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Heimat-Rundblick Frühjahr 2018

Magazin für Kultur, Geschichte und Natur

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Hamme und seinen Ausläufern. An den Sonntagen,<br />

zu Beerdigungen und Hochzeiten fuhren<br />

die Worpsweder Familien mit dem Kahn nach<br />

Scharmbeck. Im elften Jahrhundert wurde der<br />

Ort allerdings noch „Scirnbeci“, etwas später<br />

dann „Sandbeck“ genannt. Die Gründung der<br />

ersten Holzkirche „St. Willehardi“ soll auf den<br />

Missionar Ansgar aus Bremen zurückgehen und<br />

ist somit die älteste Kirche in der Region. 6 1182<br />

wird am Geest-rand das Benediktinerkloster St.<br />

Marien zu Osterholz gegründet. Obwohl die<br />

Bauern ihre Zehnten ab dem dreizehnten Jahrhundert<br />

hier abliefern, gehören sie weiterhin<br />

der Kirche von Scharmbeck an, bis sie ihre<br />

eigene Kirche auf dem Weyerberg erhalten.<br />

Aber bis dahin erleben die Worpsweder noch so<br />

manche unruhigen Zeiten.<br />

Die Reformationszeit<br />

Im sechzehnten Jahrhundert breitet sich die<br />

Reformation im norddeutschen Raum rasant<br />

aus. Vor allem an Orten mit großen Märkten<br />

Gehöft Weyermoor 3, mit Blick auf den Moorexpress, 1934<br />

Schnaars (Worpswede 6), Gevert Behrens<br />

(Worpswede 7), Hinrich Segelken (Worpswede<br />

8), Gevert Schmonsees, Vorfahre der Monsees<br />

(Worpswede 9), Dierk Bötjer (Worpswede 12),<br />

die sich alle im Südosten des Weyerberges angesiedelt<br />

haben. Dann folgen die Familien Reiners,<br />

Mahnken, Wellbrock, Semken und Kück. Beim<br />

Studium der Stammbäume fällt auf, dass es<br />

zahlreiche familiäre Verbindungen zwischen<br />

den Familien gibt.<br />

Das Teufelsmoor wird<br />

schwedisch<br />

Im Westfälischen Frieden von 1648 werden<br />

Königin Christine von Schweden unter anderem<br />

die Bistümer Bremen und Verden zugesprochen.<br />

Allerdings nimmt sie dieses Gebiet als deutsche<br />

Reichsfürstin in Besitz, sodass das Territorium<br />

als Provinz Mitglied im schwedischen Landesgebiet<br />

wird und alle seine Rechte und Privilegien<br />

des Heiligen Römischen Reiches weiter Bestand<br />

haben.<br />

Foto: Martha Vogeler<br />

Königin Christine schenkt ihrer Kusine Eleonora<br />

Catharina von Pfalz-Zweibrücken-Kleeburg,<br />

die mit ihr gemeinsam in Stockholm aufgewachsen<br />

war, zur Hochzeit mit dem Landgrafen<br />

Friedrich von Hessen-Eschwege (der „tolle<br />

Fritz“) das Rittergut Beverstedtermühlen. Von<br />

der Mitgift kaufen sich die beiden darüber hinaus<br />

noch das Gut Stotel. Für seine Verdienste im<br />

Kriege erhält der Landgraf die Klöster Osterholz<br />

und Lilienthal. Zunächst regieren sie von<br />

Eschwege aus die Region. Auf einer Reise durch<br />

das Gebiet entdecken der Landgraf und seine<br />

Frau die Schönheit des Weyerberges und<br />

beschließen 1654, ein sogenanntes Lust- oder<br />

Jagdschloss zu bauen. Die Schloss-Scheune, der<br />

Fischteich und der Entenfang im Straßentor<br />

waren schon fertiggestellt und der Thiergarten<br />

mit einigen Baumpflanzungen angelegt, als<br />

Friedrich 1655 während des schwedisch-polnischen<br />

Krieges stirbt. Seine Witwe Eleonora Catharina<br />

ist 29 Jahre alt und bleibt mit ihren Kindern<br />

allein in Eschwege zurück. Karl X. Gustav,<br />

Eleonora Catharinas Bruder, war ein Jahr zuvor<br />

der nächste schwedische König geworden. Er<br />

bestätigt sie als Erbin und Landgräfin mit ihren<br />

Besitztümern in Osterholz, Lilienthal und Stotel<br />

und sie erhält eine Pension von 3.000 Reichstalern,<br />

was für eine Frau in der damaligen Zeit<br />

nicht selbstverständlich war.<br />

Um 1656 verlegt sie ihren Wohnsitz nach<br />

Norddeutschland und bewohnt die alten<br />

Gebäude des Klosters in Osterholz. Ihr Schwiegersohn<br />

Baron von Lilienburg übernimmt die<br />

Verwaltung des Guts Stotel. Die Sommermonate<br />

residiert sie in Lilienthal, im Winter wohnt sie in<br />

Osterholz. Von hier aus leitet sie die Amtsgeschäfte,<br />

sitzt selbst dem Gericht vor und siedelt<br />

weitere Bauern in Osterholz an. Das Armenund<br />

Pflegehaus wird finanziell von ihr unterstützt,<br />

ein Arzt von ihr eingesetzt und eine Apotheke<br />

gegründet. Und es werden die Gilden für<br />

Tuchmacher und Schuster als Amt eingerichtet,<br />

die die Ausübung der Berufe regulieren sollen. 8<br />

Das Schlossbauprojekt betreibt sie nicht weiter.<br />

verbreitet sich die neue Lehre schnell. 1522 predigt<br />

der Augustinermönch Heinrich von Zütphen<br />

erstmals in Bremen. Das Osterholzer Kloster<br />

erhält in dieser Zeit von 120 Ortschaften<br />

den Zehnten und war dadurch finanziell sehr<br />

gut gestellt. In Lilienthal gab es seit 1230 das<br />

Zisterzienser Nonnenkloster St. Maria im Tal der<br />

Lilien. Der Dreißigjährige Krieg von 1618 bis<br />

1648 fordert auch hier in der Region seine<br />

Opfer. Immer wieder streifen kämpfende Truppen<br />

durch die Region. Es ist nicht überliefert, ob<br />

sie auch bis an den Weyerberg kamen. Das Moor<br />

mag in dieser Zeit ein guter Schutz gegen<br />

unliebsame Besucher gewesen sein. Allerdings<br />

haben die Bauern ihre kostbaren Eichen als<br />

Kriegsmaterial abliefern müssen, sodass der<br />

Baumbestand vermutlich fast ganz verschwunden<br />

war. In dieser Zeit begannen die Bauern ihr<br />

Brennmaterial, aus Mangel an Holz, durch Torf<br />

zu ersetzten.<br />

Über die Familien dieser Region gibt es aus<br />

dem sechzehnten Jahrhundert nur wenige Aufzeichnungen.<br />

7 In Worpswede sind es die Namen<br />

Gevert Oldenbüttel (Worpswede 5), Johann<br />

RUNDBLICK <strong>Frühjahr</strong> <strong>2018</strong><br />

Totenweg 1934<br />

Foto: Martha Vogeler<br />

35

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