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Teil 5 Anhang - Stadt Arnstadt

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Da rief es wieder hervor aus der hell erleuchteten Grotte:<br />

„Dir sei es gewähret, kühner Wandrer!“<br />

Gebückt schritt nun Atahulf einen langen Gang hindurch nach dem Feuer zu. Groß und geräumig<br />

war die Höhle, auf hohen Sitz saß eine Jungfrau, scharfblickend wie Wöra, die allerforschende<br />

Göttinn, schön wie der Walkyren eine, die auf schnaubenden Flügelrossen<br />

einherziehn im Getümmel der Schlacht, durch ihren Zauberreiz die tapfern Helden begeisternd,<br />

daß sie den Schlachtentod nicht fürchten, und sie dann entführen in Walhallas<br />

Kampfspiele und Siegesmahle. Rund umher lagen um das Feuer und den Thron der Jungfau,<br />

Schädel und Knochen zu selsamen Bildern zusammengefügt, und in großen, im Fels<br />

eingehauenen Tafeln waren der Runenschrift wunderliche Zeichen gegraben. Leise murmelte<br />

Swinda Beschwörungen und Runensprüche, die Bilder im Kreise schienen sich zu regen,<br />

und die Flammen des Feuers neigten sich gegen sie. In einem Kessel, der über dem Feuer<br />

hing, rührte sie langsam; die Dampfwolken, die aus diesem in die Höhe stiegen, gestalteten<br />

sich wunderbar; regungslos starrte Atahulf bald die Drude, bald den Kessel an, da verstummte<br />

plötzlich das Brausen, heller loderte die Flamme empor, der Höhle weiten Raum<br />

erleuchtend. Von ihrem Sitz erhob sich Swinda, und mit Erstaunen sah Atahulf, daß sie ihm<br />

gleichkam an Größe; des blonden Haares wallende Ringellocken fielen weit an der ernsten,<br />

hohen Gestalt hinab, auf ihrem Haupte schimmerte eine Krone, und in der Hand hielt sie<br />

einen Löffel von Stein, mit welchem sie im Kessel gerührt hatte. Ein Wink von ihr gebot dem<br />

Riesen, in diesen zu schauen; er gehorchte; aber kaum hatte er einen Blick in den Zauberkessel<br />

geworfen, da schauderte er entsetzt zurück: einen blutigen Jünglich sah er mit zerschmettertem<br />

Haupte liegen, doch ehe er noch dessen Züge ins Auge fassen konnte, war er<br />

verschwunden.<br />

Ein anderes Bild stellte sich dem Erstaunten dar. Es war ein hohes schönes Schloß, das<br />

vom magischen Licht umflossen sich erhob; aber alsbald auch wieder in Trümmern zusammenfiel.<br />

Darauf sah er eines Sees rauschende Wogen dahinbrausen, ein zartes Frauenbild, aber<br />

blutbespritzt und mit wildzerstreuten Haaren, kämpfte mit den tobenden Wellen, und ehe er<br />

sich tiefer hinabbog, näher das zarte Bild zu erschauen, war sie hinabgesunken in die finstre<br />

Tiefe. Da ward es trübe, und die klare Flüssigkeit im Kessel schäumte und brauste wieder.<br />

Da öffnete Swinda die Corallenlippen und sprach, ernst zu dem Riesen gewandt: Atahulf, ich<br />

kenne Dich, Du aber wirst mich nimmer wiedersehn. Was Du erblicktest in diesem Zauberkessel,<br />

das wirst Du noch einmal in der Wirklichkeit sehen, und was Du nicht wirst, das wird<br />

in der Stunde Deines Todes geschehen; wenig nur darf die Seherin enthüllen. - Wir trennen<br />

uns jetzt, ich will Dir einen Führer geben, der Dich geleiten soll in Dein Haus, doch hüte Dich<br />

ihn zu erzürnen. -<br />

Unkoo! rief die Jungfrau, und aus dem Hintergrunde der Höhle kroch ein zwerghaftes Ungethüm,<br />

mit feuersprühenden Augen, das sich der Herrin zu Füßen legte, die ihm sanft mit<br />

dem Löffel über den zottigen Rücken fuhr, und unverständliche Worte, ein wenig zu ihm hinabgebeugt,<br />

leise murmelte, dann sich wieder zu Atahulf wendend, diesem den schweren<br />

Löffel, welchen sie, wie leichtes Holz, in kräftiger Rechte schwang, reichte, und dazu sprach:<br />

Nimm, was Dir die Rune bot,<br />

Hungliff heißt er: Riesentod;<br />

der beim Mahle dich erfreut,<br />

sich im Kampf als Waffe beut.<br />

Verwirrt über das alles stand Atahulf schweigend da. Er nahm den Löffel, jetzt öffnete er den<br />

Mund zum Dank, und zur Frage um nähere Auskunft, da verlosch das Feuer, die Jungfrau<br />

verschwand, düstres Grauen herrschte rings um ihn, nur Unkoos blitzende Augen; der jetzt<br />

voranzottelte, zeigten ihm den Ausgang der Höhle. Das Bärenhafte Gnomenwesen tappte<br />

immer fort; kein Stern, kein Mondenlicht erhellte die finstre cimmerische Nacht, denn ewige<br />

Nebel deckten zur grauen Hünenzeit den undurchdringlichen Urwald; schweigend folgte<br />

Atahulf, vergebens sich bemühend, den Rückweg zur Höhle zu merken. Die tiefen Spuren<br />

im Schnee, die sein Riesenfuß zurückließ, verwehte bald der furchtbar einherbrausende<br />

Sturmwind. Kein Ende nahm der mühsamen Pfad, dem Riesen schien es, als führe sein gespenstiger<br />

Führer ihn im Zickzack herum, um ihn zu äffen, bis der Morgen anbrechen würde;<br />

1829

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