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„Bauernbefreiung“ – eine kurze Einführung

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Zadrauer Heide und Kiemen hinaus nach der Hohen Lucii. Denn Plaggenhieb haben sie nicht. Diese<br />

Weide hat hohe und niedrige Stellen, guten Boden und ist durch die Abwässerung beinahe Marschweide<br />

geworden. Demnechst so hat diese Dorfschaft noch <strong>eine</strong> privative Marsch- oder Pflingstweide, nebst Pferde-<br />

Nacht-Koppel beim Dorfe belegen, so sie vom Meytag an bis das die Wiesen loos sind mit ihren Pferden<br />

und Hornvieh in der Woche einige mahl des Tages über 1/2 Tag behüten.“ 116<br />

Die Gemeinden verfügten also nicht immer ausschließlich allein („privative“) über die<br />

genutzten Gemeinheitsflächen, sondern häufig in Gemeinschaft („in communion“) mit<br />

anderen benachbarten Dörfern. Besonders um die kl<strong>eine</strong>n Landstädte konnte ein<br />

Kranz von Dörfern liegen, die mit der Stadt gemeinsame Huderechte hatten, wie im<br />

Falle der Stadt Dannenberg, die 1797 ihre Gemeinweiden mit insgesamt 18<br />

umliegenden Dörfern teilte. 117 Bei der Ausweitung der Nutzung dieser Flächen durch<br />

Anbauer und <strong>eine</strong> Vergrößerung des Viehstapels waren Konflikte zwischen den<br />

Kommunen kaum zu vermeiden. Angesichts der differenzierten und teilweise nur<br />

durch die Überlieferung, das „Herkommen“, abgesicherten Rechte, die sich zudem<br />

nach den Nutzungsformen unterschieden, waren Konfliktlösungen häufig mit<br />

langwierigen Prozessen verbunden. 118<br />

e) Die Nicht-Landbesitzenden<br />

Die Voll- und Halbmeier, Kötner und zuweilen die Brinksitzer bildeten als<br />

„Reihestellen” die bäuerliche Gemeinde. 119 Mit der Zugehörigkeit zur Gemeinde waren<br />

wichtige Rechte verbunden, wie das auf die Nutzung der Gemeinheiten.<br />

Gemeindemitglieder war auch verpflichtet, sich an den Ausgaben der Gemeinde zu<br />

beteiligen und öffentliche Arbeiten zusammen mit den anderen Gemeindegenossen zu<br />

übernehmen. Neben der Gemeinde standen mit steigender Bevölkerungszahl immer<br />

mehr Nicht-Gemeindemitglieder. Die Gruppe dieser Dorfbewohner war in sich sehr<br />

uneinheitlich. Zu ihr gehörten die An- und Abbauer des 18. und frühen 19.<br />

Jahrhunderts, die nur über ein kl<strong>eine</strong>s Haus verfügten, ebenso wie die Einlieger,<br />

Häuslinge oder die Heuerleute in Osnabrück, die alle bei anderen Hausbesitzern zur<br />

Miete wohnten, und natürlich das Gesinde. „Die unterbäuerliche Klasse war<br />

heterogener als die bäuerliche Klasse, da die differenzierenden Merkmale<br />

Parzellenbesitz, lokale Verwandtschaft und Einkommensunterschiede ökonomisch und<br />

sozial weit folgenreicher waren als die Besitzunterschiede innerhalb der<br />

Bauernklasse.“ 120<br />

Ein Blick allein auf die Hausstellen, also die hausbesitzende Bevölkerung, ist jedoch<br />

unvollständig, da innerhalb der Dörfer <strong>eine</strong> große Zahl von Menschen lebte, die über<br />

k<strong>eine</strong>n Hausbesitz, und sei er mit noch so wenig Land ausgestattet, verfügten. Franz<br />

zählte insgesamt 73.086 zu den Höfen gehörende Menschen, einschließlich 4767<br />

Leibzüchtern und 36868 Kindern. 121 Dem standen 5440 Einlieger gegenüber, die auf<br />

116 NHStAH Hann 74 Dannenberg Nr. 3221.<br />

117 Ebd.<br />

118<br />

PRASS (1997a), 98-103; SCHNEIDER (1995a).<br />

119 Allgemein dazu als neuere Darstellung WUNDER (1986); HAUPTMEYER (1988), neuester<br />

Forschungsüberblick: BLICKLE (1998).<br />

120<br />

MOOSER (1984), 206.<br />

121<br />

FRANZ (1974), S. 232. Die Angaben wirken nicht ganz eindeutig, so ist von 1606<br />

Haushalten die Rede, die ausgewertet wurden, was nicht stimmen kann, unklar ist auch, ob<br />

die gezählten 36.868 Kinder nur der hausbesitzenden Bevölkerung zugerechnet werden<br />

können, da bei den Einliegern k<strong>eine</strong> Kinder genannt wurden.<br />

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