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Ausgabe 11/2012 13. Jahrgang - hrr-strafrecht.de

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Rechtsprechung Hervorzuheben<strong>de</strong> Entscheidungen <strong>de</strong>s BGH: IV. Strafverfahrensrecht mit GVG<br />

2. Geschie<strong>de</strong>ne Ehegatten sind nicht nebenklageberechtigt.<br />

Demgemäß kann ihnen auch nicht nach § 406g Abs.<br />

3 Satz 1 Nr. 1 StPO in Verbindung mit § 397a Abs. 1 Nr.<br />

2 StPO ein Rechtsanwalt als Beistand bestellt wer<strong>de</strong>n.<br />

(Bearbeiter)<br />

3. Sind die geschie<strong>de</strong>nen Ehegatten türkische Staatsangehörige,<br />

mit <strong>de</strong>r Folge, dass für <strong>de</strong>ren Scheidung gemäß<br />

Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1, Art. 17 Abs. 1 EGBGB materielles<br />

türkisches Recht anzuwen<strong>de</strong>n ist, ist eine Nebenklageberechtigung<br />

regelmäßig bereits dann ausgeschlossen,<br />

wenn ein nach <strong>de</strong>utschem Recht rechtskräftiges<br />

Scheidungsurteil vorliegt. Einer Anerkennungsentscheidung<br />

durch ein türkisches Gericht bedarf es insoweit<br />

nicht. (Bearbeiter)<br />

4. Es kann dahinstehen, ob im Einzelfall beson<strong>de</strong>re Umstän<strong>de</strong><br />

es rechtfertigen können, im Rahmen <strong>de</strong>r § 406g<br />

Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, § 397a Abs. 1 Nr. 2, § 395 Abs. 2 Nr.<br />

1 StPO nicht auf die Rechtskraft <strong>de</strong>s inländischen Scheidungsurteils,<br />

son<strong>de</strong>rn auf die türkische Anerkennungsentscheidung<br />

abzustellen. Je<strong>de</strong>nfalls genügt eine spätere<br />

Wie<strong>de</strong>rannäherung <strong>de</strong>r geschie<strong>de</strong>nen Ehegatten nicht,<br />

um eine solche Ausnahme zu begrün<strong>de</strong>n. (Bearbeiter)<br />

969. BGH 5 StR 372/12 (alt: 5 StR 397/<strong>11</strong>) –<br />

Beschluss vom 25. September <strong>2012</strong> (LG Berlin)<br />

Rechtsfehlerhafte Überzeugungsbildung bzgl. <strong>de</strong>r Täterschaft<br />

(Anfor<strong>de</strong>rungen an die objektive Grundlage<br />

<strong>de</strong>r Überzeugungsbildung; Mängel <strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>rerkennungsleistung<br />

eines Zeugen; Einzelbildvorlage; sequentielle<br />

Lichtbildvorlage; Vi<strong>de</strong>owahlgegenüberstellung;<br />

suggestiver Effekt <strong>de</strong>r Einzellichtbildvorlage)<br />

§ 261 StPO<br />

1. Die zur richterlichen Überzeugungsbildung erfor<strong>de</strong>rliche<br />

persönliche Gewissheit setzt objektive Grundlagen<br />

voraus. Diese müssen aus rationalen Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n<br />

Schluss erlauben, dass das festgestellte Geschehen mit<br />

hoher Wahrscheinlichkeit mit <strong>de</strong>r Wirklichkeit übereinstimmt.<br />

Das ist <strong>de</strong>r Nachprüfung durch das Revisionsgericht<br />

zugänglich. Deshalb müssen die Urteilsgrün<strong>de</strong><br />

erkennen lassen, dass die Beweiswürdigung auf einer<br />

tragfähigen, verstan<strong>de</strong>smäßig einsehbaren Tatsachengrundlage<br />

beruht und die vom Gericht gezogene Schlussfolgerung<br />

nicht etwa nur eine Annahme ist o<strong>de</strong>r sich als<br />

bloße Vermutung erweist, die letztlich nicht mehr als<br />

einen Verdacht zu begrün<strong>de</strong>n vermag (BGH StV 2002,<br />

235 und BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 26,<br />

jeweils mwN).<br />

2. Der I<strong>de</strong>ntifizierung eines Angeklagten durch einen<br />

Zeugen kommt nur ein äußerst geringer Beweiswert zu,<br />

wenn dieser <strong>de</strong>n Täter lediglich auf einer Einzelbildvorlage,<br />

nicht aber auf einer sequentiellen Lichtbildvorlage<br />

o<strong>de</strong>r einer Vi<strong>de</strong>owahlgegenüberstellung erkennt. Zu<strong>de</strong>m<br />

hat eine Einzelbildvorlage einen starken suggestiven<br />

Effekt, <strong>de</strong>r zur Folge hat, dass <strong>de</strong>r Beweiswert einer danach<br />

folgen<strong>de</strong>n I<strong>de</strong>ntifikation in <strong>de</strong>r Hauptverhandlung<br />

eingeschränkt wird.<br />

950. BGH 3 StR 348/12 – Beschluss vom 18.<br />

September <strong>2012</strong> (LG Mönchengladbach)<br />

HRRS November <strong>2012</strong> (<strong>11</strong>/<strong>2012</strong>)<br />

Recht auf ein faires Strafverfahren (Schweigerecht;<br />

Recht auf effektive Verteidigung; rechtsfehlerhafte Zurückweisung<br />

einer schriftlichen Erklärung <strong>de</strong>s Angeklagten;<br />

Gewahrsam als Mittel zur Herbeiführung<br />

einer geständigen Einlassung; wesentliche Beschränkung<br />

<strong>de</strong>r Verteidigung); Adhäsionsausspruch (Anfor<strong>de</strong>rungen<br />

an die Grundlage für die Bestimmung <strong>de</strong>r<br />

Schmerzensgeldhöhe); Geiselnahme (Verhältnis von<br />

Prüfung eines min<strong>de</strong>r schweren Falls und eines vertypten<br />

Mil<strong>de</strong>rungsgrun<strong>de</strong>s aufgrund eines Täter-Opfer-<br />

Ausgleichs).<br />

Art. 6 EMRK; § 136a StPO; § 338 Nr. 8 StPO; § 231<br />

Abs. 1 Satz 2 StPO; § 406 StPO; § 239b Abs. 2 StGB;<br />

§ 46a StGB<br />

1. Einzelfall einer nicht revisiblen Zurückweisung schriftlicher<br />

Einlassungen von Angeklagten durch das Zerreißen<br />

<strong>de</strong>rselben und <strong>de</strong>r Ingewahrsamnahme aller nicht<br />

geständigen Mitangeklagten nach <strong>de</strong>r Ablegung eines<br />

Geständnisses durch einen <strong>de</strong>r Mitangeklagten in <strong>de</strong>r<br />

Hauptverhandlung.<br />

2. Das Gericht ist verpflichtet, eine schriftliche Stellungnahme<br />

<strong>de</strong>s Angeklagten zur Kenntnis zu nehmen (vgl.<br />

BGHSt 52, 175, 178). Insofern ist die Verfahrensweise,<br />

eine Entgegennahme <strong>de</strong>r schriftlichen Erklärung <strong>de</strong>s<br />

Angeklagten abzulehnen und diese gar zu zerreißen,<br />

fehlerhaft. Für <strong>de</strong>n Revisionsgrund <strong>de</strong>s § 338 Nr. 8 StPO<br />

ist jedoch eine kausale Beziehung zwischen <strong>de</strong>r fehlerhaft<br />

unterbliebenen Kenntnisnahme und <strong>de</strong>m Urteil erfor<strong>de</strong>rlich.<br />

3. Eine Ingewahrsamnahme nach § 231 Abs. 1 Satz 2<br />

StPO setzt voraus, dass Anhaltspunkte dafür bestehen,<br />

<strong>de</strong>r Angeklagte wer<strong>de</strong> sich aus <strong>de</strong>r Verhandlung entfernen.<br />

Wer<strong>de</strong>n die Grenzen <strong>de</strong>s § 231 Abs. 1 Satz 2 StPO<br />

nicht gezielt übertreten, lässt sich aus einer unbegrün<strong>de</strong>ten<br />

Ingewahrsamnahme während <strong>de</strong>r Hauptverhandlung<br />

aber kein Verwertungsverbot hinsichtlich einer daraufhin<br />

gemachten Einlassung eines Angeklagten herleiten.<br />

1028. BGH 4 StR 108/12 – Urteil vom 30. August<br />

<strong>2012</strong> (LG Detmold)<br />

Recht auf effektiven Verteidigerbeistand und Mandatsnie<strong>de</strong>rlegung<br />

(Aussetzung und Unterbrechung; faires<br />

Verfahren; Fürsorgepflicht; Vorbereitung <strong>de</strong>r Verteidigung;<br />

Darlegungsvoraussetzungen in <strong>de</strong>r Revision: Verfahrensrüge);<br />

Auswahl <strong>de</strong>s Pflichtverteidigers; Beweisverwertungsverbot<br />

bei heimlich gefertigten Audioaufzeichnungen<br />

(Anfor<strong>de</strong>rungen an die Verfahrensrüge;<br />

Wi<strong>de</strong>rspruchslösung).<br />

Art. 6 Abs. 1, Abs. 3 lit. b und c EMRK; § 140 StPO;<br />

§ 145 Abs. 3 StPO; § 265 Abs. 4 StPO; § 344 Abs. 2<br />

Satz 2 StPO; § 142 Abs. 1 StPO; Art. 1 Abs. 1 Satz 1<br />

GG; Art. 2 Abs. 1 GG; § 201 StGB; Art. 8 EMRK<br />

1. Die Frage, ob eine Aussetzung o<strong>de</strong>r Unterbrechung <strong>de</strong>r<br />

Hauptverhandlung wegen einer Mandatsnie<strong>de</strong>rlegung<br />

geboten war, kann nur beurteilt wer<strong>de</strong>n, wenn feststeht,<br />

welche Informationen über <strong>de</strong>n bisherigen Verfahrensgang<br />

<strong>de</strong>m neuen Verteidiger zur Verfügung stan<strong>de</strong>n.<br />

Dazu bedarf es nicht nur näherer Angaben zum Zeitpunkt<br />

und zum Inhalt <strong>de</strong>r erfolgten Unterrichtung, son<strong>de</strong>rn<br />

auch zur Person <strong>de</strong>s Unterrichten<strong>de</strong>n, weil daraus<br />

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