Heimat-Rundblick Frühjahr 2018
Magazin für Kultur, Geschichte und Natur
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Das Landgut Hackfeld. Im Dreikaiserjahr 1888 kaufte die Witwe des Konsuls Heinrich Hackfeld,<br />
Marie Gesine Hackfeld, ein Grundstück mit dem dazugehörenden Landhaus an der heutigen Lesmonastraße<br />
mit Blick auf die Lesum. Das i. J.1870 erbaute Gebäude wurde 1933 abgebrochen und<br />
ein Jahr später wurde für die Familie Drettmann eine ansehnliche Villa erbaut.<br />
Foto aus Privatbesitz<br />
1862 bereits in Bremen.<br />
Im Jahre 1892 kehrte Johann Carl Diederich<br />
Pflüger nach Bremen zurück, wo er 5O-jährig<br />
verstarb. Auf die Todesnachricht hin schlossen<br />
in Honolulu sämtliche Regierungs- und<br />
Geschäftsbüros; die Handelskammer trat zu<br />
einer Trauersitzung zusammen und die Flaggen<br />
wehten auf halbmast.<br />
Johann Friedrich Hackfeld,<br />
der Neffe und Nachfolger auf<br />
Hawaii (genannt John)<br />
Am 26. Dezember 1856 in Gruppenbühren<br />
nordwestlich von Delmenhorst geboren, hatte<br />
Johann Friedrich Hackfeld nach seiner Lehrzeit<br />
bei der Firma Papendiek in Bremen seine<br />
Militärzeit absolviert und war dann 2O-jährig in<br />
das Unternehmen seines Onkels in Honolulu<br />
eingetreten. Als Mitarbeiter der Konzernleitung<br />
hatte er sich außerordentlich bewährt, sodass<br />
er 1903 nach dem Tode von Paul Isenberg allein<br />
verantwortlich die Unternehmensführung auf<br />
Hawaii übernahm. Doch schon zuvor, 1888, heiratete<br />
er eine Nichte von Paul Isenberg, Julita<br />
Berkenbusch aus Pueblo in Mexiko. Aus dieser<br />
Ehe sind die Töchter Julia und Marie-Dorothee<br />
hervorgegangen. Aus den Überlieferungen ist<br />
zu entnehmen, dass es außergewöhnlich hübsche<br />
Damen gewesen waren.<br />
Wie schon Heinrich Hackfeld, so pflegten<br />
auch sein Schwager Johann Pflüger und Neffe<br />
Johann Friedrich Hackfeld enge persönliche<br />
Kontakte zu dem hawaiischen König Kamehameda.<br />
So war es nicht ungewöhnlich, dass der<br />
König mit seinem Gefolge schon morgens um<br />
5.00 Uhr im Hause Hackfeld erschien, um einzukaufen<br />
und sich beim Kaffeetrinken bedienen<br />
zu lassen. Johann Friedrich Hackfeld war<br />
zum Berater des Königs aufgestiegen und er<br />
galt insgeheim als ..König von Honolulu". Selbst<br />
Banknoten von Hawaii trugen den Namen<br />
Hackfeld.<br />
Auf dem Sterbebett liegend war es dem<br />
König Kamehameda ein wichtiges Anliegen,<br />
Heinrich Hackfelds Schwager Johann Pflüger zu<br />
versichern, dass die vom Hause Hackfeld geliehene<br />
Schuldsumme umgehend zurückgezahlt<br />
werden würde. Johann Pflüger war inzwischen<br />
zum Minister und bevollmächtigten Gesandter<br />
des Königshauses von Hawaii aufgestiegen.<br />
Bleibt noch zu erwähnen, dass die königliche<br />
hawaiische Armee vom Hause Hackfeld eingekleidet<br />
wurde, wobei die Uniformen in der<br />
Schneiderei Hering in Bremen - früher gegenüber<br />
der Wallmühle - angefertigt wurden.<br />
Fortan durfte sich die Uniformschneiderei<br />
Hering mit dem Titel „Königlich Hawaiische<br />
Hofschneiderei" schmücken. Übrigens, die<br />
hawaiische Armee wurde von einem deutschen<br />
Offizier ausgebildet. Ebenso wurde die Militär-<br />
Musikkapelle von der Firma Hackfeld unterstützt,<br />
denn auch die Musik spielte eine verbindende<br />
Rolle zwischen den beiden doch so<br />
unterschiedlichen Volksgruppen. So hat der<br />
Potsdamer Kapellmeister Heinrich Berger von<br />
1872 bis 1915 als Leiter der Royal Hawaiian<br />
Band sich als Komponist engagiert, sodass ihn<br />
die Königin Lili Uokalowi als ,.Vater der hawaiischen<br />
Musik" bezeichnete, denn von ihm<br />
stammt auch die Nationalhymne -Aloha He-.<br />
Bis 1914 war die Firma Hackfeld das größte<br />
Unternehmen im Südseeraum und noch heute<br />
leben etwa 25000 Menschen rein deutscher<br />
Abstammung auf Hawaii. Die Hackfeldsche<br />
Firma hat in diesen Jahrzehnten vor Ausbruch<br />
des l. Weltkrieges ihre größte Blüte erlebt.<br />
Johann Friedrich Hackfeld war nicht nur im<br />
geschäftlichen Leben, sondern auch in der<br />
öffentlichen Begegnung in Honolulu eine<br />
angesehene Persönlichkeit. Mit dem hawaiischen<br />
Ehrenbürgerrecht ausgezeichnet, leistete<br />
er durch seinen Einfluss für die Übernahme<br />
der Inseln durch die Vereinigten Staaten wertvollste<br />
Dienste. Im Sternbanner der USA nimmt<br />
Hawaii den 50sten Platz ein.<br />
Der Wert der von Johann Friedrich Hackfeld<br />
geführten Firma wurde auf rund 18 Millionen<br />
Dollar geschätzt.<br />
Als Korrespondenzreederei der Firma Hackfeld<br />
in Honolulu verschiffte die Firma Pflüger in<br />
Bremen europäische, vorwiegend deutsche<br />
Waren nach Hawaii. Die eigene Schiffstonnage<br />
reichte nicht mehr aus, sodass fremde Segler<br />
und Dampfer gechartert werden mussten. Von<br />
der Stecknadel bis zur Lokomotive, Stoffe,<br />
Bekleidung, Bier, Seife, Zement usw. gab es ja<br />
kaum etwas, was nicht in den Schiffen der Firmen<br />
Hackfeld und Pflüger verfrachtet worden<br />
wäre. Darüber hinaus besaß man eigene Sägewerke<br />
und Maschinen zur Bearbeitung von<br />
Rohkaffee.<br />
Der Nordbremer Schriftsteller Ulf Fiedler<br />
schreibt in seinem Buch:<br />
„Die Firma Hackfeld und Co. gründete Niederlassungen<br />
in Kamschatka und Alaska, in der<br />
Südsee und an vielen Plätzen der Welt. Der<br />
Blumenthaler Kapitän Dallmann, selbst Ehrenbürger<br />
von Hawaii, landete im Auftrag Hackfelds<br />
als erster auf der Wrangelinsel an der sibirischen<br />
Eismeerküste. Hackfeld selbst war Konsul<br />
von Honolulu und hisste an Feiertagen in<br />
Lesum die Flagge von Honolulu.“ Soweit Ulf<br />
Fiedler.<br />
Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass neben<br />
der persönlichen Tüchtigkeit dieses Mannes<br />
und die verwandtschaftlichen Verbindungen in<br />
der Konzernspitze zahlreiche Menschen aus<br />
Bremen und anderen deutschen Landen zum<br />
Aufstieg und Erfolg des Hackfeldschen Unternehmens<br />
beigetragen haben. Sowohl deutsche<br />
Kaufleute, Handwerker und Landwirte haben<br />
ihren beruflichen Weg hier gemacht. Pfarrer<br />
und Lehrer aus Deutschland wurden gerufen,<br />
um in dem von Hackfeld und Isenberg gestifteten<br />
Gotteshauses zu predigen und in der Schule<br />
zu lernen.<br />
Johann Friedrich Hackfeld wurde auf Hawaiisch<br />
„Hakapila“ und Johann Diederich Pflüger<br />
wurde „Feluga“ genannt. Die Übersetzung von<br />
Paul Isenberg ist mir nicht bekannt.<br />
Und nun zur<br />
entscheidenden Enteignung<br />
Nach dem 1917 erfolgten Kriegseintritt der<br />
Vereinigten Staaten von Amerika fand die<br />
gesamte Geschäftsentwicklung ein jähes Ende.<br />
Durch Beschlagnahme der in deutschen Händen<br />
befindlichen Firmenanteile wurde der Verkauf<br />
an ein amerikanisches Wettbewerbsuntenehmen<br />
ermöglicht und gegen Ende des Krieges<br />
durchgesetzt. Johann Friedrich Hackfeld<br />
hat den Wandel nur aus der Ferne miterlebt,<br />
denn er befand sich bei Kriegsausbruch in<br />
Deutschland. Seine Frau Julita hielt sich mit den<br />
beiden Töchtern bereits seit dem Jahre 1900<br />
aus klimatischen und gesundheitlichen Gründen<br />
in Bremen auf. Wäre Johann Friedrich<br />
Hackfeld beim Umbruch in Honolulu gewesen,<br />
hätte er an dem Ergebnis gewiss nichts ändern<br />
können. Danach hat er Hawaii nie wieder betreten.<br />
Der Prozess um die Eigentumserklärung hat<br />
bis zum Beginn des 2. Weltkrieges gedauert,<br />
verlief für die früheren Eigentümer jedoch<br />
6 RUNDBLICK <strong>Frühjahr</strong> <strong>2018</strong>