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Ausgabe 11/2012 13. Jahrgang - hrr-strafrecht.de

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Aufsätze und Anmerkungen Rübenstahl – Bilanzorientierte Bestimmung <strong>de</strong>s Vermögensscha<strong>de</strong>ns bei <strong>de</strong>r Kreditvergabe<br />

Aufsätze und Anmerkungen<br />

Die Rezeption <strong>de</strong>r verfassungsrechtlichen Vorgaben<br />

zur bilanzorientierten Bestimmung <strong>de</strong>s<br />

Vermögensscha<strong>de</strong>ns bei <strong>de</strong>r Kreditvergabe<br />

Zugleich Besprechung von BGH, Beschluss v. <strong>13.</strong>04.<strong>2012</strong> – 5 StR 442/<strong>11</strong> =<br />

HRRS <strong>2012</strong> Nr. 515<br />

Von Rechtsanwalt Dr. Markus Rübenstahl, Mag. iur.<br />

Der Beitrag zeichnet die jüngste Entwicklung <strong>de</strong>r Rechtsprechung<br />

<strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sverfassungsgerichts zur Bestimmung <strong>de</strong>s Vermögensnachteils<br />

bei § 266 StGB und <strong>de</strong>s Vermögensscha<strong>de</strong>ns bei<br />

§ 263 StGB – <strong>de</strong>ren Ergebnisse auch <strong>de</strong>r besprochenen Entscheidung<br />

<strong>de</strong>s 5. Strafsenats <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sgerichtshofs zu Grun<strong>de</strong> liegen<br />

– knapp nach. Er zeigt zugleich einige verbleiben<strong>de</strong> rechtsdogmatische<br />

Friktionen und Unklarheiten <strong>de</strong>r höchstrichterlichen<br />

Rechtsprechung auf und diskutiert die sich hieraus in <strong>de</strong>r Praxis<br />

ergeben<strong>de</strong>n Fragen.<br />

I. Sachverhalt<br />

Die Angeklagten wirkten in Berlin an Immobiliengeschäften<br />

mit, die von Käuferseite kreditfinanziert wer<strong>de</strong>n<br />

mussten. Der Angeklagte A hatte als freiberuflicher Kreditvermittler<br />

die Kun<strong>de</strong>n geworben, <strong>de</strong>r Angeklagte B<br />

hatte als Notar die Beurkundungen vorgenommen. Bei<strong>de</strong><br />

wiesen gegenüber <strong>de</strong>r finanzieren<strong>de</strong>n Bank einen wesentlich<br />

höheren Betrag als Kaufpreis <strong>de</strong>r Immobilien aus, als<br />

tatsächlich mit <strong>de</strong>n Käufern vereinbart gewesen ist. B<br />

hatte <strong>de</strong>r finanzieren<strong>de</strong>n Bank mitgeteilt, ihm gegenüber<br />

sei das (tatsächlich nicht vorhan<strong>de</strong>ne) Eigenkapital nachgewiesen<br />

wor<strong>de</strong>n. Tatsächlich lag B zu diesem Zeitpunkt<br />

lediglich ein von <strong>de</strong>r Verkäuferseite ausgestellter (ge<strong>de</strong>ckter)<br />

Scheck vor, <strong>de</strong>n er bei Auszahlungsreife <strong>de</strong>s<br />

Kaufpreises an <strong>de</strong>n Aussteller zurückgab. Der Kaufpreis<br />

ist von <strong>de</strong>r darlehensgewähren<strong>de</strong>n Bank mit Abschlägen<br />

bis zu 30 % finanziert wor<strong>de</strong>n. Soweit die Kreditsumme<br />

die Beleihungsgrenze überstieg, waren Ausfallbürgschaften<br />

von einer Lan<strong>de</strong>sbank beigebracht wor<strong>de</strong>n. Auf diesem<br />

Weg sollten Immobilien auf <strong>de</strong>m stagnieren<strong>de</strong>n<br />

Berliner Wohnungsmarkt auch an Personen ohne eigene<br />

Ersparnisse und an Geringverdienen<strong>de</strong> veräußert wer<strong>de</strong>n.<br />

Zum Teil sind sogar aus <strong>de</strong>r im Vergleich zum tatsächlich<br />

vereinbarten Kaufpreis höheren Kreditsumme zuvor<br />

bestehen<strong>de</strong> Verbindlichkeiten <strong>de</strong>r Käufer abgelöst wor<strong>de</strong>n.<br />

Die Darlehen zum Kauf <strong>de</strong>r Immobilien konnten<br />

von <strong>de</strong>n Erwerbern teilweise nicht zurückgeführt wer<strong>de</strong>n,<br />

so dass die Bank die Darlehensvaluta nicht in voller<br />

Höhe zurück erhielt.<br />

HRRS November <strong>2012</strong> (<strong>11</strong>/<strong>2012</strong>)<br />

Das Landgericht ging von einem durch u.a. A und B<br />

begangenen Eingehungsbetrug aus. Die Bank sei täuschungsbedingt<br />

bei <strong>de</strong>r Kreditgewährung ein höheres<br />

Wagnis eingegangen als sie es bei wahrheitsgemäßer<br />

Information über <strong>de</strong>n Kaufpreis getan hätte, <strong>de</strong>nn sie<br />

hätte die Immobilien in Kenntnis <strong>de</strong>s tatsächlich geringeren<br />

Kaufpreises nur in geringerer Höhe finanziert. Den<br />

Scha<strong>de</strong>n berechnet das Landgericht aus <strong>de</strong>r Differenz <strong>de</strong>r<br />

Kreditsumme zum tatsächlichen Verkehrswert <strong>de</strong>r<br />

Grundstücke, wobei es „zugunsten <strong>de</strong>r Angeklagten“ <strong>de</strong>n<br />

Verkehrswert mit <strong>de</strong>m tatsächlich bezahlten Kaufpreis<br />

gleichsetzt. Gestellte Bürgschaften hat es hiervon in<br />

Abzug gebracht. Auf dieser Grundlage – Subtraktion <strong>de</strong>s<br />

erzielten Kaufpreises von <strong>de</strong>r Darlehenssumme – hat das<br />

Landgericht einen Gesamtscha<strong>de</strong>n von über 170.000<br />

EUR festgestellt. Eine Wertermittlung <strong>de</strong>s Darlehensrückzahlungsanspruchs<br />

<strong>de</strong>r Bank zum Zeitpunkt <strong>de</strong>s<br />

Vertragsabschlusses (o<strong>de</strong>r zu einem späteren Zeitpunkt)<br />

erfolgte hingegen nicht.<br />

II. Entscheidungsgrün<strong>de</strong><br />

Der BGH stellte fest, dass die Scha<strong>de</strong>nsberechnung im<br />

Rahmen <strong>de</strong>s § 263 StGB rechtlicher Überprüfung nicht<br />

standhielt. Dieser Rechtsfehler führte zur Aufhebung<br />

aller Schuldsprüche wegen Betrugs, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Senat konnte<br />

in keinem Fall mit Sicherheit ausschließen, dass sich<br />

überhaupt kein Vermögensscha<strong>de</strong>n ergibt. 1<br />

Der BGH bezieht sich zur Begründung maßgeblich auf<br />

<strong>de</strong>n nach Erlass <strong>de</strong>s landgerichtlichen Urteils ergangenen<br />

Beschlusses <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sverfassungsgerichts vom<br />

07.12.20<strong>11</strong> 2 zur verfassungskonformen Bestimmung<br />

(Art. 103 Abs. 2 GG) <strong>de</strong>s Vermögensscha<strong>de</strong>ns auch bei<br />

1 BGH, Beschl. v. <strong>13.</strong>04.<strong>2012</strong> – 5 StR 442/<strong>11</strong>, in BeckRS<br />

<strong>2012</strong>, 10850 = HRRS <strong>2012</strong> Nr. 515.<br />

2 BVerfG NStZ <strong>2012</strong>, 496 ff. = wistra <strong>2012</strong>, 102 ff.; vgl. dazu<br />

Schlösser NStZ <strong>2012</strong>, 473 ff.; K. Cornelius NZWiSt <strong>2012</strong>, 259<br />

ff. = HRRS <strong>2012</strong> Nr. 27.<br />

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