Alnatura Magazin Oktober 2018
Schwerpunkt-Thema Alnatura Bio-Bauern-Initiative
Schwerpunkt-Thema Alnatura Bio-Bauern-Initiative
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Wie war das erste Jahr auf dem eigenen Hof<br />
im Hitzesommer <strong>2018</strong>?<br />
Jens Müller Cuendet: »Wir haben wie viele unter<br />
der Trockenheit gelitten, aber die erste Ernte – eine<br />
Hafer-, drei Weizen- und fünf Dinkelsorten – ist eingebracht.<br />
Unsere kleine Rinderherde besteht derzeit<br />
aus 5 Mutterkühen und 13 Jungtieren. Und dazu<br />
kommt die Starthilfe der <strong>Alnatura</strong> Bio-Bauern-Initiative<br />
– wir finden, das ist ein guter Auftakt.«<br />
Wie haben Sie von dem Förderprojekt erfahren?<br />
»Aus einer Zeitschrift. Wir haben uns nicht die<br />
schlechtesten Chancen ausgerechnet. Dennoch war<br />
es eine Überraschung, als wir ausgewählt wurden.<br />
Das Geld konnten wir sehr gut einsetzen, unter anderem<br />
für einen gebrauchten Mähdrescher, Getreide-<br />
Lagerkisten und eine Kistentrocknungsanlage.«<br />
Ihre Frau ist Getreidezüchterin.<br />
Wie sieht das in der Praxis aus?<br />
»Catherine leitet die Getreidezüchtung Peter Kunz<br />
Deutschland, eine gemeinnützige Organisation, die<br />
ihren Stammsitz in der Schweiz hat und zu den<br />
wichtigsten Bio-Saatgutzüchtern gehört. Sie hat sich<br />
auf Dinkel spezialisiert. Letzten Herbst wurden fünf<br />
ihrer Bio-Sorten vom Bundes sortenamt zugelassen.<br />
Unsere Dinkelsorten heißen beispielsweise Edelweißer,<br />
Gletscher oder Serpentin. Sortenbezeichnungen<br />
stehen aber leider auf keiner Getreidepackung im<br />
Laden.«<br />
Warum züchten Bio-Bauern eigenes Saatgut?<br />
»Bio-Sorten sind optimal an die Gegebenheiten im<br />
Öko-Landbau angepasst, es sind robuste Pflanzen,<br />
die gute Erträge mit guter Qualität liefern. Herkömmliches<br />
Saatgut wird zwar auf Bio-Betrieben vermehrt,<br />
doch ihre Züchtung war auf die konventionelle<br />
Landwirtschaft ausgerichtet. Eigenes Saatgut ist frei<br />
von Gentechnik und bedeutet Unabhängigkeit von<br />
Saatgutkonzernen.«<br />
Wie lange dauert es, eine neue Getreidesorte<br />
zu züchten?<br />
»Angefangen von der Kreuzung verschiedener<br />
Pflanzen über das Auswählen der robustesten und<br />
gesündesten Getreidepflanzen dauert das zwischen<br />
10 und 15 Jahre. Am Ende hat man dann 10 oder<br />
20 Kilogramm Saatgut für die Vermehrung. Dieser<br />
Prozess kostet circa 700.000 Euro.«<br />
Agrarwissenschaftlerin Catherine Müller Cuendet prüft die Qualität<br />
der eigens gezüchteten Dinkelsorte.<br />
Und wer bezahlt diese Leistung?<br />
»Dafür gibt es gemeinnützige Initiativen, etwa Stiftungen.<br />
Sie sammeln und verwalten Spenden von<br />
Privatpersonen, Stiftungen und Unternehmen der<br />
Bio-Branche. Denn die unabhängige Saatgutzüchtung<br />
kommt allen zugute, sie ist ein gesellschaftliches<br />
Engagement. Auch der Saatgutzüchter leistet einen<br />
Eigenanteil. Problematisch ist die fehlende Basisfinanzierung,<br />
zum Beispiel um die Infrastruktur eines<br />
Bauernhofs mit Traktoren und Maschinen aufrechterhalten<br />
zu können. Hier ist die Situation vieler<br />
Züchter oftmals mehr als heikel.«<br />
Ihre Arbeit ist die Saatgutvermehrung.<br />
Worauf kommt es dabei an?<br />
»Einfach gesagt – aus ein paar Kilogramm Körnern<br />
einige Hundert machen, die der Landwirt dann<br />
auf seinen Flächen ausbringt. Das A und O bei der<br />
Vermehrung ist wie bei der Züchtung sehr sauberes<br />
Arbeiten, damit die Sorte sich nicht mit einer anderen<br />
vermischt. Im Mähdrescher beispielsweise können<br />
leicht einige Kilo Körner zurückbleiben. Deswegen<br />
reinigen wir nach jedem Feld drei Stunden den Mähdrescher,<br />
bevor der nächste Acker drankommt.«<br />
Dann wächst auf den Flächen des Mönchhofs<br />
also vor allem Getreide?<br />
»Um die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten und zu<br />
fördern, planen wir eine abwechslungsreiche siebenjährige<br />
Fruchtfolge mit Dinkel und Weizen, Gründüngung<br />
mit Rotklee oder Phacelia und Körner legumi<br />
nosen, etwa Ackerbohnen, Erbsen und Lupinen.<br />
Und natürlich gibt es viele Wiesen für die wachsende<br />
Rinderherde und das Hühnervolk, das wir noch<br />
anschaffen wollen.«<br />
››› Das Interview führte Volker Laengenfelder.