FINDORFF GLEICH NEBENAN Nr. 7
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▼ HELMUT SCHELLHAMMER IM INTERVIEW<br />
»Viele sagen, nachts sei das Publikum merkwürdig .«<br />
Ständig hinter dem Steuer zu sitzen stelle ich mir trotzdem<br />
anstrengend vor. Gibt es etwas, das Ihnen als Ausgleich dient ?<br />
Ich habe hier im Stadtteil Findorff mit meiner Freundin zusammen<br />
eine alte Kaisenhausparzelle, auf der wir regelmäßig am<br />
Arbeiten sind. Wir fahren von uns zu Hause aus mit dem Fahrrad<br />
dorthin und bewirtschaften den Garten, pflegen ihn, richten<br />
ihn her. Unser entspannterer Freizeitausgleich ist dann, dass<br />
wir uns nach der Gartenarbeit auf die Fahrräder schwingen und<br />
zum Unisee fahren. Der ist keine zwei Minuten entfernt. Dort<br />
können wir uns abkühlen oder einfach in der Sonne liegen.<br />
Außerdem besuche ich auch gerne verschiedene Konzerte,<br />
darunter auch Musikrichtungen, die für den einen oder anderen<br />
ungewöhnlich klingen. Vor dem »Liquid Words«-Konzert in<br />
»Arinas Café« war ich mir erst auch nicht sicher, ob mir diese<br />
Art von Musik gefallen würde, aber es war dann sehr schön.<br />
Was für Fahrgäste hat man, wenn man nachts Bus fährt ?<br />
Da gibt es natürlich die merkwürdigsten Geschichten. Gerade,<br />
wenn man mit der Nachtlinie unterwegs ist, muss man viele<br />
Fahrgäste darauf hinweisen, dass sie eine gültige Fahrkarte<br />
dabei haben müssen. Obwohl das eigentlich gar nicht mein Job<br />
ist, denn jeder ist ja eigenverantwortlich für sich.<br />
Wenn jemand ohne gültige Fahrkarte erwischt wird oder mit<br />
Fahrkarte, aber ohne Nachtzuschlag in einer Nachtlinie, bedeutet<br />
das Fahren ohne gültigen Fahrausweis und kostet ein erhöhtes<br />
Beförderungsentgelt von 60,00 Euro. Das ist »Erschleichen<br />
von Leistungen«. Da wollen sich schon einige durchmogeln und<br />
meckern über den sogenannten »Luxuszuschlag«. Aber großen<br />
Ärger gibt es damit eigentlich nicht. Die meisten Leute zahlen<br />
und auch die Fahrkartenkontrolle nach 20:00 Uhr läuft relativ<br />
gut. Es gibt natürlich einige Haltepunkte, an denen probiert<br />
wird, auch über die hinteren Türen einzusteigen.<br />
Sie erleben bestimmt auch interessante oder lustige Situationen ?<br />
Eine Anekdote aus dem Spätverkehr: Worüber man eigentlich<br />
als Fahrer gar nicht lachen darf, ist, wenn Fahrgäste zu einem in<br />
den Bus kommen, um eine Auskunft zu bekommen. Man steht<br />
direkt am Bahnhof und jemand fragt: »Wie kommt man zum<br />
Bahnhof ?« Das ist jetzt wirklich banal, aber manchmal stehen<br />
Leute mit dem Rücken zum Bahnhof und sehen ihn nicht.<br />
Unter anderem hatte ich vor kurzem auch zwei Fahrgäste, die<br />
mich fragten, wo denn die Nachtlinie N7 abfahre und ich sagte:<br />
»Wenn Sie jetzt über ihre linke Schulter schauen, sehen Sie die<br />
N7 eigentlich schon.« Ja, sie haben aber über meine linke Schulter,<br />
also nach rechts, geschaut. Die Fahrgäste vorne im Fahrzeug<br />
fingen dann herzhaft an zu lachen.<br />
Was gefällt Ihnen am meisten an Ihrem Beruf ?<br />
Alles, was mit meinem Beruf zu tun hat. Ich fahre für mein<br />
Leben gerne. Ich bin Busfahrer aus Leidenschaft. Der Umgang<br />
mit den Menschen gefällt mir, auch mit denjenigen, die<br />
Probleme haben. Ich bin nicht nur Busfahrer, also jemand, der<br />
andere Leute von A nach B bringt. Sondern ich bin auch ein<br />
Ansprechpartner für alles. Mir liegt es am Herzen, dass die Verständigung<br />
untereinander vorhanden ist, dass ich Leuten auch<br />
weiterhelfen kann. Manchmal, an Abenden, an denen wenig<br />
los ist, bin ich sogar Seelsorger. Leute, die sich verloren fühlen<br />
in dieser Welt und weder ein noch aus wissen, erzählen mir von<br />
ihren Problemen, klagen ihr Leid und suchen dann bei mir Rat.<br />
Obwohl sie eigentlich gar nicht mit dem Fahrer sprechen dürfen<br />
und ich auch mit den Fahrgästen nicht sprechen darf. In solchen<br />
Fällen zu helfen, ist eine schöne Sache.<br />
Text & Gestaltung: rätsch communications, www.raetsch.de, Foto: »Two ferret kits sleeping« © Dennus Kukareko, www.shutterstock.com<br />
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▼ ÜBER HELMUT SCHELLHAMMER<br />
<strong>FINDORFF</strong> <strong>GLEICH</strong> <strong>NEBENAN</strong> | 06<br />
Helmut Schellhammer (53) arbeitet bereits seit 29 Jahren als<br />
Busfahrer, davon 16 Jahre in Bremen. Bevor er anfing, Busse zu<br />
fahren, war er in Kiel als Kfz- und Bus-Elektriker tätig. Durch<br />
diese Erfahrungen weiß »Steuermann« Schellhammer sich auch<br />
zu helfen, wenn während einer Fahrt einmal etwas am Bus nicht<br />
mehr funktioniert. Helmut Schellhammer wohnt in Walle, ist<br />
aber sowohl beruflich als auch privat viel in Findorff unterwegs.<br />
Interview: Leona Ilgner, Foto: Kerstin Rolfes ▲<br />
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