CP 3-09_Ums - Pluradent
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Bisher dahin war die Argumentation<br />
eher aufseiten der Zahnärzte.<br />
Denn wer erfüllte schon<br />
die Bedingungen, die Gegenstand<br />
der nachfolgenden Entscheidung<br />
des Oberlandesgerichts Hamm vom<br />
16. Dezember 1996 (Az.: 3 U 108/96)<br />
waren?<br />
„Es liegt ein grober Behandlungsfehler<br />
vor, wenn der Zahnarzt aufgrund<br />
einer völlig unzureichenden<br />
Röntgendiagnostik die Lage eines<br />
zu extrahierenden Eckzahns nicht<br />
richtig einschätzt und ihm deshalb<br />
nur eine partielle Entfernung des<br />
Zahns gelingt. Der Sachverständige<br />
hat das Operieren durch den Beklagten<br />
anhand der nicht auswertbaren<br />
Röntgenaufnahmen mit der<br />
Fahrt eines Autofahrers im Nebel<br />
mit 100 Stundenkilometer statt zulässiger<br />
50 Stundenkilometer verglichen“<br />
(Schmerzensgeld: 10.000<br />
DM).<br />
Beim Befunderhebungsversäumnis<br />
wird stattdessen gefragt, ob der<br />
(Zahn-)Arzt nicht doch noch zur Absicherung<br />
seiner Diagnose weitere<br />
Vertragszahnarztrecht<br />
Unterlassene Diagnostik kann zum Nachteil des behandelnden Zahnarztes führen<br />
Lieber einmal mehr<br />
röntgen?<br />
Die (Zahn-)Arzthaftungsrechtsprechung kennt seit einigen Jahren ein neues<br />
Betätigungsfeld. Es nennt sich Befunderhebungsversäumnis und erlaubt es<br />
Gerichten, über eine Reihe sachverständigengestützter, nichtsdestotrotz aber<br />
hypothetischer Annahmen zum Nachteil des behandelnden (Zahn-)Arztes zur<br />
Annahme eines groben Behandlungsfehlers und damit zur Beweislastumkehr<br />
zugunsten des Patienten zu kommen. Meist geht es dabei um unterlassene<br />
Diagnostik, insbesondere unterlassene weiterführende bildgebende Verfahren,<br />
also (konservatives) Röntgen, CT oder DVT.<br />
von DR. THOMAS RATAJCZAK, KÖLN<br />
Untersuchungen hätte durchführen<br />
können, was dabei wohl herausgekommen<br />
wäre und ob, wenn<br />
denn etwas herausgekommen wäre,<br />
dieses gedachte Etwas so bedeutsam<br />
gewesen sein könnte, dass der<br />
behandelnde (Zahn-)Arzt dann unbedingt<br />
hätte eingreifen müssen.<br />
Nur wenige Gutachter wissen darauf<br />
eine klare Antwort, nämlich,<br />
dass sie diese Frage nicht beantworten<br />
können. Die meisten antworten<br />
darauf, dass man mit Rücksicht auf<br />
die jetzigen Erkenntnisse (dem Patienten<br />
ist zwischenzeitlich ja etwas<br />
Unerwartetes passiert) schon<br />
annehmen könnte, dass eine weiterführende<br />
Diagnostik doch einen<br />
auffälligeren Befund erbracht hätte,<br />
aufgrund dessen man dann als Behandler<br />
hätte reagieren müssen.<br />
Und schon ist der (Zahn-)Arzthaftungsprozess<br />
für den Behandler<br />
verloren.<br />
Wie soll man als junger Zahnarzt<br />
auf eine solche Sicht der Dinge im<br />
Haftungsprozess reagieren? Röntgt<br />
man „auf Teufel komm raus“,<br />
kommt man beim Kassenpatienten<br />
sofort in Konflikt mit der Wirtschaftlichkeitsprüfung<br />
nach Paragraf<br />
106 SGB V, beim Privatpatienten<br />
mit Einwendungen aufgrund<br />
der Röntgenverordnung, die in Paragraf<br />
2a Absatz 2 ein Rechtferti-<br />
DR. THOMAS RATAJCZAK<br />
19<br />
RECHT<br />
Dr. Thomas Ratajczak, Jahrgang 1954,<br />
ist seit 1982 als Rechtsanwalt tätig.<br />
Darüber hinaus ist er sowohl Fachanwalt<br />
für Medizinrecht als auch<br />
Fachanwalt für Sozialrecht. Seine<br />
Schwerpunkte in der Forschung<br />
oder der klinischen Tätigkeit sind<br />
Recht der Heilberufe, insbesondere<br />
Kassenarztrecht, Kassenzahnarztrecht,<br />
Berufsrecht der Zahnärzte<br />
und Ärzte, Ärztliches Vertragsrecht,<br />
Arzneimittelrecht, Krankenhausrecht sowie (Zahn-)Arzthaftungsrecht.<br />
Er ist darüber hinaus als Justitiar beim BDIZ tätig.<br />
Seine Kanzlei findet sich im Internet unter www.rpmed.de.