Alnatura Magazin Juni 2018
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SLOW FOOD<br />
Entscheidungen für morgen<br />
Die Slow Food Youth Akademie wurde 2017 als interaktives Bildungsprogramm<br />
für junge Erwachsene zwischen 18 und 35 Jahren ins Leben<br />
gerufen. Ihr Ziel ist es, den Nachwuchs aus Lebensmittelbranche,<br />
Gastronomie, Ökologie und Vertrieb zu befähigen, verantwortungsvolle<br />
und souveräne Entschei dungen für unsere Ernährung zu treffen.<br />
Slow Food macht sich mit Bildungsprojekten<br />
und Veranstaltungen in über 170 Ländern<br />
dafür stark, die Art, wie wir Lebensmittel<br />
produzieren und konsumieren, zukunftsfähig<br />
zu gestalten. Ziel ist eine bäuerlich-ökologische<br />
Landwirtschaft, die Förderung des<br />
traditionellen Handwerks sowie Verbraucher,<br />
die Genuss und Verantwortung miteinander<br />
verbinden. Seit 1995 baut Slow Food Deutschland<br />
e. V. Kompetenz im Bereich Ernährung<br />
bei Jung und Alt auf. Werden Sie Mitglied<br />
und unterstützen Sie Slow Food dabei, seine<br />
Ziele zu verwirklichen. slowfood.de<br />
Am 23. März <strong>2018</strong> lernten sich<br />
die 25 jungen Erwachsenen des<br />
zweiten Jahrgangs der Slow<br />
Food Youth Akademie (SFY-Akademie)<br />
kennen. Begleitet wurden sie dabei von<br />
Vertretern von Slow Food Deutschland<br />
und der Heinz Sielmann Stiftung, Hauptförderer<br />
der Akademie. Sie setzten sich<br />
mit dem Grundlagenwissen von Slow<br />
Food auseinander und gingen der Frage<br />
»Was ist ein gutes Lebensmittel?« nach.<br />
Als Experten waren Anja Hradetzky,<br />
Landwirtin von »Die stolze Kuh«, einem<br />
kleinen bio- und Demeter-zertifizierten<br />
Ökohof in Stolzenhagen an der Oder, sowie<br />
Dr. Wilfried Bommert vom Institut für<br />
Welternährung dabei. Sie leiteten eine Diskussion<br />
zur regionalen und naturnahen<br />
Lebensmittelproduktion an. »Die Motivation<br />
der Teilnehmer war vom ersten<br />
Moment an spürbar. Während des gemeinsamen<br />
Kochens und der ›Tischgespräche‹<br />
blieb kein Zweifel, dass die Leidenschaft<br />
für gute Lebensmittel, regionaltypische<br />
Rezepte sowie die Neugierde und das kritische<br />
Auseinandersetzen mit gesellschaftlichen<br />
Entwicklungen die verbindenden<br />
Elemente der kommenden Monate sind«,<br />
schwärmt Elia Carceller, Koordinatorin<br />
der Akademie.<br />
Die kreative Denkfabrik<br />
Die 25 Frauen und Männer gehen an acht<br />
Wochenenden <strong>2018</strong> auf Tuchfühlung mit<br />
Erzeugung, Verarbeitung und Konsum<br />
unserer Grundnahrungsmittel. Sie treffen<br />
Landwirte, Bäcker, Fischer und Köche, die<br />
ihr Handwerk verstehen und erhalten<br />
möchten. Diese zeigen, wie Nahrungsmittelerzeugung<br />
fernab von Monotonie und<br />
Standardisierung funktioniert und ökonomisch<br />
ebenso wie ökologisch trägt.<br />
Gemeinsam wird Fisch filetiert, Gemüse<br />
fermentiert und Brot gebacken. Zu den<br />
Stationen gehören die Lotseninsel Schleimünde,<br />
wo Uwe Sturm seine Initiative<br />
»Fisch vom Kutter« vorstellt. Er sorgt für<br />
fangfrischen Fisch, der oft nur wenige<br />
Stunden vorher aus der Ostsee gezogen<br />
wurde, und verkauft ihn im Fischereihafen,<br />
in der Marina, am Strand. Aber ein Kutter<br />
ist kein Supermarkt mit Standardsortiment:<br />
Manchmal verhindert Sturm die Fangfahrt,<br />
herrscht Schonzeit für bestimmte<br />
Arten. Dann geht es für die Kunden zwar<br />
ohne den Wunschfisch, aber mit leckeren<br />
Alternativen nach Hause. In Kirchberg an<br />
der Jagst lernen die Akademieteilnehmer<br />
die Kuh von einer anderen Seite kennen:<br />
Nicht als vermeintlichen Klimakiller, sondern<br />
in ihrem Können und Wert für die Weidehaltung<br />
sowie für nahrhafte Erzeugnisse<br />
wie Rohmilch. Bei der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft<br />
Schwäbisch Hall geht es<br />
ums Schwein. Hier führt der Schlachter<br />
in sein Handwerk ein und in der Metzgerei<br />
wird gemeinsam gewurstet.<br />
Die Zusammenarbeit mit Experten<br />
verschiedener Fachrichtungen sowie kleinbis<br />
mittelständischen Unternehmen begleitet<br />
die Weiterbildung. Wie mache ich<br />
jungen Urbanisten Wildfleisch schmackhaft?<br />
Wie überzeuge ich Imker davon,<br />
faire Preise für ihr »flüssiges Gold« zu<br />
nehmen? Unternehmen und Organisationen<br />
auf der Suche nach innovativen Ideen,<br />
um Produktion, Vertrieb und Marketing<br />
zukunftsweisend umzugestalten und neue<br />
Zielgruppen zu erschließen, tun dies gemeinsam<br />
mit der SFY-Akademie. Sie formu<br />
lieren Fragestellungen, die von Kleingruppen<br />
im Laufe der Monate bearbeitet<br />
werden. »Die Förderung junger Menschen<br />
ist essenzieller Bestandteil unserer Vereinsarbeit.<br />
Sie sind die Entscheider von morgen<br />
und sollen ihr Wissen erweitern, Fragen<br />
stellen und ihre Handlungsspielräume<br />
nutzen. Sie werden zu ›Lobbyisten‹<br />
für biokulturelle Vielfalt, stoßen neue<br />
Allianzen und Initiativen an«, berichtet<br />
Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow<br />
Food Deutschland.<br />
Inés Lauber ist eine dieser Lobbyistinnen.<br />
Sie absolvierte die Akademie 2017<br />
und beschäftigt sich schon seit Langem<br />
leidenschaftlich mit Wildkräutern. Diese<br />
kleinen Pflänzchen strotzen vor Nähr- und<br />
Heilstoffen. Auch den jetzigen Akademieteilnehmern<br />
bietet sie dazu einen Workshop<br />
an. »Was mich dabei antreibt? Die<br />
Dankbarkeit für meine Erfahrungen während<br />
der Akademie. Ich habe mich weitergebildet<br />
und -entwickelt. Das bereichert<br />
mich bis heute in meinem Beruf als Food-<br />
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