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DIE SAGE <strong>DER</strong> TEUFELSBRÜCKE<br />
THE LEGEND OF THE DEVIL'S BRIDGE<br />
«Da soll doch der Teufel eine Brücke bauen!»<br />
Und schon stand er da, der Leibhaftige mit<br />
dem Bocksfuss und schlug einen Pakt vor:<br />
In drei Tagen wollte der Teufel den verzweifelten<br />
Urschnern eine Brücke über die tosende<br />
Reuss in der Schöllenenschlucht bauen.<br />
Und der Preis? Die erste Seele, die die Brücke<br />
passierte, sollte dem Teufel gehören.<br />
Doch wer hatte etwas von einer menschlichen<br />
Seele gesagt? Die gerissenen Urschner<br />
jagten einen Ziegenbock über die fertige<br />
Brücke und erzürnten den Teufel so sehr,<br />
dass dieser sein Werk gleich wieder zerstören<br />
wollte. Aus dem Wald bei Wassen lud er sich<br />
einen Steinkoloss auf die Schultern und trug<br />
ihn bergwärts. Doch machte er die Rechnung<br />
ohne das alte Mütterlein, das flink hinterrücks<br />
ein Kreuz in den Felsbrocken ritzte.<br />
Mit dem christlichen Zeichen wurde der<br />
Gehörnte besiegt, der fuchsteufelswild in die<br />
Unterwelt fuhr. Die Brücke blieb stehen,<br />
und auch der Teufelsstein in Göschenen ist<br />
immer noch zu sehen. Er erinnert für ewige<br />
Zeiten daran, dass die Urschner noch gewitzter<br />
als der Leibhaftige sind.<br />
"That's where the Devil should build a bridge!"<br />
And so there he stood, Old Nick with his goats'<br />
feet, and proposed a pact: he, the Devil, would<br />
build a bridge over the raging river Reuss in the<br />
Schöllenen Gorge, for the desperate people of<br />
Urseren, in three days. And his price? The first<br />
soul that crossed the bridge would belong to<br />
him. But who said anything about it being a<br />
human soul? The shrewd people of Urseren<br />
chased a billy goat over the finished bridge,<br />
which made the Devil so angry that he vowed<br />
to destroy his handiwork. He found a boulder in<br />
the woods in Wassen, hauled it onto his shoulders<br />
and carried it up the mountain. But he<br />
wasn't banking on the clever old woman, who<br />
quickly scratched a cross on the boulder from<br />
behind. With this Christian symbol, the horned<br />
one was defeated and fled to the underworld,<br />
furious. The bridge remained standing and the<br />
Devil's Stone can also still be seen in<br />
Göschenen. It stands as an everlasting reminder<br />
of the time when the Urseren people proved<br />
even smarter than Old Nick.<br />
Imposant ist sie, die Schöllenenschlucht, rau und ein nur schwer zu<br />
überwindendes Hindernis. Doch wer in den Süden wollte, kam lange Zeit<br />
nicht an ihr vorbei. Die Route über den Gotthard war früher einer der<br />
beliebtesten Alpenübergänge. Einzig auf dieser Strecke nämlich musste<br />
auf dem Weg Richtung Süden nur ein einziger Pass überwunden werden –<br />
ein grosser Vorteil für das Urserental und seine Entwicklung. Von der<br />
bewegten Geschichte und der Bedeutung der Schöllenen zeugen heute<br />
verschiedene historische Strassenbauten und Kunstwerke in der<br />
Schlucht. Zu Fuss lassen sie sich entlang des Wanderwegs zwischen<br />
Andermatt und Göschenen bestens erkunden. Einen Blick auf die<br />
wichtigsten Stationen erhascht aber auch, wer mit Bike, Rennrad, Bahn<br />
oder Auto unterwegs ist.<br />
Drei Bogen über die Reuss<br />
Schon bei der Anfahrt in die Schöllenen ist vor Göschenen ein erstes<br />
kulturhistorisches Zeugnis zu sehen, der Teufelsstein (1). Er mahnt<br />
weitherum sichtbar an die Teufelssage (vgl. Box). Rechts von ihm zweigt<br />
die Strasse ins ehemalige Eisenbahner-Dorf Göschenen ab, von wo<br />
die Zahnradstrecke der Matterhorn-Gotthard-Bahn (2) nach Andermatt<br />
führt. Mit einer maximalen Steigung von 179 Promille kämpft sich die<br />
Schöllenenbahn, wie sie anfänglich hiess, seit 1917 die Schlucht hinauf.<br />
Schon bald kommt auf dem Weg in die Schöllenen die Häderlisbrücke (3)<br />
in Sicht. In drei Bogen spannt sie sich am alten Säumerweg über die<br />
Reuss. Früher markierte sie die Grenze zwischen den Wegpflichten der<br />
Urner und der Urschner Säumer. Heute steht hier die sorgfältige Nachbildung<br />
des Originalbaus von 1649. Nur ein paar Schritte weiter wird eine<br />
alte Wasserfassung (4) sichtbar, die dem Erbauer des ersten Gotthard-<br />
Eisenbahntunnels, Louis Favre, zum Antrieb seiner pneu matischen<br />
Bohrmaschinen diente.<br />
Erfrischungspause nah beim Teufelswerk<br />
Über mehr als 300 Höhenmeter windet sich die Strasse nun in engen<br />
Kurven und durch Galerien nach oben. Jeder Meter scheint der Natur<br />
abgerungen. Wer seinen Blick über die zerklüfteten Felsen schweifen<br />
lässt, entdeckt hier nicht selten ein paar Gämsen. Gegen Ende des Aufstiegs<br />
folgt die berühmte Teufelsbrücke (5). Eine erste hölzerne Brücke<br />
thronte bereits um 1230 über dieser imposanten Schlucht. 1595 ersetzte<br />
man den Holzbau durch die erste Teufelsbrücke aus Stein. Die zweite<br />
Teufelsbrücke von 1830 kann auf dem Wanderweg zu Fuss überquert<br />
werden, und die dritte von 1956 dient heute dem motorisierten Verkehr.<br />
An der Felswand links neben der Teufelsbrücke prangt das berühmte<br />
Werk «Teufel und Ziegenbock» (6) des Urner Künstlers Heinrich Danioth.<br />
Und oberhalb der Teufelsbrücke, in der ersten Haarnadelkurve, lädt das<br />
«Restaurant Teufelsbrücke» (7) zum Einkehren. Nach einigen Jahren,<br />
in denen der kleine Gastrobetrieb geschlossen blieb, feiert er diesen<br />
<strong>Sommer</strong> dank engagierter Einheimischer Wiedereröffnung. Hinter dem<br />
Restaurant liegt das Russendenkmal (8), das an die im Kampf gegen die<br />
französischen Truppen unter Napoleon gefallenen russischen Soldaten<br />
erinnert. Und gleich beim Denkmal befindet sich der Einstieg in den<br />
schwindelerregenden Diavolo-Klettersteig (9). Ein rund 30-minütiger<br />
einfacher Rundgang verbindet alle diese Sehenswürdigkeiten rund um<br />
die Teufelsbrücke.<br />
Waghalsige Holzbrücken<br />
Fast schon ist der Weg nach Andermatt durch die Schöllenenschlucht<br />
geschafft. Die ehemals schwierigste Partie steht jedoch noch bevor.<br />
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