Similar
Similar
Similar
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Geschichte des Hessischen Diakonievereins<br />
Zur Geschichte des<br />
Hessischen Diakonievereins<br />
Der geistige Hintergrund bei der<br />
Entstehung:<br />
Liberale Theologie und landeskirchliche<br />
Verbundenheit.<br />
Der Hessische Diakonieverein wurde am<br />
13.06.1906 gegründet von bewussten Mitgliedern<br />
der Evangelischen Kirche im Großherzogtum<br />
Hessen-Darmstadt, die dem arrivierten<br />
Bildungsbürgertum angehörten. In<br />
theologischer Hinsicht war die so genannte<br />
liberale Richtung vorherrschend, wie sie an<br />
der hessischen Landesuniversität in Gießen<br />
gelehrt wurde. Der Gründer des Hessischen<br />
Diakonievereins, Pfarrer Dr. hc. Johannes<br />
Guyot, war der Gießener theologischen Fakultät<br />
auch während seines Berufslebens<br />
weiter verbunden und wurde für seine ungewöhnlichen<br />
Leistungen in Kirche und Theologie<br />
1904 ehrenhalber promoviert. Der erste<br />
Schriftführer des Vereins, Friedrich Kunkel –<br />
zunächst Pfarrer in Fürth/Odenwald und<br />
später Professor in Darmstadt – untersuchte<br />
1906 in einem wegweisenden Vortrag die<br />
vorhandene Literatur zu unterschiedlichen<br />
Modellen evangelischer Schwesternschaften<br />
und definierte Grundsätze für die Konzeption<br />
des Vereins und der Schwesternschaft.<br />
Liberaler Theologie geht es darum, Religion<br />
und Vernunft, Evangelium und wissenschaftliche<br />
Aufklärung miteinander zu verbinden.<br />
Johannes Guyot erlebte als Student<br />
in Gießen eine besonders aufstrebende Phase<br />
der dortigen Fakultät und theologischen<br />
Richtung. Der später in Berlin als Historiker<br />
und Gründer der Vorgängerinstitution unserer<br />
heutigen Max-Planck-Gesellschaft berühmt<br />
gewordene und geadelte Adolf Harnack<br />
22<br />
(1851 bis 1930) war als junger 27-jähriger<br />
Professor gerade nach Gießen gekommen, als<br />
Johannes Guyot und seine Freunde dort studierten.<br />
Im 4. und 5. Semester hörte Guyot in<br />
Göttingen den zu seiner Zeit wohl bedeutendsten<br />
Theologen Albrecht Ritschel (1822<br />
bis 1889), der die christliche Ethik in Aufnahme<br />
der lutherischen Berufsethik als<br />
Reich-Gottes-Arbeit entfaltete. Von Ritschel<br />
geprägte theologische Begriffe sind später<br />
bei Guyot und seinen Freunden häufig anzutreffen.<br />
Das gründungs- und aufbaufreudige Klima<br />
an der Gießener Universität übertrug sich auf<br />
die Studenten. Auf Anregung Adolf von Harnacks<br />
gründete Guyot mit Kommilitonen die<br />
wissenschaftliche Verbindung „Akademisch-<br />
Theologischer-Verein“. In dieser Verbindung<br />
engagierte sich auch der Gießener Neutestamentler<br />
Professor Oskar Holtzmann, dessen<br />
Sohn Ernst als Darmstädter Bürgermeister viele<br />
Jahre dem Vorstand des Hessischen Diakonievereins<br />
angehörte. Ein späterer Vorsitzender,<br />
Pfarrer Hans Orth, war der letzte Schriftführer<br />
dieser Vereinigung, die ihr Restvermögen<br />
dem HDV 1996 zukommen ließ.<br />
Die in Hessen von der liberalen Theologie<br />
geprägten Christen wollten zeigen, dass nicht<br />
nur aus der Erweckung und dem Pietismus gemeintliches<br />
und diakonisches Engagement<br />
hervorgeht, sondern dass auch eine wissenschaftlich<br />
ambitionierte theologische Position<br />
diakonisch fruchtbar sein kann. Als Pfarrer<br />
begleitete Guyot – der nur 49 Jahre alt wurde<br />
– die Gründungsphase von 3 neuen Kirchengemeinden<br />
(Mainz – Land, Darmstadt Johannesgemeinde<br />
und Heppenheim) jeweils mit<br />
Kirchenneubauten. Ferner gründete er:<br />
• Die „Frankfurter Konferenz hessischer<br />
Geistlicher“, die die „Liebe zur Landeskirche“<br />
und die „wissenschaftliche Bildung“<br />
als ihr Anliegen verstand.