Mikrostruktur und Eigenschaften keramischer Formmassen ... - OPUS
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8 Gr<strong>und</strong>lagen<br />
3.2.3 Reaktionen im Stoff-System Al2O3-SiO2-Na2O<br />
SiO2 (Binder)<br />
Vor dem Brennen der Formschale liegt das SiO2 in amorpher Form vor. Bild 3.5<br />
skizziert die Umwandlungen von Siliziumoxid nach heutigem Wissensstand, wobei<br />
Tridymit nur bei Verunreinigungen im SiO2 auftritt, das ansonsten bei ca. 1025 °C<br />
in Hochcristobalit (�) übergeht /MAT93/, /SAL82/. Diese irreversiblen <strong>und</strong><br />
displaziven Umwandlungen verlaufen träge, wohingegen die Hoch-/Tieftemperatur-Modifikationsänderungen<br />
(�-�) reversibel <strong>und</strong> spontan ablaufen.<br />
irreversibel/<br />
rekonstruktiv<br />
SiO2 amorph<br />
�-Quarz<br />
(Silika)<br />
870 °C<br />
reversibel/<br />
displaziv<br />
573 °C<br />
�-Quarz<br />
> 1000 °C<br />
��Tridymit 1470 °C<br />
160 °C<br />
��Tridymit<br />
120 °C<br />
��Tridymit<br />
reversibel/<br />
displaziv<br />
�-Cristobalit<br />
1713 °C<br />
Schmelze<br />
230 °C<br />
�-Cristobalit Kieselglas<br />
Bild 3.5: SiO2: Phasen <strong>und</strong> Umwandlungstemperaturen nach /PET92/ <strong>und</strong> /HEI77/.<br />
Die diffusionsgesteuerte Kristallisation von SiO2-Gel korreliert mit der Viskosität<br />
<strong>und</strong> ist daher nicht nur temperatur- sondern auch zeitabhängig /SHO88/. Je nach<br />
gewählten Parametern kann die SiO2-Binderphase der Formschale nach dem<br />
Sinterbrand bei ca. 1000 °C bis 1200 °C amorph oder kristallin oder in beiden<br />
Modifikationen nebeneinander vorliegen /MEU99/, ROT99/.<br />
Neben der Temperatur- <strong>und</strong> Zeitabhängigkeit wird das Umwandlungsverhalten<br />
des SiO2-Binders von der Zusammensetzung beeinflusst (Tabelle 3.1). Die<br />
Cristobalitbildung verläuft in verunreinigter Kieselsäure aufgr<strong>und</strong> der strukturellen<br />
Ähnlichkeit schneller als im reinen Kieselgel /FLÖ61/. Die Bildungsreaktion ist<br />
oberflächengesteuert, d. h. die Kristallisation erfolgt von der Oberfläche der<br />
amorphen SiO2-Bereiche in diese hinein /KNI96/. Bei Abkühlung durchläuft<br />
Cristobalit die Modifikationsänderung vom kubischen Hoch- zum tetragonalen<br />
Tiefcristobalit, die mit einer Volumenschrumpfung von ca. 2,8% verb<strong>und</strong>en ist<br />
/MAT93/, /PET92/, /MAJ88/. Beim Brennvorgang zunächst gebildeter Tridymit<br />
wandelt sich bei erneutem Aufheizen in Cristobalit um /MEU99/.<br />
Tabelle 3.1: Phasenumwandlungen von SiO2 in Silika-Solen nach /WAN92/.<br />
Zusammensetzung Umwandlungstemperatur<br />
SiO2-rein 1500<br />
SiO2 + 30 Gew.-% Al2O3<br />
1000<br />
SiO2 + 0,15 Mol Na2O 950<br />
SiO2 + 0,15 Mol Na2O+ 2 Gew.-% Al2O3 > 1100<br />
irreversibel/<br />
rekonstruktiv<br />
Die Anwesenheit des Alkalioxids Na2O begünstigt die Glasbildung im amorphen<br />
SiO2-Binder /SHO88/. Es senkt die Viskosität in SiO2-Glasschmelzen <strong>und</strong>