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„Bauernbefreiung“ – eine kurze Einführung

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Ackermännern, Halbspännern (sic!) und Kötern unterschieden, letztere wurden erst<br />

160 Jahre später in Großköter und Kleinköter unterschieden. Ähnlich dürfte es im Amt<br />

Aerzen gewesen sein, wo die Klassifizierung vermutlich nach 1517 erfolgte, als „durch<br />

den großzügigen Ausbau der Domäne umfangreiche Spann- und Handdienste<br />

erforderlich wurden”. 68 Nicht anders sah es in Verden aus, wo 1534 zum ersten Mal die<br />

Unterscheidung in volle und halbe Höfe vollzogen wurde, wobei neben Hofteilungen<br />

auch der unterschiedliche Grad der Leistungsfähigkeit <strong>eine</strong> wichtige Rolle gespielt<br />

haben dürfte. Mit der Ausdehnung der Eigenbetriebe der Landesherren und adligfreier<br />

Gütern im weiteren Verlauf des Jahrhunderts fand ebenfalls <strong>eine</strong> Differenzierung<br />

der Hofklassen in Voll-, Halb- und Viertelspänner statt. 69 Skepsis gegen <strong>eine</strong> zu<br />

voreilige Zuordnung der Klassen zu Siedlungsschichten äußerte auch Maßberg für die<br />

Vogtei Groß-Denkte, der darauf verweist, dass viele Halbmeierhöfe ihre Bezeichnung<br />

erst dem Landtagsabschied von 1597 zu verdanken hatten. 70<br />

Die Klassenbezeichnungen des 18. Jahrhunderts spiegeln also nicht so sehr die<br />

Siedlungsgeschichte, sondern die Größenverhältnisse des 16. Jahrhunderts wider. Sie<br />

sollten aber selbst unter diesem Aspekt nicht überbewertet werden, da die mit der<br />

Einteilung beauftragten Amtmänner häufig willkürlich arbeiteten. 71 So konnte ein als<br />

Halbmeier eingestufter Hof entweder ein „kl<strong>eine</strong>r“ Meierhof, ein großer Kötner oder<br />

ein geteilter Vollmeierhof sein. Diese im 16. Jahrhundert schon unübersichtlichen<br />

Verhältnisse wurden durch die weitere Entwicklung nicht einfacher. Zu den<br />

Kleinkötnern gesellten sich seit Beginn des 16. Jahrhunderts die Brinksitzer, im 18.<br />

Jahrhundert die Straßensitzer, im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert die An- und<br />

Abbauer.<br />

Die im 16. Jahrhundert gefundene Klasseneinteilung wurde k<strong>eine</strong>r weiteren<br />

Überprüfung unterzogen, so dass im 18. Jahrhundert Halbmeier zuweilen weniger<br />

Land als Großkötner bewirtschafteten, obwohl diese nur Handdienste, jene aber die<br />

aufwendigen Spanndienste zu verrichten hatten. 72 „Die wahrscheinlichste Deutung ist,<br />

dass die Klassifikation der Höfe … nur einmal, und zwar zu Beginn der<br />

frühneuzeitlichen Rodungsperiode erfolgt ist”. 73<br />

Es gab also k<strong>eine</strong> einheitliche Abgrenzung der Hofklassen, sondern fließende<br />

Übergänge. Einige Beispiele sollen dies verdeutlichen.<br />

In den Fürstentümern Calenberg-Grubenhagen hatten zwar die Meier grundsätzlich<br />

mehr Landbesitz als die Kötner, dennoch war die größeren Kötnerhöfe kaum kl<strong>eine</strong>r<br />

als die kl<strong>eine</strong>ren Meierhöfe. Geringe Unterschiede bestanden auch zwischen den<br />

Brinksitzern und vielen Kleinkötnern.<br />

Im schaumburgischen Dorf Lindhorst ist bereits 1544 <strong>eine</strong> ganze Abfolge von<br />

Hofgrößen zu erkennen, die vom Hof mit 70 Morgen Land zum Einmorgen-Betrieb<br />

reicht. 74 Dort bewirtschafteten die 13 größten Betriebe insgesamt 480 Morgen, die 12<br />

kleinsten aber nur 90 Morgen.<br />

Eine Auswertung registerförmiger Quellen in den Dörfern östlich von Hannover<br />

zeigt sehr unterschiedliche Muster in der Verteilung der Hofklassen: neben Dörfern<br />

68 MARTEN (1965), 84.<br />

69 VOIGT (1962), 149.<br />

70 MASSBERG (1930), 41.<br />

71 KÜCHENTHAL (1965), 155 f; MARTEN (1965), 88 f.<br />

72 Schneider (1983), 30-39, 106.<br />

73 [=1400 - Marten 1965 Die Entwicklung der ...=], 84. Siehe auch Pröve, Dorf, 13-17.<br />

74 ROTHE (1998), 66 f. Beleg bezieht sich auf die alte Version!<br />

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