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Die vorgezogenen Parlamentswahlen in der Ukraine 2007

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64 Heiko Ple<strong>in</strong>es (Hg.)<br />

<strong>Die</strong> labile Demokratie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ukra<strong>in</strong>e braucht und verdient die Unterstützung des Westens. Es gab e<strong>in</strong>en<br />

Aufbruch nach <strong>der</strong> Orangen Revolution. Dann ist er mit <strong>der</strong> verständlichen Enttäuschung über den orangen<br />

Nie<strong>der</strong>gang versickert. Wenn die Westeuropäer und die Amerikaner sich jetzt zu politischen Signalen für e<strong>in</strong>e<br />

demokratische Ukra<strong>in</strong>e durchr<strong>in</strong>gen könnten, würden sie dem Land und sich selbst e<strong>in</strong>en großen <strong>Die</strong>nst erweisen.<br />

E<strong>in</strong>e Politik <strong>der</strong> guten Nachbarschaft ist nicht genug.<br />

Im Zickzack gen Europa: Zur Rolle <strong>der</strong> jüngsten Wahlen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Nationalstaatsbildung und Demokratisierung <strong>der</strong> Ukra<strong>in</strong>e<br />

Dr. Andreas Umland, Nationale Taras-Schewtschenko-Universität Kiew<br />

<strong>Die</strong> ukra<strong>in</strong>ische Politik bleibt e<strong>in</strong>e Fundgrube für Journalisten, Kommentatoren und Politologen. Seit den Herbstereignissen<br />

vor drei Jahren wandelt sich die politische Landschaft <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ukra<strong>in</strong>e mit atemberauben<strong>der</strong> Geschw<strong>in</strong>digkeit.<br />

<strong>Die</strong> Konstellationen, Optionen und Positionen <strong>der</strong> Akteure wechseln <strong>in</strong> be<strong>in</strong>ahe monatlichem Rhythmus<br />

und s<strong>in</strong>d nur schwer vorauszusagen. Gestern noch war die Sozialistische Partei <strong>der</strong> »Königmacher« im Parlament;<br />

heute ist sie marg<strong>in</strong>alisiert und ihre Zukunft ungewiss. 2006 schien <strong>der</strong> ehemalige Präsidialamtschef und Parlamentspräsident<br />

Wolodimir Litw<strong>in</strong> se<strong>in</strong>e politische Karriere beendet zu haben; heute schaut man mit Spannung,<br />

welche Rolle er <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sechsten Werchowna Rada spielen wird. Vor e<strong>in</strong>igen Wochen schien klar, dass M<strong>in</strong>isterpräsident<br />

Viktor Janukowitsch <strong>der</strong> unumstrittene Führer und künftige Präsidentschaftskandidat <strong>der</strong> Partei <strong>der</strong> Regionen<br />

ist; <strong>in</strong> den letzten Tagen wird öff entlich über mögliche Alternativen zu ihm nachgedacht.<br />

Ich habe mich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen publizierten Prognosen bezüglich <strong>der</strong> politischen Entwicklung <strong>der</strong> Ukra<strong>in</strong>e geirrt.<br />

Mir schien Juschtschenkos Aufl ösung des Parlaments im Frühjahr <strong>2007</strong> e<strong>in</strong> zu riskanter Schritt zu se<strong>in</strong>, <strong>der</strong> se<strong>in</strong>en<br />

Opponenten e<strong>in</strong> ganzes Arsenal mehr o<strong>der</strong> m<strong>in</strong><strong>der</strong> eff ektiver Gegenstrategien zur Verfügung stellen würde<br />

(Konfrontation, Verweigerung, Sabotage, Eskalation, gerichtliche Klagen, etc.). Inzwischen hat sich herausgestellt,<br />

dass Juschtschenko den »richtigen Riecher« hatte, die Reaktion des blauen Lagers zutreff end prognostiziert<br />

hat und off enbar die Stimmung se<strong>in</strong>er Landsleute gut fühlt. Zwar schnitt die ihm nahestehende Partei<br />

»Unsere Ukra<strong>in</strong>e – Selbstverteidigung des Volkes« prozentual nur ger<strong>in</strong>gfügig besser ab als »Unsere Ukra<strong>in</strong>e«<br />

2006 bzw. verlor <strong>in</strong> absoluten Zahlen sogar Stimmen gegenüber dem Vorjahr. Trotzdem g<strong>in</strong>g das orange Lager<br />

<strong>in</strong>sgesamt als Sieger aus den Wahlen hervor – wenn auch mit so knappem Ergebnis, dass Zweifel an <strong>der</strong> politischen<br />

Überlebensfähigkeit <strong>der</strong> <strong>in</strong>zwischen dritten orangen Koalition, die sich dieser Tage bildet, aufkommen.<br />

Wie auch immer: Während vor e<strong>in</strong>em Jahr Juschtschenkos öff entliches Image zu verschwimmen schien, tritt<br />

er heute wie<strong>der</strong> klar als Staatsmann Nummer 1 <strong>der</strong> Ukra<strong>in</strong>e <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung.<br />

Aus me<strong>in</strong>er Sicht m<strong>in</strong>destens ebenso überraschend sowie für die Ukra<strong>in</strong>e noch wichtiger (und positiver) waren<br />

die Entwicklungen <strong>der</strong> letzten Monate im blauen Lager. Zum e<strong>in</strong>en hat Viktor Janukowitsch im Frühsommer<br />

dieses Jahres mit se<strong>in</strong>er beim Großteil se<strong>in</strong>er Anhänger unpopulären Zustimmung zu Neuwahlen als Mittel<br />

zur Lösung des politisch-verfassungsrechtlichen Patts e<strong>in</strong>en wichtigen Schritt <strong>in</strong> Richtung Demokratieakzeptanz<br />

getan. Freilich mag <strong>der</strong> H<strong>in</strong>tergrund von Janukowitschs »E<strong>in</strong>knicken« gewesen se<strong>in</strong>, dass <strong>der</strong> h<strong>in</strong>ter ihm<br />

stehende Clan von Achmetov und Co. e<strong>in</strong>en möglichen Bürgerkrieg für – aus betriebs- und volkswirtschaftlicher<br />

Sicht – unvorteilhaft e<strong>in</strong>geschätzt hat. Nichtsdestoweniger müssen sich die Entscheidungsträger im blauen<br />

Lager im klaren gewesen se<strong>in</strong>, dass mit diesen Neuwahlen e<strong>in</strong> Präzedenzfall geschaff en wird, <strong>der</strong> die von den<br />

Blauen auch nach <strong>der</strong> orangen Revolution bevorzugte Taktik e<strong>in</strong>er Manipulation des politischen Willensbildungsprozesses<br />

weiter entwertet. Zwar blieb den Blauen angesichts von Juschtschenkos »Alles o<strong>der</strong> Nichts«<br />

womöglich ke<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Wahl. Jedoch hat die Partei <strong>der</strong> Regionen <strong>in</strong> den Augen <strong>der</strong> Öff entlichkeit mit ihrer<br />

Zustimmung zu Neuwahlen <strong>in</strong> gewisser H<strong>in</strong>sicht die Rechtmäßigkeit von Juschtschenkos scharfer Reaktion<br />

auf die Machenschaften des Achmetow-Clans <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fünften Werchowna Rada anerkannt.<br />

Zum an<strong>der</strong>en haben die Neuwahlen als solche e<strong>in</strong>e erstaunlich positive, nämlich zentripetale Dynamik im<br />

Formierungsprozess des Spektrums <strong>der</strong> politischen Parteien ausgelöst. Während die para-revolutionären Ereignisse<br />

von 2004 – neben allen Verdiensten <strong>der</strong> »Revolutionäre« – auch geeignet waren, die Teilung des Landes<br />

<strong>in</strong> Ost und West zu vertiefen, hat <strong>der</strong> elektorale Wettbewerb das Land e<strong>in</strong>igende Entwicklungen beför<strong>der</strong>t.<br />

Nicht nur <strong>der</strong> Timoschenko-Block hat kräftig im ost- und südukra<strong>in</strong>ischen Kernland <strong>der</strong> Partei <strong>der</strong> Regionen<br />

gewil<strong>der</strong>t. Auch Janukowitsch kann <strong>2007</strong>, wenn auch nur kle<strong>in</strong>e, so doch durchgehende Verbesserungen sei-

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