RegioBusiness Nr. 193 - 07/2018
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26 Wohnen & Einrichten<br />
Juli <strong>2018</strong> I Jahrgang 17 I <strong>Nr</strong>. <strong>193</strong><br />
Was Arbeitnehmer wirklich wollen<br />
Büroarbeitsplätze: Forsa-Studie zeigt die Sicht der Beschäftigten auf die Ausstattung in den Unternehmen.<br />
Der Industrieverband Büro<br />
und Arbeitswelt e. V. (IBA)<br />
ließ die Bedürfnisse der Arbeitnehmer<br />
abfragen - mit guten<br />
Ergebnissen: Rund 78 Prozent der<br />
Befragten sind mit der Ausstattung<br />
und Einrichtung ihres Arbeitsplatzes<br />
zufrieden. Besonders zufrieden<br />
sind die Altersgruppe der 35-<br />
bis 49-Jährigen sowie Mitarbeiter<br />
Einzelbüros. Gerade diese laufen<br />
aber Gefahr, von der Entwicklung<br />
der Arbeitswelt abgehängt zu werden.<br />
Während insgesamt wenigstens<br />
36 Prozent der Arbeitnehmer<br />
angaben, dass ihr Arbeitsumfeld,<br />
also der eigene Arbeitsplatz oder<br />
die zusätzlich zur Verfügung stehenden<br />
Räumlichkeiten, an die<br />
veränderten Anforderungen moderner<br />
Büroarbeit angepasst wurden,<br />
konnten unter den Inhabern<br />
von Einzelbüros nur noch 29 Prozent<br />
von entsprechenden Veränderungen<br />
berichten.<br />
Dynamischer Wandel<br />
der Anforderungen<br />
Unabhängig von der Raumform<br />
zeigen die Befragungsergebnisse<br />
sowohl grundsätzlichen Nachholbedarf<br />
als auch neue Anforderungen<br />
hinsichtlich der durch „New<br />
Work“ geprägten Büroarbeitsplätze.<br />
So gibt nach wie vor fast jeder<br />
fünfte Büroarbeitnehmer an,<br />
keinen adäquaten Bürostuhl zu haben.<br />
Ähnlich hoch ist die Bedeutung<br />
angenehmer Temperaturen.<br />
Hier sehen sogar knapp 40 Prozent<br />
noch deutlichen Verbesserungsbedarf.<br />
Doch auch in den Bereichen, die<br />
Kennzeichen der „New Work“<br />
sind, gibt es große Diskrepanzen<br />
zwischen Wunsch und Wirklichkeit.<br />
So fehlen bei fast 60 Prozent<br />
der Büroarbeitnehmer Rückzugsbereiche,<br />
obwohl diese für vier<br />
von fünf Befragten wichtig oder<br />
sehr wichtig sind. Ein niedriger<br />
Geräuschpegel lässt sich immerhin<br />
bei rund 60 Prozent der Büroarbeitsplätze<br />
einhalten. Die Zahl<br />
kommt allerdings nur zustande,<br />
weil viele Arbeitnehmer in Einund<br />
Zweipersonenbüros arbeiten.<br />
Schon ab drei Personen in einem<br />
Büro sinkt die Zufriedenheit deutlich<br />
ab. Dabei gehört ein niedriger<br />
Geräuschpegel für fast alle Beschäftigten<br />
zu den unabdingbaren<br />
Merkmalen guter Arbeitsplatzgestaltung.<br />
Ähnlich sieht es mit ansprechenden<br />
Kommunikations- und Pausenbereichen<br />
aus – zwei Drittel<br />
der Beschäftigten wünschen sich<br />
diese, weniger als der Hälfte stehen<br />
sie zur Verfügung. Dabei stellt<br />
der Wandel der Arbeit gerade hier<br />
besonders hohe Anforderungen.<br />
Nach Berechnungen des IBA entfallen<br />
derzeit 42 Prozent der Arbeitszeit<br />
auf kommunikative Tätigkeiten<br />
in Form von Netzwerken<br />
oder Projekt- und Teamarbeit.<br />
Ein weiteres Thema der Studie<br />
war, welcher Einrichtungsstil den<br />
größten Wohlfühleffekt bietet.<br />
Blickt man beispielsweise ins amerikanische<br />
Silicon Valley, sind der<br />
Kreativität dort fast keine Grenzen<br />
gesetzt. Viele Büros der großen<br />
Stressfaktor: Hohe Temperatur im Büro ist ein Effizienzkiller.<br />
Wohlfühlatmosphäre: Hippes Ambiente ist bei deutschen Arbeitnehmern weniger beliebt als zum Beispiel im Silicon Valley.<br />
Technologieunternehmen zeichnen<br />
sich durch eine ausgeprägte<br />
Wohlfühl-Atmosphäre aus und erinnern<br />
oftmals an WG-Küchen<br />
oder Spielzimmer. Die aktuelle<br />
Forsa-Studie des IBA zeigt demgegenüber,<br />
dass fast drei Viertel der<br />
Bürobeschäftigten in Deutschland<br />
ein eher praktisch und funktional<br />
eingerichtetes Arbeitsumfeld bevorzugen.<br />
Ein vor allem modernes<br />
oder eher gemütliches Ambiente<br />
wünschen sich dagegen in erster<br />
Linie die unter 35-jährigen Befragten.<br />
Wohlfühlen, Produktivität<br />
und Loyalität<br />
Bereits 2014 hatte das Fraunhofer<br />
Institut für Arbeitswirtschaft und<br />
Organisation (IAO) im Rahmen<br />
der Studie „Office Settings“ ermittelt,<br />
dass es einen starken Zusammenhang<br />
zwischen der Zufriedenheit<br />
mit der Büroumgebung und<br />
dem Wohlbefinden, der Motivation<br />
sowie der Identifikation mit<br />
dem Unternehmen gibt. Wie wichtig<br />
die Büroqualität auch bei der<br />
Personalsuche ist, hatte bereits<br />
die IBA-/bso-Studie 2013/14 gezeigt.<br />
Für 62 Prozent der Befragten<br />
war ein attraktiv ausgestatteter<br />
Arbeitsplatz ein wichtiges Auswahlkriterium<br />
im Rahmen der Jobsuche.<br />
Und auch das Ergebnis der<br />
aktuellen IBA-Studie verdeutlicht:<br />
Unternehmen, die in die Arbeitsumgebung<br />
ihrer Mitarbeiter investieren,<br />
können von zufriedeneren<br />
und leistungsfähigeren Mitarbeitern<br />
profitieren. So sind sich vier<br />
von fünf Arbeitnehmern (78 Prozent)<br />
sicher, dass das Wohlbefinden<br />
am Arbeitsplatz ihre Produktivität<br />
direkt beeinflusst, fast alle Übrigen<br />
(21 Prozent) halten dies zumindest<br />
für möglich. Noch höhere<br />
Zufriedenheitswerte wären<br />
vermutlich zu erzielen, wenn<br />
mehr Beschäftigte ein Mitspracherecht<br />
bei der Gestaltung ihrer Büros<br />
hätten. Zwar haben knapp<br />
zwei Drittel der Arbeitnehmer die<br />
Möglichkeit, ihren Arbeitsplatz individuell<br />
zu gestalten und zu dekorieren,<br />
an der Auswahl von<br />
Schreibtischen (24 Prozent) und<br />
Bürostühlen (36 Prozent) wird<br />
aber nur eine Minderheit beteiligt.<br />
Auch bei der technischen Ausstattung<br />
ist der Einfluss der Beschäftigten<br />
gering (31 Prozent).<br />
Hier zeigt sich vielleicht der tiefste<br />
Kulturunterschied zwischen deutschen<br />
Unternehmen und dem Silicon<br />
Valley. Zu den Eindrücken im<br />
Rahmen ihrer letzten Besuche dortiger<br />
Unternehmen befragt, berichtete<br />
die Trendexpertin Birgit Gebhardt<br />
in einem Interview mit dem<br />
IBA von Automaten, aus denen<br />
sich die Beschäftigten bei Bedarf<br />
neue Laptops, Tastaturen und andere<br />
IT-Ausstattungen ziehen können.<br />
Ihr Eindruck, dass diesbezüglich<br />
in deutschen Unternehmen<br />
noch eher Zuteilung vorherrscht,<br />
wird durch die jetzt vorliegenden<br />
Befragungsergebnisse gestützt.<br />
Fast gänzlich dem Einfluss der Beschäftigten<br />
entzogen, scheint auch<br />
die Gestaltung von Pausen- und<br />
Besprechungsbereichen zu sein.<br />
Zu diesen berichteten nur 15 Prozent<br />
von einem Mitspracherecht.<br />
Insgesamt ziehen die Experten<br />
des IBA ein positives Fazit aus den<br />
Befragungsergebnissen. Ein bisschen<br />
mehr Mut zu neuen Wegen<br />
bei der Arbeitsplatzgestaltung und<br />
mehr Dynamik bei der Umsetzung<br />
wäre aus Sicht der Studienmacher<br />
aber durchaus angebracht. pm<br />
www.iba.online<br />
Fotos: NPG-Archiv<br />
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