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E_1935_Zeitung_Nr.051

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Niemand verlange mehr vom andern, als die<br />

Wahrung der Verkehrssicherheit unter Berücksichtigung<br />

aller besonderen Verhältnisse<br />

der Zeit und des Ortes erheischt; niemand<br />

sei des anderen Büttel, auch die Polizei<br />

nicht. Es gibt zahllose Fälle, in denen man<br />

zu Hilfen greifen muss, die den Bestimmungen<br />

nicht entsprechen, die aber gar keine<br />

andere Wahl bieten.<br />

Das erweise folgendes Beispiel: Es ist<br />

Nebel und Nacht. Da kann es sein, dass ich<br />

noch am besten mit Stadtlichtern fahre, weil<br />

ich dann nicht vom eigenen Licht geblendet<br />

werde und wenigstens noch die Baumreihe<br />

erkennen kann. Dem übrigen Verkehr kann<br />

ich gerecht werden, indem ich wie ein<br />

Schiff mit seinem Nebelhorn in regelmässigen<br />

Abständen Signal gebe. Merke ich,<br />

dass sich ein anderes Fahrzeug nähert, halte<br />

ich mich nach Möglichkeit an der rechten<br />

Strassenseite und bleibe stehen.<br />

Ein anderes: Ein Automobil kommt mir<br />

entgegen; da zwischen ihm und mir eine<br />

Bodensenkung liegt, ist also die Luftlinie<br />

kürzer als der Weg unter den Rädern ist,<br />

täusche ich mich in der Entfernung und<br />

blende früher ab, als notwendig wäre. Sollte<br />

zwischendurch der Ankommende noch einmal<br />

aufblenden, dann brauche ich mich<br />

nicht gleich zu erbosen; denn der andere<br />

ist womöglich rücksichtsvoller als ich, weil<br />

er sich überzeugen will, was unmittelbar<br />

vor ihm sein könnte: ein Radfahrer, ein<br />

Handwagen, die er trotz des Katzenauges<br />

auf weitere Entfernung nicht sehen konnte.<br />

Das starre Rechtsanhalten ist womöglich die<br />

Gefahr für den Fussgänger, die ich vermeiden<br />

soll und möchte.<br />

In vielen anderen Fällen wird der Gesamteindruck,<br />

den ich nach der Beschaffenheit<br />

meines Fahrzeuges und durch mein<br />

Verhalten erwecke, der beste Ausweis dafür<br />

sein, ob ich mich ungewollt oder leichtfertig<br />

im Widerspruch zu den Bestimmungen<br />

befinde. Wenn ich mich darauf berufen<br />

kann, dass ich mich nicht aus Uebermut oder<br />

fahrlässig eines Verstosses schuldig gemacht<br />

habe, steht mir zumindest ein moralisches<br />

Recht zur Seite, um eine Ausnahme von der<br />

Regel zu bitten.<br />

Ausschlaggebend ist stets, dass ich das<br />

Aeusserste tue und mich nicht auf das eben<br />

noch Ausreichende verlasse. Denn gar zu<br />

oft liegt der schädigende Erfolg gar nicht<br />

beim Sünder, sondern beim "Unschuldigen.<br />

In allen Gegenden des Landes wird an<br />

den Landstrassen gearbeitet. Mitunter kann<br />

der Verkehr nicht völlig unterbunden und<br />

umgeleitet werden; sondern er wird in gewissen<br />

Zeitabständen durchgeschleust. Lässt<br />

sich denn nun das Arbeitsgerät, meinetwegen<br />

der eiserne Karren, nicht noch um einen<br />

halben Meter weiter forträumen, damit das<br />

Motorfahrzeug ungehindert vorbeikommen<br />

kann? Warum wird er haargenau so stehen<br />

gelassen, dass nur bei hundertwertiger Geschicklichkeit<br />

gerade noch ein Wagen vorüberkommt,<br />

aber die Beule im Kotflügel<br />

trotzdem der unvermeidliche geringste<br />

Schaden ist? Oder muss sich der Radfahrer<br />

oder der Fussgänger an einer Sperre genau<br />

dahin stellen, wo es befohlen ist, weil die<br />

Grenze nun einmal irgendwo gezogen werden<br />

muss, kann er nicht von sich aus die<br />

paar Meter zugeben, um es dem Automobil<br />

leichter zu machen und sich selbst vor Schaden<br />

zu behüten?<br />

Weiterhin nimmt eine so wichtige Rolle<br />

im Verkehr<br />

das falsche Müssen<br />

ein. Das gibt es gar nicht, soweit es sich um<br />

Dinge handelt, die ausserhalb der eigenen<br />

Einwirkung liegen. Weiss man denn in allen<br />

Fällen voraus, ob nicht doch im Zuge<br />

des vorgesehenen Weges eine Sperrung besteht,<br />

so dass ein Umweg gewählt werden ;<br />

Aber das kleine Fräulein Erler raffte sich<br />

jetzt mutig auf: «Ich habe durch das Sprachrohr<br />

unten angerufen, weil ich mir gar nicht<br />

hier zu helfen wusste — und da ist der Portier<br />

auch gleich gekommen und hat den<br />

Herrn Doktor geholt — weil er doch auch<br />

im Hause wohnt —»<br />

Jetzt war auch der Sanitätsrat einverstanden<br />

— «Fränkel — Sanitätsrat Fränkel —».<br />

Aber dieser Gewaltige da an dem Tisch<br />

nahm kaum Notiz davon. Er hatte sich dem<br />

Mädchen zugewendet und sagte: «Schön —<br />

also vorher waren Sie da, Fräulein Erler und<br />

Herr Rabe —?»<br />

«Rave —», verbesserte Utenhoven.<br />

«Und wer von Ihnen beiden war zuerst<br />

hier?»<br />

Da hob das Fräulein Lissy Erler erregt<br />

hinweisend ihre Hand: «— dort — dort der<br />

Herr. Er hat mir ja doch aufgemacht, wie<br />

ich aus dem Geschäft gekommen bin — weil<br />

ich Herrn Utenhoven die Mappe holen sollte,<br />

die er zu Hause auf dem Schreibtisch hatte<br />

liegenlassen —»<br />

Herr Schwieger hob den Kopf von seinem<br />

Protokoll und sah um sich: ja, da.rechts von<br />

ihm, neben der grossen Vase mit dem weissen<br />

Flieder lag eine Aktenmappe.<br />

muss; weiss ich, ob ein Reifen platzt, ob<br />

eine Verkehrskontrolle mich aufhält?<br />

Da wird aber gesagt, man müsse zum<br />

Zuge, man müsse eine Verabredung einhalten.<br />

Wenn man etwas «muss», dann bedenke<br />

man auch vorher alle Möglichkeiten, die entgegenstehen<br />

könnten. Das Müssen kann<br />

sich immer nur auf das Ziel beziehen, nie<br />

auf den Weg dahin. Dass ich etwas erreichen<br />

muss und dafür alles einsetze, ist gewiss<br />

männliche Art; es gehört aber dazu vor<br />

allem die Besonnenheit, die ruhige Ueberlegung.<br />

Der bringt es bestimmt zu nichts, der<br />

die Schuld in den Umständen sucht. Der geringste<br />

Mangel an Bedacht gefährdet schon<br />

das Ziel und schafft unabsehbare Folgen, die<br />

es in immer weitere Ferne rücken.<br />

Die Dringlichkeit, mit der jedermann den<br />

Fahrer davon zu überzeugen sucht, dass es<br />

allerhöchste Zeit sei, macht den Fahrer unsicher.<br />

Er ist ein Angestellter und abhängig;<br />

er will es mit seinem Brotgeber nicht<br />

verderben; das Angebot an guten Fahrern<br />

ist ja so gross, und er lässt ein paar Vorsichten,<br />

ganz unscheinbare, ausser acht —<br />

und schon ist das Unheil geschehen.<br />

Warum auch muss jedermann launenhaft<br />

sein; warum ist er nicht freundlich, höflich,<br />

hilfsbereit, bescheiden? Warum ist er neidisch,<br />

dass er zu Fuss laufen muss, wenn<br />

ein anderer fährst; warum ärgert er sich,<br />

dass ein anderer mehr Pferdestärken in seinem<br />

Wagen hat? Warum überträgt er soziale<br />

Voreingenommenheit, das Selbstgefühl<br />

seiner eigenen Stellung, auf den Verkehr,<br />

der doch für alle da ist? Warum ist er schadenfroh,<br />

wenn ein anderer mal angehalten<br />

wird oder sich in der Strasse verfahren hat?<br />

Kann er denn nicht jederzeit in die gleiche<br />

Lage kommen?<br />

Der Verkehr ist ein Teil des Lebens.<br />

Daher ist sein Ausgangspunkt nicht die<br />

Strasse, nicht das Fortbewegungsmittel, sondern<br />

der Mensch. Wie er sich in allem übrigen<br />

verhält, wird er sich auch im Verkehr<br />

verhalten. Es gibt weder den rücksichtslosen<br />

Motorfahrer noch den leichtsinnigen<br />

Fussgänger. Stets ist es der Mensch.<br />

Daher hat auch Verkehrserziehung beider<br />

Erziehung des Menschen zu beginnen. Daher<br />

ist es grundfalsch, den Verkehr nur unter<br />

dem Gesichtswinkel seines technischen Entwicklungsstandes<br />

: - und der sich daraus-ergebenden<br />

Möglichkeiten zu betrachten, .anstatt<br />

den Sinn, wie überall im Leben, nach den<br />

sich aus den Möglichkeiten als das Höhere<br />

ergebenden Pflichten gegenüber dem Volksganzen<br />

zu bestimmen.<br />

So merke sich jedermann rechtzeitig: Das<br />

Zuwenig ist stets der grössere Aufwand an<br />

Wagnis und Einsatz! Das Zuviel an Rücksicht<br />

ist immer richtig und gut!<br />

Schweizerische Rundschau<br />

«So — dort der Herr?» sagte dann Herr<br />

Köpke, und seine Stimme hatte plötzlich einen<br />

witternden Klang. Zugleich rückte er<br />

seinen Stuhl und drehte sich Fred Rave zu,<br />

der, scharf umrissen von dem hell flutenden<br />

Licht, als eine dunkle Silhouette jetzt mit<br />

dem Rücken gegen das Fenster stand. Und<br />

wiederholte dann: « und der hat Ihnen aufgemacht?»<br />

Herr Köpke wartete. Die kurzen Finger<br />

trommelten auf der Bucharadecke. Dann lag<br />

sein Blick wieder auf dem Mädchen: «—und<br />

als Sie kamen — als Herr Rave Ihnen öffnete<br />

—» Er unterbrach den Satz, ein anderer<br />

Einfall kam ihm, und er sah zu Utenhoven<br />

auf: «Halten Sie denn kein Mädchen? Ist<br />

doch wohl kaum möglich?»<br />

«Natürlich ist ein Mädchen da.»<br />

«Und warum hat die nicht geöffnet, als<br />

das Fräulein kam?»<br />

Jöos Utenhoven schwieg, und das kleine<br />

Fräulein, das nun wieder schluchzen musste,<br />

sagte: «— nein — es war niemand da — ich<br />

bin doch hinausgelaufen in die Küche, in<br />

meiner Angst — nein — die war sicher nicht<br />

zu Hause.»<br />

Herr Köpke wurde milde: .«So regen Sie<br />

sich doch nicht auf —t<br />

AUTOMOBIL-REVUE <strong>1935</strong> - N°51<br />

Das «blaue» Benzin —ein neuer<br />

staatlicher Beutezug.<br />

Wir haben in der letzten Ausgabe bereits<br />

von der überraschenden Initiative des Volkswirtschaftsdepartementes<br />

berichtet, das die<br />

am schweizerischen Benzinmarkt sowie die<br />

am Fremdenverkehr interessierten Verbände<br />

und Organisationen zu einer eiligen Sitzung<br />

(es wurde teilweise sogar telegraphisch aufgeboten!)<br />

nach Bern einberief, um die Frage<br />

der verbilligten Abgabe von Benzin an die<br />

ausländischen Gäste zu prüfen. Schon vorgängig<br />

dieser Sitzung empfahlen wir den<br />

Vertretern der Strassenverkehrsinteressenten<br />

als den hauptsächlichsten Benzinkonsumenten,<br />

grösste Zurückhaltung, gegenüber dem<br />

behördlichen Vorschlage, weil dieses Entgegenkommen<br />

für die Fremden nur die eine<br />

Seite des Problems darzustellen scheint. Der<br />

Verdacht lag nahe, dass die Rechnung, d. h.<br />

die voraussichtliche Finanzierung dieses<br />

Propagandamittels den schweizerischen Motorfahrzeugbesitzern<br />

Überbunden werden<br />

sollte.<br />

Soweit etwas über die hinter geschlossenen<br />

Türen geführten Debatten in Erfahrung gebracht<br />

werden konnte, hat sich unsere Vermutung,<br />

dass das billige Fremdenbenzin nur<br />

ein Manöver sei, um den gutmütigen Eidgenossen<br />

eine neue und recht kräftige Belastung<br />

des Benzins schmackhaft zu machen, in grossem<br />

Umfange bestätigt.<br />

Dem «genialen» Plane, der aber nur eine<br />

wenig gelungene Kopie des italienischen<br />

Beispieles darstellt, über das an dieser Stelle<br />

kürzlich ausführlicher berichtet wurde, liegt<br />

nämlich folgende rechnerische Ueberlegung<br />

zu Grunde: Das Fremdenbenzin, das 2um<br />

Unterschied gegen das teure Benzin der eigenen<br />

Landsleute blau gefärbt würde, sollte<br />

mit einem Rabatt von 10 bis 15 Rappen pro<br />

Liter an die ausländischen Gäste abgegeben<br />

werden. Die Vergünstigung sollte versuchsweise<br />

dieses Jahr auf die drei Monate Juli,<br />

August und September beschränkt bleiben.<br />

Auf Grund der letztjährigen Fremdenfrequenz<br />

ergäbe sich in dieser Zeit ein Einnahmenausfall<br />

von rund einer Million Franken,<br />

denn die Fremden würden bei einem Preisansatz<br />

von rund 20 Rappen pro Liter Benzin<br />

praktisch keinen Zoll bezahlen. Der<br />

Staat allein käme also zu kurz. Wenn er ein<br />

solches Opfer für die Verkehrswerbung und<br />

mit Rücksicht auf die ihm zufliessenden Benzinmillionen<br />

auf sich zu nehmen bereit ist,<br />

dann wird weiter niemand etwas dagegen<br />

einzuwenden haben. Nun zeigt sich aber bereits<br />

der plumpe Pferdefuss, der dem ganzen<br />

Projekt anhaftet. Die Herren Schlaumeier<br />

der Handelsabteilung traten nämlich an das<br />

Autogewerbe mit dem Ansinnen heran, die<br />

Zisternenbezüger möchten pro Liter auf rund<br />

3,5 Rappen Preismarge verzichten, was eine<br />

Preiseinbusse von rund 800,000 Franken ergäbe.<br />

Für die verbleibende Differenz von<br />

200,000 Franken wird man sich wohl nach<br />

einem anderen Opfer umsehen wollen.<br />

Wir können uns hier nicht mit der an das<br />

Autogewerbe ergangenen Zumutung näher<br />

auseinandersetzen, denn dessen Verband<br />

wird dem Volkswirtschaftsdepartement von<br />

sich aus gewiss die richtige Antwort erteilen<br />

und dieses mit den ausserordentlichen<br />

gespannten Preisverhältnissen und äusserst<br />

kalkulierten Margen auf dem inländischen<br />

Benzinmarkt vertraut machen, Sofern dies<br />

im Bundeshaus noch nicht bekannt sein sollte.<br />

Wogegen wir uns aber mit aller Energie zur<br />

Wehr setzen, ist die neuerdings an den Tag<br />

tretende Mentalität, die Motorfahrzeugbesitzer<br />

(denn, wenn das Autogewerbe direkt für<br />

die Verbilligung des blauen Benzins herangezogen<br />

wird, so muss der Automobilist indirekt<br />

die Zeche mitbezahlen helfen) zu<br />

finanziellen Leistungen heranzuziehen, die<br />

wohl der Hotellerie und dem Gewerbe, keineswegs<br />

aber den Motorfahrzeughaltern als<br />

solchen zugute kämen.<br />

Von" der Heranziehung des Autogewerbes<br />

zur alleinigen Begleichung der Rechnung<br />

bis zur•'pauschalen Mehrbelastung des Benzins<br />

für den Inlandkonsumenten in Form erhöhter<br />

Benzinzölle ist dann kein weiter Weg<br />

mehr.<br />

Wenn weiter oben der Vorschlag des<br />

blauen Fremdenbenzins als eine schlechte<br />

Kopie des italienischen Beispiels bezeichnet<br />

wurde, so nicht nur in bezug auf die Frage<br />

der Finanzierung. Wird nämlich die Bedürfnisfrage<br />

erörtert, so kommt man glattweg<br />

zu deren Verneinung, weil bei uns ganz andere<br />

Voraussetzungen bestehen, als dies auf<br />

Sie nickte nur und trocknete an ihren Augen,<br />

rückte ihre blaue Kette.<br />

Da wandte sich Herr Köpke dem Manne<br />

zu, der bisher noch mit keinem Worte an<br />

dem Verhör beteiligt war.<br />

«Herr Rave, sagen Sie uns also, was nach<br />

Ihrer Meinung vorgegangen ist. Wir wissen<br />

jetzt: Sie sind allein gewesen mit der Frau<br />

— der Toten: was hat sich da ereignet? —<br />

Fred Rave war vom Fenster weg zwei<br />

Schritte in das Zimmer vorgetreten. Bleich<br />

und mit flackernden Zügen stand der gepflegte,<br />

überschlanke Mann jetzt vor dem<br />

Kommissar, hielt seine Hände klammernd<br />

um die Lehne eines Stuhles. Er öffnete den<br />

Mund, schien etwas sagen zu wollen — und<br />

schloss ihn wieder — schüttelte sich nur.<br />

«Also, was wissen Sie ?»<br />

Da stiess er vor: «Nichts weiss ich —».<br />

Der Kommissar zog seine Brauen hoch :<br />

«Nichts wissen Sie —?» Musternd, taxierend<br />

sah er an ihm nieder : Er mochte sechs,<br />

acht Jahre jünger sein als Utenhoven, sah<br />

aber mit den blauen Schatten um die Augen<br />

und mit den von einem kleinen Schnurrbärtcheri<br />

kaum Verdeckten Zerrfalten um den<br />

Mund ganz reichlich abgetrieben aus; Auf<br />

Grund der tatsächlichen Verhältnisse in Italien<br />

oder einem weiteren Ausland der Fall<br />

ist. In diesen Ländern spielt die direkte fiskalische<br />

Belastung des Motorfahrzeuges in<br />

Form von Automobil- und Motorradsteuern,<br />

von Gebühren auf Fahrbewilligungen usw.<br />

nur mehr eine sehr geringe Rolle, indem<br />

diese Steuern sehr stark ermässigt oder<br />

gar gänzlich aufgehoben wurden. Dagegen<br />

sichert sich der Staat eine bedeutende Finanzquelle<br />

durch die stärkere Belastung des<br />

Benzins. Da aber der ausländische Gast nun<br />

nicht in gleichem Masse wie der im Inland<br />

ansässige zur Beitragsleistung an den Fiskus<br />

herangezogen werden kann, gleichzeitig<br />

aber nicht durch einen übersetzten Benzinpreis<br />

von seinen Reiseplänen abgehalten<br />

werden soll, so will man nun neuerdings dem<br />

Fremdenverkehr durch den für Ausländer<br />

verbilligten Brennstoff einen Auftrieb geben.<br />

Dabei geht man recht beachtenswerte<br />

Wege, indem einmal der zu gewährende Rabatt<br />

nach der Dauer des Aufenthaltes (bis<br />

zu vier Wochen oder mehr) abgestuft wird.<br />

Im weiteren erhält der Ausländer die Preisermässigung<br />

von Fall zu Fall, d. h. bei jeder<br />

Benzinaufnahme. Der fremde Autotourist<br />

kann den Brennstoff gegen besondere Coupons<br />

beziehen, die ihm bei der Einfahrt ausgehändigt<br />

werden und. mit welchen er sich<br />

für den Bezug des billigen Benzins ausweist.<br />

Der Vorschlag der schweizerischen<br />

Behörden geht aber dahin, eine Preisvergünstigung<br />

nach einem Mindestaufenthalt von<br />

fünf Tagen eintreten zu lassen. Die Vergütung<br />

würde aber beim Verlassen des Landes<br />

erfolgen, wobei einfach ein theoretischer<br />

Benzinkonsum von 20 Litern pro Tag angenommen<br />

und eine entsprechende pauschale<br />

Rückvergütung von baren 15 Schweizerfranken<br />

(die der ausreisende Gast dann noch<br />

ins fremde Land mitnimmt!) zu leisten wäre.<br />

Auch hier ist zu erkennen, dass man beider<br />

Wahl der anzuwendenden Mittel eine denkbar<br />

unglückliche Hand bewies und vom italienischen<br />

Beispiel wirklich nur gerade das<br />

Verkehrte imitieren will, kurzum einen VeN<br />

such mit vollständig untauglichen Mitteln<br />

beabsichtigt.<br />

Es ist daher durchaus begreiflich, wenn<br />

die Vertreter der Motorfahrzeugbesitzerund<br />

des Autogewerbes das. Ansinnen einmütig<br />

und energisch ablehnten. Es konnte nicht<br />

überraschen, dass die am Fremdenverkehr<br />

direkt interessierten Organe dem Projekt<br />

an und für sich sympathisch gegenüberstanden.<br />

Dabei wird freilich übersehen, dass der<br />

jetzige Benzinpreis in der Schweiz, wenigstens<br />

für die Gäste aus den umliegenden<br />

Ländern, bereits ein genügender Ansporn<br />

bedeutet und sich sehr vorteilhaft mit den<br />

Preisen in den Heimatländern vergleichen<br />

lässt. Wenn der Gast in noch stärkerem<br />

Masse von der «Billigkeit» der Schweiz überzeugt<br />

werden soll, dann muss das auf anderen<br />

Gebieten geschehen, die aber mit dem<br />

Automobilbetrieb auch gar nichts zu tun haben.<br />

Auf alle Fälle hätte es nicht der an den<br />

Tag gelegten Eile bedurft, um den Vorschlag<br />

des blauen Benzins zu beraten. Dem Entwurf<br />

haften alle Nachteile eines überstürzten<br />

Machwerkes an, das den Autoren wenig<br />

Ehre einträgt und zudem durchaus untauglich<br />

ist, um den Fremdenverkehr sanieren<br />

zu wollen. Es wäre eines von den vielen<br />

Pflästerchen, die appliziert werden, nur weil<br />

man nicht den Mut aufbringt, mit dem richtigen<br />

Operationswerkzeug einzugreifen und<br />

nicht nur die Wunde, sondern ihre tieferen<br />

Ursachen auszuheilen • und auszumerzen!<br />

Bleiben wir also ruhig beim farblosen Benzin.<br />

Blau färben können wir es immer noch,<br />

wenn es je für alle Konsumenten und nicht<br />

nur für den Ausländer billiger werden sollte!<br />

den scharfen Bügelfalten des hellen Frühjahrsanzuges<br />

und auf den blanken braunen<br />

Halbschuhen haftete der misstrauisch abschätzende<br />

Blick des Herrn Köpke, während<br />

er langsam sagte : «Nein, lieber Herr, das<br />

kann doch wohl nicht stimmen — ?»<br />

Fred Rave warf den Kopf auf: «Sie —<br />

ich bin auch nicht Ihr .lieber Herr' —!»<br />

Aber der Stämmige tat das mit einem Heben<br />

seiner breiten Schultern ab: Mein Gott<br />

— derlei war man gewohnt, und meistens<br />

war's dann nicht gerade ein Zeichen von<br />

sehr grosser Sicherheit. Nein — immer mit<br />

der Ruhe — sonst hatte man am Ende nur<br />

noch Schererei. Sah dann zu Utenhoven auf:<br />

«Sie kennen sich?»<br />

Joos Utenhoven rückte sich gerade: «Jawohl<br />

— wir kennen uns.»<br />

So kurz und abweisend war das hervorgestossen,<br />

dass der Blick des Kommissars<br />

verwundert auf ihm haften blieb. Er fragte:<br />

«Haben Sie gewusst, Herr Utenhoven, dass<br />

sich Herr Rave hier in Ihrer Wohnung zu<br />

Besuch fand ?»<br />

Joos Utenhoven sah mit hartem Blick geradeaus<br />

: «Ich habe nichts davon gewusst<br />

und hätte es auch nicht für möglich gehalten.»<br />

(Fortsetzung im dAutler-Feierdben&O. •.

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