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„Bauernbefreiung“ – eine kurze Einführung

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werden. 284 Nicht der Übergang von naturalen und domanialen Einnahmen zu solchen<br />

monetärer und steuerlicher Art kennzeichnen die Entwicklung zwischen dem 16. und<br />

dem 18. Jahrhundert, sondern die zunehmende Erfassung sämtlicher Leistungen durch<br />

den Staat. Kersten Krüger schreibt zu den Auswirkungen der territorialen Politik in<br />

dieser Jahrhundert:<br />

„Sie [die Politik] macht sich geltend als <strong>eine</strong> von Jahrzehnt zu Jahrzehnt zunehmende Erfassung der<br />

grundherrlichen und gerichtsherrlichen Einnahmequellen, als stetig anwachsende Anspannung der<br />

Leistungen für den Staat …“ 285<br />

Schon Werner Wittich hat auf die durchaus erkennbaren Entwicklungsprozesse der<br />

nordwestdeutschen Agrarverfassung hingewiesen. Anfang des 18. Jahrhunderts musste<br />

der Staat eingreifen, um Versuche der Grundherren, Zinserhöhungen durchzusetzen,<br />

zu verhindern. 286 Andererseits erhielten die Grundherren in Calenberg ab 1719 wieder<br />

erweiterte Verfügungsrechte über ihre Bauernhöfe. Auflösungstendenzen gab es<br />

besonders in den den Grafschaften Hoya-Diepholz und dem Herzogtum Bremen-<br />

Verden, wo reiche, mit Diensten und Abgaben nicht übermäßig belastete Bauern sich<br />

zunehmend von ihren Gutsherren freikauften. 287 Eine 1766 erlassene Verordnung<br />

blockierte <strong>eine</strong> weitere Lösung der Höfe aus der Grundherrschaft und schrieb die<br />

bisherigen Eingriffs- und Kontrollrechte fest. 288 Die Auflösungstendenzen im Stift<br />

Verden gingen immerhin so weit, dass Bauern sogar ganze Güter aufkauften. 289<br />

In ihrem regionalen und territorialen Wechselspiel glich die nordwestdeutsche<br />

Agrarverfassung <strong>eine</strong>m zeitlich wie räumlich variierendem Muster. Hervorzuheben ist<br />

die Trennung in westlich der Weser gelegene Gebiete mit Eigenbehörigkeit und in<br />

östliche ohne persönliche Abhängigkeitsbeziehungen. 290 Zusammenfassend lassen sich<br />

folgende Elemente der „nordwestdeutschen Agrarverfassung” benennen:<br />

• die Vielzahl der feudalen Herrschaftsrechte über die Bauern,<br />

• die Aufteilung dieser Rechte auf mehrere Personen bzw. Einrichtungen,<br />

• die relative Sicherheit der Bauern vor willkürlichen Eingriffen der einzelnen<br />

Herrschaftsträger,<br />

• der geringe Grad der Verfügungsgewalt, den die Bauern über „ihren” Boden hatten,<br />

• die dominierende Stellung der Landesherrschaft.<br />

284 BUCHHOLZ (1996), 17.<br />

285 KRÜGER (1980), 45.<br />

286 WITTICH (1896), 409 f.<br />

287 WITTICH (1896), 411 f; HESSE (1900), 133.<br />

288 WITTICH (1896), 412; HESSE (1900), 116f.<br />

289 HESSE (1900), 133.<br />

290 Weitgehend, aber nicht völlig: siehe die Beispiele Schaumburg-Lippe und Stift Loccum<br />

EGGERS (1994).<br />

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