegangen werden. Man bringt den<br />

Wagen in einen geheizten Raum und giesst<br />

heisses Wasser, über den' Zylinderblock, die<br />

Wasserpumpe und den Kühler hinab. Nach<br />

und nach wird auch ein Einfüllen von heissem<br />

Wasser in den Kühler möglich sein. Auf<br />

keinen Fall aber darf der Motor in Bewegung<br />

gesetzt werden, bevor nicht mit Sicherheit<br />

alles Eis geschmolzen ist. Vor der Anwendung<br />

einer offenen Flamme irgendwelcher<br />

Art sei ebenfalls dringend gewarnt.<br />

Das Anlassen des kalten Motors<br />

bildet gewöhnlich das nächstwichtigste Problem<br />

im Winterbetrieb. Ein Kunststück, wie<br />

in den Erstlingsjahren des Automobilismus,<br />

ist zwar das Anlassen eines leidlich in Ordnung<br />

befindlichen Motors auch bei sehr tiefen<br />

Aussentemperaturen nicht mehr. Es gibt<br />

aber doch noch einige Tricks, die man wissen<br />

muss und vorteilhafterweise anwendet,<br />

um mit einem Minimum an Zeitaufwand,<br />

Aerger und Mühe ans Ziel zu gelangen. Ganz<br />

unentbehrlich ist ein gewisses Minimum an<br />

Verständnis an der Wirkungsweise des Motors.<br />

Versagt der Motor beim Anlassen, y<br />

soll der Fahrer mindestens «das Gefühl '<br />

ben». warum er das tut.

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