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E_1933_Zeitung_Nr.050

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N° 50 - <strong>1933</strong> *UTÖMDBIL-REVUE<br />

P<br />

Sportnachrichten<br />

Überraschungen in Montlhery<br />

Campari auf Maserati gewinnt den Grossen Preis von Frankreich. — Forfait der gesamten<br />

Bugatti-Equipe. — Ausfälle der Favoriten Chiron und NuvolarL — Spannendes<br />

Duell zwischen Campari und Etancelin.<br />

Am Vorabend des Grand Prix.<br />

Grand Prix de l'A. C. F. — magisches Wort,<br />

das immer und immer wieder die Sportfreunde<br />

in den Bann schlägt. Der vergangene<br />

Sonntag brachte die 27. Wiederholung<br />

dieses klassischen internat. Rennens, das über<br />

eine unerhört interessante Vergangenheit verfügt,<br />

und schon viele Tage vorher wimmelte<br />

es auf der Bahn von Montlhery und der Rundstrecke<br />

auf dem Plateau von St-Eutrope von<br />

unzähligen neugierigen Zuschauern, Automobilfachleuten,<br />

Rennfahrern, Kommissären,<br />

Journalisten und Offiziellen. Seit Mittwoch<br />

rasten die Wagen zum Training über die<br />

Rundstrecke dahin, von unzähligen Stoppuhren<br />

getreu verfolgt. Am Mittwoch blieb<br />

der Betrieb noch ziemlich zahm, wenn auch<br />

an diesem Tage schon eifrig genug gearbeitet<br />

wurde. Lebhafter ging es am Donnerstag zu,<br />

an dem Chiron, Etancelin, Lehoux, Sommer,<br />

Eyston, Graf Czaikowsky, Lord Howe mehrere<br />

Stunden trainierten. Weitaus der fleissigste<br />

bei der Arbeit war Louis Chiron. Er<br />

kam bis auf ein Fünftel an den bestehenden<br />

Rundenrekord heran und hinterliess einen<br />

glänzenden Eindruck.<br />

Der Freitag brachte wahren Hochbetrieb<br />

In Montlh6ry. Den ganzen Nachmittag<br />

über dröhnte es von den trainierenden Wagen,<br />

die mit rasender Geschwindigkeit über die<br />

Bahn dahinbrausten. Wieder war es Chiron,<br />

der den Zuschauern am besten gefiel Er<br />

war in ganz grosser Form und es war wohl<br />

niemand, der diesem sympathischen Franzosen<br />

nach so langer Zeit des ewigen Pechs<br />

nicht einen Sieg gegönnt hätte. Chiron gelang<br />

es, den alten Rundenrekord am Freitag<br />

mit dem Stundenmittel von 136,7 km/Si um<br />

zwei Sekunden zu schlagen. Etancelin, der<br />

sich auch in Nimes am vorletzten Sonntag<br />

wieder über sein hervorragendes Können ausgewiesen<br />

hat, brachte es ebenfalls fertig, den<br />

Rundenrekord zu brechen. Er erreichte sogar<br />

einen Durchschnitt von 137,1 km/St<br />

Am Freitagabend wurde sodann eine Kunde<br />

laut, die wie eine Bombe wirken musste: die<br />

gesamte Bugatti-Equipe verzichtete auf den<br />

Start! Dies ausgerechnet beim Grossen Preis<br />

von Frankreich, bei dem der Hinterste und<br />

Letzte auf einen neuen Sieg der Molsheimer<br />

Firma gehofft hatte. Wie wir schon in unserer<br />

letzten Nummer angetönt haben, baute der<br />

grosse Konstrukteur ein neues 2800-ccm-<br />

Modell, das noch für den französischen Grand<br />

Prix fertig werden sollte. Trotzdem mit<br />

fieberhafter Eile an der Fertigstellung der<br />

Maschine gearbeitet wurde, zeigten sich im<br />

letzten Augenblick —• es handelte sich um<br />

Stunden! — noch kleine Details, die nicht<br />

ganz klappten und zur Absage zwangen. Der<br />

Wagen war für Varzi bestimmt und sollte<br />

in Montlheiy seine Feuerprobe ablegen. Eine<br />

andere Maschine war für den" Italiener nicht<br />

auf das Rennen hin überholt worden, so dass<br />

Bugatti mit dem Ausdruck des Bedauerns<br />

die ganze Equipe zurückzog. Durch diesen<br />

Ausfall musste sich der Ausgang des Rennens<br />

völlig ändern.<br />

Am Samstag waren wieder die meisten<br />

Konkurrenten, auch die Schweizer Villars<br />

und von Waldthausen, an der Arbeit. Der<br />

Schnellste an diesem Tage war Nuvolari, der<br />

erst Samstags sein Training aufgenommen<br />

hatte. Er erreichte das glänzende Rundenmittel<br />

von 141,2 km/St.! Bis zum Samstag<br />

war auch die Teilnahme der Scuderia Ferrari<br />

ungewiss geblieben, lange Zeit fürchtete man<br />

ein zweites Forfait; erst nach einem längeren<br />

Training Nuvolaris wurde dann die feste Zusage<br />

gegeben.<br />

Der Sonntag.<br />

Trotz des Ausfalles der Bugatti-Equipe gestaltete<br />

sich der Sonntag des Grossen Preises<br />

von Frankreich zu einem unvergleichlichen<br />

Ereignis. Vom frühesten Morgen an bewegte<br />

sich auf allen Zufahrtsstrassen nach Montlhery<br />

ein unaufhörlicher Zug von Vehikeln; Bahnen<br />

und Omnibusse schleppten gewaltige Menschenmassen<br />

herbei; die Automobile krochen<br />

mühsam in dem fürchterlichen Durcheinander<br />

von Menschen und Fahrzeugen vorwärts.<br />

Schon Stunden vor Beginn des Rennens umsäumten<br />

Zehntausende von Zuschauern die<br />

Rennstrecke, und als es gegen Mittag ging,<br />

belagerten über hunderttausend Zuschauer<br />

den Circuit. Die unbeschreibliche Spannung,<br />

die die Massen vor jedem grossen Rennen in<br />

den Bann schlägt, war auch hier zu spüren.<br />

Die weitaus meisten Chancen schrieben die<br />

Franzosen ihrem Landsmann Chiron zu. Immerhin<br />

sprach man mit nicht geringer Achtung<br />

auch von Nuvolari. Das Forfait der<br />

Bugatti-Equipe wurde mit Enttäuschung und<br />

Bedauern kommentiert.<br />

Um 1 Uhr stellten sich die 19 konkurrierenden<br />

Fahrer unter höchster Spannung des Publikums<br />

dem Starter bereit. Noch in letzter<br />

Minute wurde eine Umänderung vorgenommen,<br />

indem Borzacchini seinen Wagen Taruffi<br />

überliess. .. Mit donnerndem Getöse<br />

Schossen die 19 Wagen nach dem Start zum<br />

Kampf über die 500 km davon, von wildem<br />

Beifallsgeschrei der riesigen Menge umrauscht.<br />

Einige wenige Minuten vergingen,<br />

und schon dröhnte wieder der Lärm der Maschinen<br />

aus der Ferne. An der Spitze brauste<br />

der rote Alfa Romeo Nuvolaris vorbei, gefolgt<br />

vom Maserati Gamparis, Taruffi auf Ailfa<br />

Romeo und Zehender auf Maserati. Schon in<br />

der ersten Runde gab Gaupillat auf Bugatti<br />

das Rennen auf. Lehoux fiel gleich zu Anfang<br />

wegen eines Defektes an seiner Maschine<br />

etwas zurück, auch er musste das Rennen allzu<br />

früh beenden. In den nächsten Runden<br />

wurde der Kampf aller Fahrer gegen Nuvolari<br />

immer erbitterter. Die Distanz zwischen<br />

Nuvolari und seinem nächsten Verfolger Campari<br />

beschränkte sich auf wenige hundert Meter.<br />

Chiron arbeitete sich sehr gut nach<br />

vorne und schien alle Aussichten auf einen<br />

schönen Erfolg zu haben. Campari, um den<br />

es im internationalen Sport so lange stille geblieben<br />

war, bewies seine alte Glanzform von<br />

neuem und stellte in der vierten Runde einen<br />

neuen Rundenrekord auf.<br />

Nach vier Runden lag Nuvolari mit 22 Min.<br />

6 Sek. noch immer an der Spitze, von Campari<br />

mit einem Abstand von nur 6 Sek. gefolgt<br />

Die nächstfolgenden zwei Runden<br />

brachten die grössten Ueberraschungen des<br />

Grossen Preises von Frankreich. Plötzlich,<br />

nach der sechsten Runde, sah man Nuvolari<br />

bei seiner Boxe anlegen. Ob er einen Pneu<br />

wechseln wollte? Doch merkwürdig, der Italiener<br />

bestieg seinen Wagen nicht mehr, und<br />

bald darauf erfuhr das Publikum zu seiner<br />

masslosen Enttäuschung, dass Nuvolari sein<br />

Rennen aufgeben musste. Ein Bruch der Hinterachsbrücke<br />

hatte ihn leider aus dem Felde<br />

geworfen.<br />

Das Rennen musste durch Nuvolaris Auf-<br />

Wir widmen uns ausschllessllch diesem<br />

erstklassigen, englischen Qualitäts-Wagen,<br />

dessen verblüffende Leistungsfähigkeit und<br />

entzückende Ausführung ein hohes Ansehen<br />

errungen haben.<br />

Seine Wirtschaftlichkeit entspricht der<br />

heutigen Spar-Tendenz.<br />

Ihn zu fahren ist ein Erlebnis,<br />

ihn zu besitzen eine Erfüllung.<br />

Nach dem Montreux-Caux-Rennen.<br />

Ob e n: Rene" Mettraux holte sich auf Ford die<br />

beste Touxenwagenzeit,<br />

Rechts oben: Hans Stuber hat auf Bugatti mit<br />

gewohntem, meisterhaftem Stil den absoluten Strekkenrekord<br />

aufgestellt<br />

Rechts; Alois Muff (Bugatti) erzielte am Sonntag<br />

die zweitbeste Tageszeit<br />

(Weitere Aufnahmen folgen in der nächsten<br />

Nummer.)<br />

gäbe nun völlig andere Form annehmen. Doch<br />

es war noch' nicht genug an Ausfällen; sie<br />

häuften sich in den nächsten Runden-in geradezu<br />

beängstigender Weise. Schon tippte<br />

man mit Frohlocken auf die nun grösser gewordenen<br />

Chancen von Chiron, als die Lautsprecher<br />

längs der Strecke auch den Ausfall<br />

von Chiron verkündeten. Das gleiche Unglück<br />

wie Nuvolari hatte auch ihn erreicht: Bruch<br />

der Hinterachsbrücke. Baron von Waldhausen<br />

musste kurz danach ebenfalls aufgeben, ihm<br />

folgte Bussienne nach, und kurz nachher<br />

musste auch Graf Gzaikowsky umstecken!<br />

Nach hundert Kilometern lag Campari mit<br />

dem glänzenden Stundendurchschnitt von<br />

136,4 km an der Spitze, gefolgt von Taruffi<br />

und Etancelin. Das Rennen verlor nun<br />

rasch an Spannung und wurde ziemlich monoton.<br />

Campari hielt auch weiterhin die Spitze<br />

vor Taruffi und Etancelin. Erst nach zwei-<br />

RENNERFOLGE <strong>1933</strong>:<br />

Mille Miglia<br />

U und 2. der Kateg. bis 1100 ccm, neuer<br />

Rekord, Mannschaftspreis. (Durchschnitt<br />

Brescia-Siena 141 St-Km.)<br />

Brooklands International<br />

Trophy<br />

2., 3. u. 4., Sieger der Kateg. bis 1100 ccm.<br />

Avus-Rennen<br />

1. der Kategorie 800 ccm, 5. im Gesamt«<br />

klassement.<br />

Effel-Rennen (NQrburg-Ring)<br />

1. der Kategorie 800 ccm.<br />

General-Vertretung des MG :<br />

SPORTCAR A.-G., ZÜRICH<br />

Löwenstrasse 11 Telephon 39.282<br />

SERVICE-GARAGE: Badenerstr. 80, Zürich-Altstetten, Tel.55.380<br />

hundert Kilometern kam wiedeT neues Leben<br />

in das Feld der übriggebliebenen Fahrer.<br />

Campari musste bei der Boxe anhalten und<br />

die Spitze an den gefürchteten Etancelin abgeben.<br />

Doch dieser wurde bald von dem<br />

Italiener Taruffi überholt, der mit einem Vorsprung<br />

von einer Sekunde die Führung übernahm.<br />

Campari schlug sich ausserordentlich<br />

gut und war bald nach seinem Halt wieder<br />

an zweiter Stelle. Taruffi und Etancelin<br />

mussten nun beide ebenfalls kurz anhalten, so<br />

dass Campari den ersten Platz wieder einnehmen<br />

konnte. Nuvolari bestieg den Wagen<br />

seines Stallgenossen und griff erneut in den<br />

Kampf ein. Felix auf Alfa Romeo und "Lord<br />

Howe mussten nach der ersten Hälfte des<br />

Rennens auch aufgeben, der letztere wegen<br />

einer leichten Verletzung der Augen durch<br />

splitternde Steine. Das Massaker der Wagen<br />

war immer noch nicht beendet: Bald nachher<br />

schieden auch noch Zanelli auf Alfa Romeo<br />

und Zehender auf Maserati aus.<br />

Nach 250 km führte Campari mit dem<br />

Stundendurchschnitt von 135,9 km/St. Nuvolari<br />

vertrug sich mit dem Wagen von Taruffi<br />

nicht sehr gut, und konnte nicht mehr an<br />

der Spitze mitkämpfen. Nach 300 km hielt<br />

der Italiener wieder eirs lange Zeit bei der<br />

Boxe, und gab nun auch mit dem Ersatzwagen<br />

definitiv auf. Von 19 gestarteten<br />

Konkurrenten blieben somit nach drei Fünfteln<br />

des Rennens noch sieben übrig. Dieser<br />

letzte Teil des Rennens brachte dem Publikum<br />

noch einen grossartigen Kampf zwischen<br />

Campari und Etancelin. Der Italiener<br />

musste ein Rad wechseln, und damit Etancelin<br />

die Führung überlassen. Doch kurz<br />

nachher setzte er seine Fahrt wieder fort und<br />

griff den Franzosen mit schärfstem Elan an.<br />

Etancelin führte eine Zeitlang mit grossem<br />

Vorsprung, die Massen schrien und jubelten,<br />

ein Sieg des Franzosen stand zu erwarten.<br />

Doch Campari arbeitete sich mit furchtbarer<br />

Gewalt nach vorn und verringerte mit<br />

jeder Runde den Abstand. 100 km vor dem<br />

Ziel hatte Etancelin noch 25 Sek. Vorsprun®<br />

vor Campari, in der 39. Runde, in der ein schwacher<br />

Regen einsetzte, lag Campari noch mit<br />

wenigen Sek. Verspätung hinter Etancelin.<br />

Ueber die letzten 25 km des Rennens musste<br />

sich dieser nervenaufreibende Zweikampf<br />

entscheiden. In den End-Runden steigerte<br />

Campari seine Schnelligkeit immer mehr<br />

und ausgerechnet in der letzten Runde raste<br />

der Italiener an dem durch Pneudefekt benachteiligten<br />

Etancelin vorbei. So entschied<br />

sich im letzten Augenblick das Rennen für<br />

den Italiener, der damit Maserati einen grossen<br />

Sieg errungen hat. Der Schweizer Villars<br />

hatte während des ganzen Kampfes<br />

zähe durchgehalten und konnte als Sechster<br />

durchs Ziel gehen — bei einem solchen Rennen<br />

eine Ehre!<br />

Gegen Campari wurde bei den Sportkommissären<br />

noch eine Reklamation eingebracht,<br />

weil er bei einem Zwischenhalt seine Maschine<br />

von zwei Mechanikern an die Boxe<br />

stossen Hess. Die Kommissäre beschlossen,<br />

Campari den ersten Platz zu belassen und<br />

ihn lediglich mit einer grösseren Geldbusse<br />

zu bestrafen, bo.<br />

Die Resultate:<br />

1. Campari auf Maserati. 3:48:45,4 (Stundenmittel<br />

131,413 km/St).<br />

2. Etancelin auf Alfa Romeo, 3:49:37,4 (Stunden«<br />

mittel 130,648 km/St).<br />

3. Eyston auf Alfa Romeo, 1 Runde.<br />

4. Sommer auf Alfa Romeo, 1 Runde.<br />

5. Moli auf Alfa Romeo, 2 Runden.<br />

6. Villars auf Alfa Romeo, 6 Runden.

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