Powerpoint- Präsentationen
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Präsentation und Gesellschaft<br />
worden wäre. Was bedeutet es denn, dass man die Folien von <strong>Powerpoint</strong>-<br />
<strong>Präsentationen</strong>, die als Performanzen ebenso flüchtig sind wie alle anderen<br />
Formen des mündlichen Vortrags, ins Netz stellen, als Handouts kopieren<br />
oder in Sitzungen mitnehmen kann und sie sogar mittlerweile in zahlreichen<br />
Geschäftsbereichen den Statuts legitimer Schriftstücke errungen haben – sie<br />
also als Dokumente die Situation »überleben«?<br />
Zweifellos waren Dokumentationen von Vortragsaktivitäten auch schon früher<br />
möglich und üblich, zunächst mithilfe stenographischer Mitschriften,<br />
später als Tonbandaufzeichnungen. In Form von ›Minutes‹ in Wirtschaftsunternehmen,<br />
als Sitzungsprotokolle von parlamentarischen Gremien oder als<br />
Berichte in Kongress- und Tagungsbänden wissenschaftlicher Vereinigungen<br />
bilden diese Vertextlichungen eigenständige Schriftgattungen aus, deren Herstellung<br />
allerdings aufwändiger technischer Apparate oder Fertigkeiten bedurfte<br />
und die zudem von der Vortragsaktivität abgetrennt war. Das Erlernen der<br />
Kurzschrift ist vom Halten von Vorträgen vollkommen unabhängig. Zudem<br />
sind diese Aktivitäten auf verschiedene Personen aufgeteilt – Vortragende<br />
stenographieren in der Regel ihre Vorträge nicht selbst mit. Das gilt auch für<br />
die redaktionelle Nachbearbeitung von Vorträgen zum Zwecke ihrer Veröffentlichung.<br />
Bei <strong>Powerpoint</strong> sind diese durchaus verschiedenen Kommunikationsabkömmlinge<br />
jedoch an das eine Instrument zurückgebunden, das in der<br />
Software vorliegt und am eigenen Computer bearbeitet werden kann. Das<br />
befördert nicht nur eine wesentlich deutlichere Zentralisierung, sondern führt<br />
es mit sich, dass Vortragende zugleich für eine Reihe von Aufgaben mitzuständig<br />
werden, die mit der eigentlichen Vortragstätigkeit als performativem Akt<br />
nichts oder nur sehr vermittelt zu tun haben (Foliengestaltung, Pdf-Erstellung<br />
zum Versand, Umarbeiten in einen Foliensatz, Einstellen ins Internet etc.).<br />
<strong>Powerpoint</strong> scheint hier einer Tendenz zu folgen, die ähnlich in der allgemeinen<br />
technologischen Entwicklung zu beobachten ist und eine deutliche Verbindung<br />
zur Individualisierung als Prozess der Deinstitutionalisierung und<br />
funktionalen Entdifferenzierung aufweist.<br />
Diese Brückenfunktion zwischen Performanz und Dokument und die darin<br />
zum Ausdruck kommende Anpassungsfähigkeit und Wandlungsfähigkeit der<br />
Präsentation als Form an verschiedene Kontexte ist an sich schon eine eigene<br />
»evolutionäre« Leistung dieser Kommunikationsgattung. Welche andere<br />
Kommunikationsform kann sich schon genauso chamäleongleich zwischen<br />
Performanz und Dokument bewegen oder recht schnell rezipiert werden –<br />
wenn man etwa Folienstapel wie Buchseiten durchblättert, wie es nicht nur<br />
häufig individuell praktiziert wird, sondern eine eigene Form der beschleunigten<br />
Abstimmung in kleinen Vorbereitungssitzungen darstellt, wie Yates &<br />
Orlikowski (2007) beobachtet haben. Das ist in der Tat rascher als das Durchblättern<br />
eines Buches oder das schnelle Vorspielen eines Videos. <strong>Präsentationen</strong><br />
sind also eine komplexe kommunikative Gattung, die sich in ihren Abkömmlingen<br />
noch einfacher reproduzieren lässt als in ihrer Originalform. Zur<br />
Not muss man nicht den Vortrag in ganzer Länge verfolgen, noch selbst überhaupt<br />
anwesend sein, um an dem durch ihn vermittelten Wissen teilzuhaben –<br />
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