Ausgabe 11/2012 13. Jahrgang - hrr-strafrecht.de
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Aufsätze und Anmerkungen Wegner – „Leichtfertigkeit“ im Wirtschafts- und Steuer<strong>strafrecht</strong><br />
Streumunition) neben <strong>de</strong>n Vorsatzalternativen auch – im<br />
Einzelnen abgestuft und ausdifferenziert – fahrlässige<br />
und leichtfertige Verstöße erfassen, differenziert § 22a<br />
(22a Sonstige Strafvorschriften) nur zwischen Vorsatz<br />
und Fahrlässigkeit.<br />
gg) § 283 StGB: Eine „Kreuzung“ von Vorsatz- sowie<br />
Fahrlässigkeit-Fahrlässigkeit und Fahrlässigkeit-<br />
Leichtfertigkeit-Alternativen weist auch § 283 StGB<br />
(Bankrott) auf (vgl. Abs. 7). Es han<strong>de</strong>lt sich hierbei ausschließlich<br />
um <strong>strafrecht</strong>liche Rechtsfolgen.<br />
hh) § 81 GWB: Auf das Merkmal <strong>de</strong>r »Leichtfertigkeit«<br />
verzichtet hingegen das Kartellbußgeldrecht. § 81 <strong>de</strong>s<br />
Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWG)<br />
ahn<strong>de</strong>t nur vorsätzlich begangene Verstöße (Abs. 3) o<strong>de</strong>r<br />
„vorsätzlich o<strong>de</strong>r fahrlässig“ begangene Fehlverhaltensweisen<br />
(Abs. 1 und 2).<br />
ii) §§ 106 ff. UrhG / §§ 16 ff. UWG: Ausschließlich vorsätzliche<br />
Verstöße wer<strong>de</strong>n durch die Straf- und Bußgeldvorschriften<br />
<strong>de</strong>s Urhebergesetzes (UrhG) erfasst. Gleiches<br />
gilt für die Sanktionsvorschriften im Gesetz gegen<br />
<strong>de</strong>n unlauteren Wettbewerb (UWG).<br />
jj) §§ 95 ff. AMG: Ein gänzlich unterschiedliches Bild<br />
bietet <strong>de</strong>mgegenüber das Arzneimittelgesetz (AMG).<br />
§ 95 Abs. 1 AMG erfasst eine Vielzahl vorsätzlicher Tatbestandsalternativen.<br />
Erweiternd ordnet § 95 Abs. 4<br />
AMG an: „Han<strong>de</strong>lt <strong>de</strong>r Täter in <strong>de</strong>n Fällen <strong>de</strong>s Absatzes 1<br />
fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem<br />
Jahr o<strong>de</strong>r Geldstrafe.“ Demgegenüber erfasst § 96 AMG<br />
nur vorsätzliche Fehlverhaltensweisen als Straftat; ihre<br />
fahrlässige Begehung wird durch § 97 Abs. 1 AMG (nur)<br />
als Ordnungswidrigkeit geahn<strong>de</strong>t. Auf das Merkmal <strong>de</strong>r<br />
„Leichtfertigkeit“ wird im AMG vollständig verzichtet.<br />
kk) §§ 58 ff. LFGB: In ihrer (Un-)Lesbarkeit vergleichbar<br />
<strong>de</strong>n Regelungen im KWG und WpHG sind die Sanktionsvorschriften<br />
im Lebensmittel-, Bedarfsgegenstän<strong>de</strong>-<br />
und Futtermittelgesetzbuch (LFGB). Auch diese verzichten<br />
allerdings vollständig auf die Ahndung leichtfertiger<br />
Fehlverhaltensweisen.<br />
ll) §§ 31, 32 ZAG: Und um im Rahmen <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n<br />
Kurzanalyse <strong>de</strong>n Kreis <strong>de</strong>r Betrachtung wie<strong>de</strong>r beim<br />
Kapitalmarktrecht zu schließen: § 31 Abs. 1 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz<br />
(ZAG) bestraft vorsätzliche Fehl-<br />
Dokumentation<br />
Verfahrensdokumentation<br />
In dieser <strong>Ausgabe</strong> kein Eintrag.<br />
HRRS November <strong>2012</strong> (<strong>11</strong>/<strong>2012</strong>)<br />
verhaltensweisen. § 31 Abs. 2 ZAG sieht darüber hinaus<br />
für fahrlässige Verstöße ein mil<strong>de</strong>res Strafmaß vor. Demgegenüber<br />
differenziert § 32 ZAG als Bußgeldnorm zwischen<br />
vorsätzlichen (Abs. 1), vorsätzlichen o<strong>de</strong>r leichtfertigen<br />
(Abs. 2) sowie vorsätzlichen o<strong>de</strong>r fahrlässigen<br />
(Abs. 3) Verstößen. Ordnungswidrigkeitenrechtlich bestehen<br />
also Parallelen zur aktuellen Rechtslage in § 56<br />
KWG.<br />
mm) §§ 143, 144 InvG: Ein vergleichbares Bild bietet<br />
sich im Investmentgesetz (InvG). § 143 InvG differenziert<br />
als Bußgeldnorm zwischen vorsätzlichen (Abs. 1),<br />
vorsätzlichen o<strong>de</strong>r leichtfertigen (Abs. 2) sowie vorsätzlichen<br />
o<strong>de</strong>r fahrlässigen (Abs. 3) Verstößen. Der Straftatbestand<br />
<strong>de</strong>s § 144 InvG ahn<strong>de</strong>t nur vorsätzliche Fehlverhaltensweisen.<br />
4. Ausblick<br />
Nimmt man die Bun<strong>de</strong>sregierung mit ihrem Entwurf<br />
zum CRD IV-Umsetzungsgesetz beim Wort, so können<br />
die geplanten Än<strong>de</strong>rungen in § 56 KWG nur <strong>de</strong>r Einstieg<br />
sein in einer sehr viel weitergehen<strong>de</strong>n Diskussion. Denn<br />
ist die Differenzierung zwischen „Leichtfertigkeit“ und<br />
„Fahrlässigkeit“ tatsächlich „überholt“, weil – so scheint<br />
<strong>de</strong>r Entwurf zu verstehen zu sein – eine Abgrenzung<br />
zwischen Leichtfertigkeit (= grober Fahrlässigkeit) und<br />
(einfacher) Fahrlässigkeit bei komplexen Tatbestän<strong>de</strong>n<br />
und <strong>de</strong>n dahinter stehen<strong>de</strong>n Regelwerken „nicht möglich<br />
ist“, so wird man auch an<strong>de</strong>re wirtschafts- und steuer<strong>strafrecht</strong>liche<br />
Normen untersuchen müssen. Im Rahmen<br />
dieser Analyse wird man dann aufgrund praktischer Erfahrungen<br />
und empirischer Daten auch aufzubereiten<br />
und zu bewerten haben, ob eine Ausweitung <strong>de</strong>r sanktionsrechtlichen<br />
Risiken zwingend ist o<strong>de</strong>r ob es bei<br />
einer vorsätzlichen Begehungsweise verbleibt, so wie dies<br />
heute schon in einzelnen Bereichen <strong>de</strong>r Fall ist. Gleichzeitig<br />
müsste aufbereitet wer<strong>de</strong>n, ob die gegenwärtige<br />
Gesetzgebungssystematik, wie sie vorstehend skizziert<br />
wor<strong>de</strong>n ist, in sich immer schlüssig ist und wie ein sachgerechtes<br />
Nebeneinan<strong>de</strong>r von Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht<br />
gefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n kann. Ohne diese Analysen<br />
ist auch die eingangs gestellte Frage nicht zu beantworten,<br />
ob das Tatbestandsmerkmal <strong>de</strong>r „Leichtfertigkeit“<br />
noch sachgerecht und erfor<strong>de</strong>rlich ist.<br />
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