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„Bauernbefreiung“ – eine kurze Einführung

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Verkoppelung erreicht wird. 1792 schließlich gelingt die Verkoppelung der Feldmark<br />

Strachau. Bezeichnend für diese frühen Reformen ist, dass in den meisten Fällen die<br />

landesherrlichen Vorwerke mit einbezogen wurden.<br />

Die Bilanz zweier Jahrzehnte war enttäuschend: Weder bei den Verkoppelungen<br />

noch den Gemeinheitsteilungen konnten große Erfolge erzielt werde. So wurden<br />

zwischen 1775 und 1796 im gesamten Kurfürstentum lediglich 36 Teilungen ermittelt,<br />

weshalb <strong>eine</strong> Kommission eingesetzt wurde, die <strong>eine</strong> Gemeinheitsteilungsordnung für<br />

das Fürstentum Lüneburg entwarf. 116<br />

Der Versuch, auf freiwilliger Basis ohne ein differenziertes gesetzliches<br />

Instrumentarium zu <strong>eine</strong>r umfassenden Neugestaltung der Landwirtschaft zu gelangen,<br />

scheiterte im Gegensatz zu Holstein in Hannover. Die Verzögerungen waren die Folge<br />

mehrerer Faktoren. So erschwerte die Vielzahl der sich überlagernden Nutzungsrechte<br />

<strong>eine</strong> gütliche Einigung zwischen den Beteiligten vor allem dann, wenn seitens der<br />

Verwaltung k<strong>eine</strong> kompetenten Fachleute zur Verfügung standen. Hinzu kamen speziell<br />

die Schäfereirechte, die in Lüneburg wie auch in anderen Regionen zu <strong>eine</strong>r Blockade<br />

von Gemeinheitsteilungen und Verkoppelungen führen konnten. Teilweise verbot sich<br />

<strong>eine</strong> Teilreform auch deshalb, weil die naturräumlichen Voraussetzungen ungeeignet<br />

waren und nur <strong>eine</strong> umfassende Maßnahme sinnvoll war. Schließlich konnten die<br />

Kosten retardierend wirken, weshalb die Kammer im Herzogtum Lauenburg auch alle<br />

Kosten, im Fürstentum Lüneburg zumindest die Vermessungskosten übernommen<br />

hatte. 117 Problematisch dürfte aber letztlich das gesamte Verfahren gewesen sein, denn<br />

bei dem Fehlen bäuerlich-ländlicher Aktivitäten, die gezielt und gut wie in Schleswig-<br />

Holstein organisiert das Verfahren vorantrieben, ließ sich mit dem fallweisen Vorgehen<br />

ohne ausgebildete Verwaltungsbeamte, ohne <strong>eine</strong>n entsprechenden Apparat und ohne<br />

detaillierte Verfahrensvorschriften relativ wenig ausrichten.<br />

2. Nachholende Modernisierung?<br />

Der 30jährige Krieg und die ihm folgenden Kriege hatten tiefe Wunden besonders im<br />

mittleren Europa geschlagen. Städte und Dörfer waren menschenleer, Häuser und<br />

Höfe standen verlassen, die Menschen waren vertrieben oder auf der Flucht vor dem<br />

Krieg aus ihrer Heimat verschwunden, waren verarmt und bettelten. Dennoch gelang<br />

es in vergleichsweise <strong>kurze</strong>r Zeit, die Verluste und Schäden des Krieges auszugleichen,<br />

so dass spätestens um 1750 die Einwohnerzahlen wieder über denen vor 1618 lagen. 118<br />

Der Westfälische Frieden hatte zu <strong>eine</strong>r weiteren Aufwertung der deutschen<br />

Territorialstaaten geführt und deren Handlungsmöglichkeiten erweitert. Maßnahmen<br />

zur Verbesserung, Vereinheitlichung und Modernisierung der Verwaltung waren<br />

notwendig, um die inzwischen ausgedehnten landesherrlichen und staatlichen<br />

Aktivitäten zu finanzieren. Besonders in zwei Bereichen, der Hofhaltung und dem<br />

Militärwesen, hatten der Krieg und die Nachkriegszeit <strong>eine</strong>n erheblichen Handlungs-<br />

und Finanzbedarf geweckt. 119 Das war insofern nichts Neues, als schon im<br />

16. Jahrhundert der Landesherr die Landstände um Geld bitten musste. Seit dem<br />

17. Jahrhundert war er bemüht, s<strong>eine</strong> Finanzen möglichst ohne ständische Mitsprache<br />

zu organisieren, weshalb die ständische Rechte beschnitten und neue Steuern, wie die<br />

116 WRASE (1973), S. 43.<br />

117 WRASE (1973), S. 48 f.<br />

118 PRESS (1991), 270.<br />

119 Siehe hierzu jetzt WINNIGE (1996).<br />

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