28.02.2018 Aufrufe

E_1949_Zeitung_Nr.010

E_1949_Zeitung_Nr.010

E_1949_Zeitung_Nr.010

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

flr.lO — n. BLATT AUTOMOBIL<br />

REVUE BERN,<br />

9. März <strong>1949</strong><br />

Die < Rapides > de \a Cöle d'Azur dienen dem Bedarf des Sehnellverkehrs entlang der Küstenstrasse. Auch sie stationreren<br />

vor dem Autobahnhof. Im Hintergrund die Billettsehalter für die Departementslinien.<br />

Frankreich ist nicht nur das Land mit dem<br />

ausgedehntesten und immer noch relativ besten<br />

Strassennetz Kuropas, sondern auch der erste<br />

europäische Staat, der durch ein besonderes Gesetz<br />

die Grundlage zur Errichtung von Autobahnhöfen<br />

(Gares Routieres) geschaffen hat.<br />

Wir haben über einige dieser Autobahnhöfe bereits<br />

kurz vor Kriegsende in einem besonderen<br />

Artikel berichtet.<br />

Inzwischen aber hat sich der kollektive Autotourismus<br />

von'Jahr zu Jahr intensiviert, die<br />

Zahl der neuen und der alten, wieder in Dienst<br />

gestellten Autocars ist ständig gewachsen und<br />

damit auch die Notwendigkeit, die Gemeinschaftstransporte<br />

auf der Strasse organisatorisch,<br />

tarifmässig und technisch zu verbessern.<br />

Der<br />

Autocar-Dienst des Departements « Alpes<br />

Maritimes > und seiner Hauptstadt Nizza<br />

FRANKREICH<br />

Autobus-Zentrum Nizza<br />

(Spezial-Reportage unseres Pariser Korr.)<br />

kann in dieser Hinsicht als typisch und trotz einzelner<br />

Mängel wohl auch als vorbildlich gelten.<br />

Die besondere verkehrsgeographische Struktur<br />

dieses Gebirgsdepartements, durch das eine<br />

Reihe langer Transversal-Autostrassen parallel<br />

mit dem Mittelmeer verläuft und das eine Anzahl<br />

relativ grosser Städte, darunter Nizza, besitzt,<br />

hat es mit sich gebracht, dass sich der<br />

Strassen- und insbesondere der Autobusverkehr<br />

organisch entwickelte und beinahe automatisch<br />

nicht nur den Bahnverkehr, sondern (was vom<br />

touristischen Standpunkt aus besonders interessant<br />

erscheint) sogar die Benützung des Personenwagens<br />

etwas in den Hintergrund drängte.<br />

Wenn auch genaue Verkehrsstatistiken für das<br />

vergangene Jahr nicht vorliegen, so kann sich<br />

doch jeder Rivieragast persönlich davon überzeugen,<br />

dass sowohl der touristische- wie auch<br />

der durch die öffentliche Hand betriebene Autocarverkehr<br />

Ausmasse angenommen hat, die<br />

selbst im Vergleich zu Paris und ganz gewiss zu<br />

der Autobusfrequenz anderer französischer Departements<br />

bemerkenswert sind.<br />

Es gibt heute praktisch im Departement der<br />

« Alpes Maritimes» kaum mehr ein Dorf, das<br />

nicht durch Autobuslinien entweder mit der Departements-Hauptstadt,<br />

mit Cannes, mit Monaco<br />

oder mit irgendeiner andern, nächsten<br />

Bahnstation verbunden wäre. Verkehrspolitisch<br />

und insbesondere unter dem Gesichtswinkel der<br />

Koordination zwischen Schiene und Strasse aus<br />

betrachtet, verdient die Tatsache festgehalten zu<br />

werden, dass die französische nationale Eisenbahngesellschaft<br />

jeden unnützen Kampf, ja jeden<br />

unlukrativen Wettbewerb mit der Strasse zu<br />

vermeiden trachtet. Hierzu hat sie allerdings<br />

schon deshalb Grund genug, weil nur einige<br />

wenige Querverbindungen durch die Seealpen<br />

existieren und die vorhandenen Linien keineswegs<br />

genügen würden, um den regen. Pendelverkehr<br />

zwischen der Küste und dem Gebirge zu<br />

bewältigen. Aus der Not eine Tugend machend,<br />

hat die SNCF selbst eine Reihe von Auto-?''<br />

bringerlinien, z. B. von Cannes nach Grasse, n<br />

sehr dichtem Betrieb eingerichtet und wendet<br />

dabei Tarife an, die keinerlei Konkurrenz für die<br />

privaten oder von den Departements in eigener<br />

Regie betriebenen Linien bedeuten. Das hervorstechendste'Merkmal<br />

der Toleranz der Schiene<br />

gegenüber der Strasse und der vorbildlichen Zusammenarbeit<br />

zwischen Bahn und Auto ist aber<br />

zweifellos darin zu erblicken, dass sämtliche<br />

Fremdenpläne der Riviera, von Cannes bis Menton<br />

an der italienischen Grenze durch einen<br />

Schnellverkehr der sogenannten « Rapides de la<br />

Cöte d'Azur > miteinander verbunden sind. Momentan,<br />

im Zeitalter der Benzinbeschränkung,<br />

funktionierte er in beiden Richtungen von 6 Uhr<br />

früh bis 20 Uhr abends viertelstündlich, vor dem<br />

Krieg aber folgten sich die hellgrauen Cars alle<br />

drei Minuten. ,<br />

Autocar-Zentralbahnhof Nizza.<br />

Angesichts dieser Wandlung der Verkehrsstruktur<br />

erlangte naturgemäss der 1933 fertiggestellte<br />

Autobahnhof Nizza, im Zentrum der<br />

Stadt hinter der Place Massena gelegen, besondere<br />

Bedeutung. Sämtliche öffentlichen Autocarlinien,<br />

die von Nizza ausgehen oder die Stadt<br />

durchqueren, sind verpflichtet, vor dem Autobahnhof<br />

obligatorisch Halt zu machen. Lediglich<br />

die eigentlichen Touristencars, die durchwegs<br />

durch Reisenagenturen betrieben werden, berühren<br />

den Autobahnhof nicht. Zur Zeit strahlen<br />

täglich etwa 44 Kurse mit 290 an- und abfahrenden<br />

Einzelfahrzeugen von diesem Autobahnhof<br />

aus. Dazu kommen 19 weitere, nur einmal<br />

pro Woche betriebene Linien in die Umgegend.<br />

Da sich die Dimensionen der Cars moderner<br />

Bauart, namentlich deren Länge, wesentlich vergrössert<br />

hat, reicht die heutige Quailänge kaum<br />

mehr aus, um in den Stunden des Spitzenverkehrs<br />

eine reibungslose Abwicklung des Verkehrs<br />

zu gewährleisten. Die Raumnot, worunter<br />

diese Zentralstation leidet, wird deshalb besonders<br />

fühlbar, weil<br />

eine enorme Entwicklung des Güter- und<br />

Frachtstückverkehrs<br />

die verkehrswirtschaftliche Bedeutung derAutocarlinien<br />

seit dem Kriege noch weiter erhöht hat<br />

und weil die hierzu vorhandenen Umschlageinrichtungen<br />

weder räumlich noch technisch mehr<br />

genügen. Aus einem unserer Bilder geht hervor,<br />

auf welche Weise sich das Ein- und Ausladen<br />

der Gepäckstücke vom Dach des Autobahnhofs<br />

auf die Verdecke der Autocars abspielt. Im September<br />

1947 bezifferte sich die Frachtmenge bereits<br />

auf 12 000 Einzelstücke mit 180 000 kg Gewicht.<br />

Im vergangenen Jahr hat sich die Beanspruchung<br />

des Autobahnhofs für die Beförderung<br />

von Frachtgütern von Monat zu Monat weiter<br />

gesteigert. Das gesamte Hinterland von Nizza<br />

erhält nicht nur täglich seine Lebensmittelsendungen<br />

(Fleisch, Obst, Gemüse, Konserven),<br />

sondern auch seinen Tabak und alle erdenklichen<br />

anderen Verbrauchs- und Gebrauehsgüter durch<br />

die Autocars zugeführt. Schon in allernächster<br />

Zeit wird nun eine Aufstockung des Bahnhofs<br />

erfolgen und ein Lagerraum geschaffen werden<br />

müssen, um der Raumnot zu begegnen.<br />

Massige Tarife.<br />

Die Vereinheitlichung der Autobustransporte<br />

im ganzen Departement erfolgte durch die zuständigen<br />

Behörden auf Grund von technischen<br />

.und .psychologischen Erfahrungen, die sich nun«<br />

; mehr .""bereits' über 10 Jahre erstrecken. So werden<br />

ä die Transportbewilligyiigen< ; örst nach strenger<br />

Prüfung der persönlichen und beruflichen<br />

Eignung der Gesuchsteller erteilt. Die Aus-<br />

Der Frachtgutverkehr ist einer der Hauptzwecke des departementalen Autocarverkehrs. Die Gepäckstücke werde« vom<br />

Dach des Autobahnhofs aus auf die Verdecke der Fahrzeuge verladen.<br />

Ein Autocar der Linie Cannes—Nice vor dem Palasthotel Negresco out der<br />

c Promenade des Anglais > in Nizza.<br />

bildung der Chauffeure unterliegt einer sorgfältigen<br />

Ueberwachung durch die Prüfungskommissionen.<br />

Die Wagenführer stammen ausnahmlos<br />

aus dem Departement selbst; sie kennen ihre<br />

Routen in- und auswendig und sind sich der<br />

Verantwortung, die sie nicht nur gegenüber den<br />

Passagieren, sondern gegenüber dem gesamten<br />

Touristenverkehr der Cöte d'Azur tragen, voll<br />

bewusst Im Vergleich mit denen anderer Länder,<br />

ja selbst mit jenen der Pariser Autobus- und<br />

Autocarlinien, sind die Tarife als massig zu bezeichnen.<br />

So kostet eine Fahrt im « Rapides »<br />

von Cannes nach Nizza etwa 100 fFr., was also<br />

für diese Entfernung von ca. 30 km bei dem heutigen<br />

Parallelkurs etwa einem Schweizer Franken<br />

entspricht.<br />

Der Komfort der Cars wechselt natürlich je<br />

nach der Bauart. Wenn ein neues Fahrzeug heute<br />

4 Mill. fFr. kostet, dann müsste eine solche Neuinvestierung<br />

amortisiert werden. Daher zeigt sich<br />

auch in Nizza bei einzelnen Privatunternehmen<br />

das verständliche Bestreben, möglichst viel Passagiere<br />

mitzunehmen, wobei zuweilen die Höchstbelastungsvorschriften<br />

übertreten werden. Im<br />

allgemeinen sorgt aber die Verkehrspolizei dafür,<br />

dass die Fahrzeuge nicht mehr Fahrgäste<br />

mitnehmen, als sie tatsächlich zu befördern vermögen.<br />

Die Zahl der Unfälle auf der Strasse<br />

selbst ist überraschend gering. Praktisch hat sich<br />

seit dem Krieg im ganzen Departement überhaupt<br />

kein nennenswerter Car-Unfall ereignet.<br />

Im übrigen gestatten die Aufsichtsbehörden die<br />

Anwendung von vier verschiedenen Tarifen für<br />

die Beförderung im Autocar, die nicht etwa nach<br />

der Entfernung, sondern nach der Schwierigkeit<br />

der Strecke gestaffelt sind. Es gibt einen Kilometertarif<br />

für die Ebene, einen zweiten für das<br />

Hügelgelände und einen dritten für den Gebirgsverkehr,<br />

für die eigentlichen « Routes de<br />

Haute Montagne », z. B. für die bekannte « Route<br />

Napoleon •, die von Nizza, bzw. Cannes über die<br />

Blumenstadt Grasse nach Grenoble führt...<br />

Im ganzen hinterlässt ein Besuch des Autobahnhofs<br />

Nizza und eine Untersuchung der verkehrspolitischen<br />

Möglichkeiten, die sich aus dem<br />

Autobusbetrieb im Departement der « Alpes Maritimes<br />

• ergeben, einen höchst günstigen und<br />

insofern optimistisch stimmenden Eindruck, als<br />

man hier wirklich von einem<br />

«Paradies der Autocars •<br />

reden kann. Unter den eingesessenen Geschäftsund<br />

Privatleuten wie den ausländischen Autogästen<br />

gibt es viele, die es vorziehen, ihre Privatwagen<br />

in der Garage stehen zu lassen und<br />

zum mindesten ihre geschäftlichen, manchmal<br />

aber auch ihre Vergnügungsausflüge in die Umgegend<br />

mit einem der vielen Autocars zu unternehmen,<br />

die in der hellen Frühlingssonne vor<br />

der « Auto-Gare de Nice » parken,<br />

i<br />

(Photos G. Lienhard.)<br />

Zum Bau einer Pipeline Le Havre-Paris<br />

Ein Gesetzesentwurf im französischen Parlament<br />

eingebracht.<br />

(Von unserem Pariser Korrespondenten)<br />

In der französischen Fachpresse war in den<br />

letzten Monaten verschiedentlich die Rede vom<br />

Bau einer Pipeline Le Havre—Paris und auch<br />

der französische Plan Monnet betont die Notwendigkeit<br />

der Herstellung einer solchen Rohrleitung.<br />

Nun haben diese ziemlich vagen Andeutungen<br />

zum erstenmal klar umrissene Gestalt<br />

angenommen: die Regierung hat der französischen<br />

Nationalversammlung vor einigen Tagen<br />

einen Gesetzesentwurf für die Erstellung dieser<br />

Pipeline zugehen lassen.<br />

In den Mptiven hiezu heisst es einleitend, dass<br />

die Gestehungskosten für den Erdöltransport vermittels<br />

einer Rohrleitung viel geringer seien als bei<br />

irgendeinem anderen Transportmittel. Die Konstruktion<br />

einer Pipeline zwischen der Seinemündung<br />

und.der Pariser -Region.werde den Transport<br />

von mindestens 1,5 Mill. t flüssiger Treibstoffe<br />

pro Jahr ermöglichen und somit 50 % des<br />

Vor dar c Auto-Gare de Nice » parken in der Frühlingssonne die Autebusse,<br />

. zur Abfahrt nach allen Himmelsrichhingen bereit.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!