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Die vorgezogenen Parlamentswahlen in der Ukraine 2007

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8 Heiko Ple<strong>in</strong>es (Hg.)<br />

lamentsopposition vergebenen Posten zu vergrößern und setzt sich für Regelungen e<strong>in</strong>, die Abgeordnete stärker<br />

an ihre Fraktion b<strong>in</strong>den. Um diese Än<strong>der</strong>ungen zu erreichen, muss sie mit <strong>der</strong> Regierungskoalition verhandeln.<br />

Um ihre Popularität hochzuhalten, muss sie gleichzeitig <strong>in</strong> <strong>der</strong> Öff entlichkeit präsent se<strong>in</strong>, um nicht<br />

durch den Konfl ikt zwischen Regierungskoalition und Präsident marg<strong>in</strong>alisiert zu werden.<br />

Der Austritt von Unsere Ukra<strong>in</strong>e aus <strong>der</strong> Regierung<br />

Der erste große Konfl ikt zwischen Regierungskoalition und Präsident eskalierte bereits gut e<strong>in</strong>en Monat nach<br />

<strong>der</strong> konsensualen Regierungsbildung. Bei se<strong>in</strong>em offi ziellen Besuch im NATO Hauptquartier <strong>in</strong> Brüssel erklärte<br />

M<strong>in</strong>isterpräsident Janukowitsch am 14. September 2006, dass die Ambitionen se<strong>in</strong>es Landes, noch 2006 dem<br />

NATO Aktionsplan beizutreten, verfrüht seien. Der Aktionsplan gilt allgeme<strong>in</strong> als Vorstufe <strong>der</strong> Mitgliedschaft.<br />

<strong>Die</strong> Erklärung von Janukowitsch löste <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ukra<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>e heftige politische Debatte aus. Außenm<strong>in</strong>ister Boris<br />

Tarasjuk erklärte öff entlich, dass Janukowitsch nicht die Kompetenz besäße, außenpolitische Aussagen für die<br />

Ukra<strong>in</strong>e zu formulieren. Er wurde dabei von Verteidigungsm<strong>in</strong>ister Anatoli Hryzenko unterstützt.<br />

Der Konfl ikt zeigte klar, dass M<strong>in</strong>isterpräsident Janukowitsch nicht gewillt war, <strong>in</strong>haltliche Zugeständnisse<br />

an die Regierungspartner von Unsere Ukra<strong>in</strong>e zu machen. Mit mehrfachen Ankündigungen und vielfachen<br />

Aufrufen zu neuen Verhandlungen rangen sich die fünf von Unsere Ukra<strong>in</strong>e direkt <strong>in</strong> die Regierung entsandten<br />

M<strong>in</strong>ister deshalb schließlich im Oktober zum Rücktritt durch. Innenm<strong>in</strong>ister Juri Luzenko zog se<strong>in</strong><br />

Rücktrittsgesuch jedoch auf Bitten von Präsident Juschtschenko wie<strong>der</strong> zurück.<br />

<strong>Die</strong> Generalstaatsanwaltschaft begann daraufh<strong>in</strong> Ermittlungen gegen Luzenko wegen belangloser <strong>Die</strong>nstvergehen,<br />

die später vor Gericht zu e<strong>in</strong>er symbolischen Geldstrafe führten, die aber als Korruptionsvorwürfe<br />

an die Massenmedien gegeben wurden. Das Parlament setzte hierzu medienwirksam e<strong>in</strong>en Untersuchungsausschuss<br />

e<strong>in</strong> und stimmte am 1.12.2006 für die Entlassung Luzenkos. Damit werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regierung nur<br />

noch Außen- und Verteidigungsm<strong>in</strong>ister nicht von <strong>der</strong> Regierungskoalition gestellt.<br />

Konfl iktfeld Außenpolitik<br />

Da Außen- und Verteidigungsm<strong>in</strong>ister vom Präsidenten ernannt werden, können sie e<strong>in</strong>e unabhängige L<strong>in</strong>ie<br />

verfolgen. Trotzdem gelang es <strong>der</strong> Regierungskoalition, sie zunehmend unter Druck zu setzen. Mit <strong>der</strong> Mehrheit<br />

<strong>der</strong> Regierungskoalition for<strong>der</strong>te das Parlament die beiden M<strong>in</strong>ister auf, zum 15.11. e<strong>in</strong>en Tätigkeitsbericht<br />

zu präsentieren. Bei <strong>der</strong> Präsentation <strong>der</strong> Berichte konnte sich das Parlament jedoch nicht auf e<strong>in</strong>e Stellungnahme<br />

e<strong>in</strong>igen.<br />

Am 29.11. eskalierte <strong>der</strong> Konfl ikt zwischen Janukowitsch und Tarasjuk dann erneut, als <strong>der</strong> M<strong>in</strong>isterpräsident<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er im Fernsehen übertragenen Regierungssitzung e<strong>in</strong> offi zielles Schreiben des Außenm<strong>in</strong>isteriums<br />

verlas, das ihn <strong>in</strong>formierte, dass se<strong>in</strong>e USA-Reise auf unbestimmte Zeit verschoben werden müsse, da er<br />

nicht um die Zustimmung des Präsidenten für e<strong>in</strong>e Regierungsverordnung zu den Zielen <strong>der</strong> Reise nachgesucht<br />

habe. In <strong>der</strong> Sitzung unterzeichnete Janukowitsch die Regierungsverordnung, die anschließend vom Präsidenten<br />

genehmigt wurde. Janukowitsch erklärte, dass er se<strong>in</strong>e Vorbehalte gegen den Außenm<strong>in</strong>ister schriftlich<br />

an das Parlament geben werde. Am 1.12. stimmte das Parlament dann mit den Stimmen <strong>der</strong> Regierungskoalition<br />

für die Entlassung von Außenm<strong>in</strong>ister Boris Tarasjuk. Präsident Juschtschenko erklärte jedoch, dass<br />

er die Entlassung nicht akzeptiere und Tarasjuk im Amt verbleiben solle.<br />

Tarasjuk wurde im Folgenden am Zugang zu Regierungssitzungen geh<strong>in</strong><strong>der</strong>t. Den Besuch Tarasjuks <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Tschechischen Republik am 15.1.<strong>2007</strong> bezeichnete die Regierung als »nicht autorisiert«. M<strong>in</strong>isterpräsident<br />

Viktor Janukowitsch for<strong>der</strong>te die Generalstaatsanwaltschaft auf, Maßnahmen gegen Tarasjuk zu ergreifen. Das<br />

Außenm<strong>in</strong>isterium erklärte h<strong>in</strong>gegen, dass die Reise Tarasjuks mit dem Präsidenten abgesprochen sei. Wie zur<br />

Bestätigung se<strong>in</strong>er Richtl<strong>in</strong>ienkompetenz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Außenpolitik entließ Präsident Juschtschenko e<strong>in</strong>e Woche später<br />

den ukra<strong>in</strong>ischen Botschafter <strong>in</strong> Österreich, da dieser auf E<strong>in</strong>ladung des Transportm<strong>in</strong>isters Mikola Rudkowskis<br />

Visa an zwei turkmenische Oppositionsführer vergeben hatte. Juschtschenko for<strong>der</strong>te die Entlassung<br />

Rudkowskis, da dieser sich unbefugt <strong>in</strong> die ukra<strong>in</strong>ische Außenpolitik e<strong>in</strong>gemischt habe.<br />

Am 30.1. trat Tarasjuk sichtlich genervt von se<strong>in</strong>em Amt zurück. Juschtschenko schlug daraufh<strong>in</strong> se<strong>in</strong>en<br />

Stellvertreter, Wolodimir Ohrisko, als Nachfolger vor. <strong>Die</strong>ser wurde jedoch am 22.2. nach Tumulten im Sitzungssaal<br />

vom Parlament abgelehnt. Um die Ernennung des neuen Außenm<strong>in</strong>isters entsteht damit vorerst<br />

e<strong>in</strong>e Pattsituation.

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