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KOPFTUCHVERBOT AN SCHULEN<br />

PRO UND CONTRA<br />

Die Parteimanagerin der SPÖ Wien, Barbara Novak, will ein Kopftuchverbot für Schülerinnen<br />

durchsetzen. Die Meinungen zu dem Thema sind gespalten, auch innerhalb der Biber-Redaktion.<br />

Zwei arabischstämmige Redakteurinnen, zwei Meinungen zum Thema Kopftuch an den Schulen.<br />

Von Nada El-Azar und Nour Khelifi<br />

PRO<br />

von Nada El-Azar, biber-Redakteurin<br />

CONTRA<br />

von Nour Khelifi, Autorin und freie Redakteurin<br />

Als „Frauenrechtlerin“ möchte Novak gegen das Kopftuch in<br />

Schulen auftreten. Einige wundern sich jetzt: Wenn sie eine<br />

Feministin ist – warum möchte sie anderen Frauen vorschreiben,<br />

was sie tragen dürfen und was nicht? Bevor man Frau<br />

Novak als diskriminierend abtut, sollte man sich die Frage<br />

stellen: Woher kommt das Kopftuch eigentlich? Das Kopftuch<br />

soll die sexuellen Reize der Frauen den Blicken der Männer<br />

entziehen. Ergo ist es ein Zeichen sexueller Reife. Deswegen<br />

hat es bei Klein- und Volksschulkindern schon mal gar nichts<br />

verloren. Dass Frauen und Mädchen damit massiv sexualisiert<br />

werden, scheint einer Vielzahl von Feministinnen egal<br />

zu sein. Vielmehr verteidigen sie diesen uralten Brauch einer<br />

rigiden Männergesellschaft als „kulturelle Eigenheit“, in die<br />

man sich nicht einmischt.<br />

Mein Vorschlag ist ein Kompromiss: Ein Mindestalter von 16<br />

Jahren. Denn in der muslimischen Community ist es nicht<br />

einfach, das Kopftuch abzulegen, wenn man einmal damit<br />

begonnen hat. Es gleicht einem Abfall vom Glauben, und fällt<br />

als „Schande“ auf die ganze Familie der Frauen zurück. Es ist<br />

nicht „nur ein Stück Stoff“, sondern ist mit einer ganzen Reihe<br />

Erwartungshaltungen an Frauen verbunden. Abgesehen<br />

davon soll jungen Mädchen nicht zu früh vermittelt werden,<br />

dass sie sich vor Buben zu verhüllen haben – viel zu viele<br />

wachsen zu kleinen Duckmäuschen heran. Das Mindestalter<br />

soll ein selbstbestimmtes Entscheiden stärken und Empowerment<br />

fördern!<br />

Nada El-Azar, 21, ist biber-Redakteurin und Absolventin der<br />

Biber-Akademie.<br />

„Ich werde als Frauenrechtlerin und Feministin weiter gegen<br />

das Kopftuch auftreten.“ Barbara Novak ist neue Parteimanagerin<br />

und Bezirkschefin der SPÖ in Döbling. In einem<br />

STANDARD-Interview erzählt sie vom Vorhaben im Bildungsbereich<br />

für ein Kopftuchverbot an den Schulen einzutreten.<br />

Mit dem obigen Zitat hat sich Novak selbst ein Eigentor<br />

geschossen, denn Feminismus ist das sicherlich nicht.<br />

Feminismus besteht nicht darin einer Frau zu untersagen<br />

oder aufzuerlegen, was sie anzuziehen oder abzulegen hat.<br />

Feminismus sollte Empowerment sein. Stattdessen wird auf<br />

das Kopftuch die vermeintliche Diskriminierung der Frau projiziert.<br />

Wenn also ein junges Mädchen herumexperimentiert,<br />

ihre Identität noch ausforscht und das Kopftuch dabei auch<br />

eine Rolle spielt, wo liegt dann das Problem? Wenn Menschen<br />

sich sexuell entfalten können, dann wohl auch religiös.<br />

Abgesehen davon – in diesem Diskurs, ob ein Kopftuch<br />

in der Öffentlichkeit sichtbar sein soll oder nicht, findet keine<br />

Diskussion statt. Es werden nur Meinungen kundgetan und<br />

Schlagzeilen damit gemacht. Die SPÖ hat diese Schiene, wie<br />

sie schwarzblau führt, nicht nötig. Anstatt also die Defizite in<br />

der Sozial-und Bildungspolitik auf das Kopftuch zu schieben,<br />

würde mich, und viele andere Österreicherinnen und<br />

Österreicher auch, interessieren, was die SPÖ als Opposition<br />

gegen Schwarzblau an konkreten Lösungsvorschlägen zu<br />

bieten hat. Und nicht weiter den rassistischen und diskriminierenden<br />

Diskurs in der Gesellschaftspolitik zu befeuern.<br />

Nour Khelifi (24), ist Autorin und freie Redakteurin u.a beim ORF<br />

und der Wiener Zeitung, sowie Absolventin der Biber-Akademie.<br />

Christoph Liebentritt, bereitgestellt<br />

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