MEDIAkompakt_MK_24
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SOCIETY<br />
mediakompakt<br />
Digitalisierung trifft Kirche<br />
Die digitale Transformation findet in vielen Bereichen des Lebens statt und beeinflusst uns<br />
vielfach. Orte, um aus dem gewohnten Alltag zu entfliehen, werden daher<br />
immer wichtiger. Welche Zuflucht bietet die Kirche?<br />
VON CLAUDIA SEIBERT<br />
Religion bringt Menschen zusammen<br />
und stiftet Gemeinschaft. Gläubige<br />
versammeln sich, um Messe zu feiern<br />
oder einfach beisammen zu sein.<br />
Solche persönlichen Begegnungen<br />
können aber nicht online stattfinden, das ist dem<br />
schnelllebigen Menschen jedoch zu unflexibel.<br />
Da bei helfen Auszeiten, dem Stress zu ent -<br />
kommen. Die Kirche bildet einen Gegensatz zum<br />
hek tischen Alltag, der durch moderne Kom -<br />
munikation und ständige Verfügbarkeit<br />
anstrengend geworden ist.<br />
Alles das sind Anzeichen einer großen,<br />
umfassenden Transformation: der Digitalisierung.<br />
Sie hat das Leben in nahezu allen Bereichen ver -<br />
ändert, zum Teilauf den Kopf gestellt und doch<br />
gibt es unberührt gebliebene Stellen. Die Kirche<br />
stellte lang einen Gegenpol zur Modernen dar,<br />
aber auch dort sind heute digitale Themen zu fin -<br />
den. Ein Internetauftritt und die Präsenz in sozia -<br />
len Netzwerken sind gang und gäbe. Viele<br />
Stimmen sind bereits der Meinung, es finde eine<br />
Art Medienreformation statt. Wie bei Martin Lut -<br />
her vor 500 Jahren.<br />
Die meisten Seelsorgeeinheiten haben mittler -<br />
weile eine Webseite, auf der sie sich präsentieren,<br />
etwa, um Termine oder Uhrzeiten für Gottes -<br />
dienste mitzuteilen. Auch die Jugendarbeit nutzt<br />
die sozialen Netzwerke. Über WhatsApp gibt es<br />
einen Gruppenchat für die Fastenzeit über den<br />
man Gedanken und Gebete miteinander teilen<br />
kann. Selbst der Papst hat einen eigenen Account<br />
auf Twitter und nimmt Stellung zu aktuellen<br />
Themen.<br />
Doch wie weit wird die Kirche in punkto Digi -<br />
ta lisierung mitziehen? Geht sie über das bisherige<br />
Maß hinaus? Öffnet sie sich sogar dem Gedanken<br />
einer virtuellen Messe? Messen sind ja über<br />
Fernsehen, Radio und Internet bereits live oder<br />
per Aufzeichnung zu erleben. Der päpstliche<br />
Segen an Ostern, der „Urbi et Orbi“ ist sogar auf<br />
diese Weise empfänglich und gilt für alle, die ihn<br />
über eines der Medien wahrnehmen. Momentan<br />
gilt dies nur für diesen speziellen Fall, aber viel -<br />
leicht kann künftig jeder Segen so empfangen<br />
wer den.<br />
Die Kirche hat den Wandel der Gesellschaft<br />
verstanden. Allerdings haben viele religiöse<br />
Themen noch immer eine starke Bedeutung. „Die<br />
Frage nach dem Sinn des Lebens, der Bedarf nach<br />
ge meinsam geteilten Werten, die Sehnsucht<br />
innerer Ruhe und das Einüben von Ritualen sind<br />
Zei chen das auch die jüngere Generation noch<br />
durchaus religiös ist“, erläutert Fabian Melchien.<br />
Er ist Gemeindereferent der Seelsorgeeinheit<br />
Allerheiligen in Karlsruhe. Die Kirche wird die<br />
Digitalisierung hoffentlich für sich einsetzen und<br />
dennoch ihre Werte nicht verändern.<br />
Das Internet kann helfen, verlorenen<br />
Menschen einen Platz zu geben und sie auf das<br />
Angebot der Hilfe und Gemeinschaft aufmerksam<br />
zu machen. Die digitale Welt kann die Kirche er -<br />
weitern und optimieren, sie muss nur auf die rich -<br />
tige Art genutzt werden. Tobia Luck, ehren -<br />
amtliche Dekanatsleiterin des BDKJ Karlsruhe,<br />
bringt es auf den Punkt: „Die Kirche kann die<br />
Foto: Unsplash<br />
Digitalisierung nutzen, um in allen Lebenswelten<br />
der Menschen präsent zu sein. Und vielleicht<br />
kann man so Menschen erreichen, die nicht von<br />
sich aus einen Gottesdienst besuchen würden.“<br />
Die Digitalisierung findet also bei Christen An -<br />
klang. Es hängt jedoch von jeder Gemeinde und<br />
je dem Menschen selbst ab, inwieweit Digi -<br />
talisierung genutzt wird. Die Kirche kann einen<br />
ru higen Pol in der Hektik des Alltags und somit ei -<br />
nen Zufluchtsort für alle darstellen – und dennoch<br />
digital auf der Höhe der Zeit sein.