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Berliner Kurier 14.09.2018

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SEITE3<br />

BERLINER KURIER, Freitag, 14. September 2018<br />

Wird der Fall Maaßen<br />

für die Große Koalition<br />

zur Zerreißprobe?<br />

Die AfD regiert mit<br />

Angela Merkel hat zugelassen,<br />

dass ihr CSU-Chef<br />

Horst Seehofer eine „Herrschaft<br />

des Unrechts“ vorwarf<br />

und sie öffentlich demütigte.<br />

Sie hat zugelassen, dass Seehofer<br />

als Innenminister ihre<br />

Richtlinienkompetenz bestritt<br />

und ihr öffentlich Ultimaten<br />

stellte. Und sie hat zugelassen,<br />

dass der Präsident des Verfassungsschutzes<br />

in Kenntnis<br />

Seehofers ihr Urteilsvermögen<br />

anzweifelte, indem er ihrer<br />

Einschätzung, in Chemnitz<br />

habe es eine Hetzjagd gegeben,<br />

öffentlich widersprach.<br />

Und sie ließ zu, dass er ihr unterstellte,<br />

auf ein möglicherweise<br />

gefälschtes Video hereingefallen<br />

zu sein, das von<br />

Chemnitz –Knapp zwei Wochen<br />

nach einer Demo rechter<br />

Gruppen ist der 33-jährige Daniel<br />

M. wegen des Zeigens des<br />

Hitlergrußes zu einer Strafe<br />

von acht Monaten auf Bewährung<br />

verurteilt worden.<br />

Das Amtsgericht Chemnitz<br />

verhängte am Donnerstag in einem<br />

beschleunigten Strafverfahren<br />

außerdem ein Bußgeld<br />

von 2000 Euro.<br />

dem Tötungsdelikt in Chemnitz<br />

ablenken sollte.<br />

All das hat sich Angela Merkel<br />

gefallen lassen. Sie hat es getan,<br />

um das Bündnis der CDU<br />

mit der CSU nicht platzen zu<br />

lassen und ein Ende der Regierungskoalition<br />

zu verhindern.<br />

Aber Angela Merkel ist nicht<br />

nur Privatperson und CDU-<br />

Vorsitzende, sondern Bundeskanzlerin<br />

der Bundesrepublik<br />

Deutschland. Wenn sie sich<br />

vorführen und demütigen<br />

lässt, dann lässt sie zu, dass<br />

auch die Institution gedemütigt<br />

und beschädigt wird. Sie<br />

sieht tatenlos dem Verfall der<br />

Autorität ihres Amtes zu.<br />

Krasses Fehlverhalten eines<br />

Spitzenbeamten wird nicht<br />

Spreng-<br />

Stoff<br />

Der Journalist<br />

und Politik-Berater<br />

Michael H. Spreng<br />

schreibt<br />

jeden Freitag<br />

im KURIER<br />

mehr mit Entlassung sanktioniert,<br />

weil ihn sein illoyaler<br />

Minister schützt und weil die<br />

AfD ihn zum Märtyrer machen<br />

könnte. Die AfD regiert<br />

indirekt schon mit.<br />

Merkels Schwäche schwächt<br />

den Staat. Und das darf eine<br />

Kanzlerin nicht zulassen.<br />

Auch das gehört zu ihrem<br />

Amtseid.<br />

Hitlergruß gezeigt: 8Monate<br />

aufBewährung für Neonazi<br />

Schnellverfahren: Gericht verdonnerte Daniel M. außerdem zu 2000 Euro Geldstrafe<br />

Daniel M. wurde vorgeworfen,<br />

bei der Demo von AfD, Pegida<br />

und Pro Chemnitz den<br />

Hitlergruß gezeigt zu haben.<br />

Das Gericht sprach ihn des Verwendens<br />

von Kennzeichen verfassungswidriger<br />

Organisationen<br />

und des tätlichen Angriffs<br />

auf Vollstreckungsbeamte in<br />

Tateinheit mit versuchter Körperverletzung<br />

schuldig.<br />

Am Freitag findet ein weiteres<br />

Schnellverfahren gegen einen<br />

34-Jährigen statt. Stephan<br />

Harbarth (CDU), Vize-Fraktionschef<br />

der Union, erklärte, der<br />

schnelle Prozessbeginn in<br />

Chemnitz sei „ein gutes Signal“.<br />

Das Urteil ist noch nicht<br />

rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft<br />

will eine Berufung prüfen.<br />

Sie hatte eine Haftstrafe<br />

von einem Jahr ohne Bewährung<br />

gefordert.<br />

der und den Haushalt des<br />

Verfassungsschutzes gegangen.<br />

Der Verfassungsschutzbericht<br />

2017 wurde Ende Juli<br />

2018 veröffentlicht. Das BfV<br />

erklärte dazu: „Mit dem Bericht<br />

wird der Eindruck erweckt,<br />

dass Informationen<br />

oder Unterlagen ohne rechtliche<br />

Grundlage weitergegeben<br />

worden seien.“ Der Sprecher<br />

betonte: „Ich weise diese<br />

Vorwürfe entschieden zurück.“<br />

Nach dem gestrigen Spitzentreffen<br />

von Merkel, SPD-<br />

Chefin Andrea Nahles und<br />

CSU-Chef Seehofer wurde<br />

eine Entscheidung auf Dienstag<br />

vertagt. Es sei ein ernsthaftes<br />

Gespräch mit dem Ziel<br />

gewesen, als Koalition weiterzuarbeiten,<br />

hieß es aus Regierungskreisen.<br />

roh Daniel M. (l.) mit seinem Anwalt vordem Chemnitzer Amtsgericht.Ineinem Schnellverfahren wurde er verurteilt.<br />

Foto: Getty Images<br />

Foto: dpa<br />

Foto: dpa<br />

NACHRICHTEN<br />

Deal mit Italien steht<br />

Berlin –Nach Spanien und<br />

Griechenland jetzt Italien:<br />

Man habe sich auf die Rücknahme<br />

von Flüchtlingen geeinigt,<br />

so Innenminister<br />

Horst Seehofer. Es fehlt<br />

noch die Unterschrift von<br />

Italiens Innenminister<br />

Matteo Salvini (F.).<br />

Türkei: Nur noch Lira<br />

Ankara –Die türkische<br />

Zentralbank hat gestern<br />

den Leitzins von 17,75 auf<br />

24 Prozent stark angehoben.<br />

Die Regierung verfügte<br />

ein neues Gesetz, um den<br />

Währungsverfall zu stoppen:<br />

Alle Immobilienkäufe<br />

und Mieten sowie Geschäftsverträge<br />

müssen<br />

binnen 30 Tagen auf Lira<br />

umgestellt werden.<br />

Baukindergeld kommt<br />

Berlin –Familien können<br />

das neue Baukindergeld ab<br />

dem 18. September bei der<br />

KfW-Bankengruppe beantragen.<br />

Der Zuschuss in Höhe<br />

von 1200 Euro je<br />

Kind/Jahr wird über 10<br />

Jahre ausgezahlt, also<br />

12000 pro Kind.<br />

Nur Touristen?<br />

Moskau –Der Streit zwischen<br />

Moskau und London<br />

um die Vergiftung des Ex-<br />

Doppelagenten Sergej Skripal<br />

wird bizarr: Die beiden<br />

von den Briten wegen des<br />

Giftanschlags gesuchten<br />

Russen präsentierten sich<br />

in einem TV-Interview als<br />

unbescholtene Touristen,<br />

die in Salisbury lediglich<br />

„die berühmte Kathedrale“<br />

besichtigen wollten.<br />

Massen-Ausspähung<br />

Straßburg –Der Europäische<br />

Gerichtshof für Menschenrechte<br />

hat Großbritannien<br />

wegen der massenhaften<br />

Ausspähung von E-<br />

Mails durch den britischen<br />

Geheimdienst verurteilt.<br />

Journalisten und Nichtregierungsorganisationen<br />

hatten geklagt, nachdem<br />

US-Experte Edward Snowden<br />

(F.) 2013 die Ausspäh-<br />

Praxis enthüllt hatte.

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