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Infektiologie<br />
The Black<br />
Death<br />
Jahrhundertelang war sie eine Geißel der Menschheit: die Pest.<br />
Mittlerweile hat sie ihren Schrecken verloren, obwohl es nach wie<br />
vor immer wieder zu kleineren Ausbrüchen kommt.<br />
Von Mag. Michael Krassnitzer, MAS<br />
❙❙<br />
Franz Barisch galt am pathologisch-anatonischen Institut<br />
in Wien als zuverlässiger und erfahrener Labormitarbeiter,<br />
der – wie es hieß – „sich im Dienste stets nüchtern“<br />
erwiesen hatte. Dennoch unterlief ihm im Oktober 1898<br />
wohl eine Unachtsamkeit, und er infizierte sich mit Pesterregern,<br />
die eine Delegation der Österreichischen Akademie<br />
der Wissenschaften im Jahr zuvor aus Indien mitgebracht<br />
hatte. Barisch steckte auch Priv.-Doz. Dr. Hermann,<br />
Franz Müller von der I. Medizinischen Klinik und die nicht<br />
diplomierte Pflegerin Albine Pecha mit der tödlichen Seuche<br />
an. Alle drei Infizierten verstarben binnen weniger Tage<br />
an der Pest. Für Müller wurde ein Denkmal errichtet,<br />
Pecha wurde immerhin in einem Ehrengrab beigesetzt –<br />
nur Barisch, der für den Ausbruch „Laborpest“ verantwortlich<br />
gemacht wurde, erhielt keine posthume Ehrung.<br />
Entvölkertes Europa<br />
Das war das letzte Mal, dass in Österreich Menschen an der<br />
Pest verstarben. Jahrhundertelang hatte die Seuche immer<br />
wieder in Europa gewütet. In der Antike, zur Zeit Kaiser<br />
Justinians, hatte sich die Pest erstmals von Konstantinopel<br />
aus über den ganzen Kontinent ausgebreitet. Eine große<br />
Pandemie zwischen 1346 und 1353, die später als „Schwarzer<br />
Tod“ bezeichnet wurde, forderte geschätzte 25 Millionen<br />
Todesopfer – ein Drittel der damaligen europäischen<br />
Bevölkerung, ganze Landstriche wurden entvölkert. Auch<br />
im Jahr 1541 fiel ein Drittel der Wiener Bevölkerung einer<br />
Pestpandemie zum Opfer. 1679 wurden in Wien 12.000 Tote<br />
gezählt, in diesem Jahr soll der Wiener Straßensänger, der<br />
als der „Liebe Augustin“ bekannt wurde, betrunken in eine<br />
Pesttotengrube gefallen sein, ohne danach zu erkranken.<br />
Und das waren nur die besonders opferreichen Pandemien.<br />
Der letzte große Ausbruch der Pest in Österreich forderte in<br />
den Jahren 1713/14 alleine in Wien 9.000 Opfer.<br />
Indra: „Weltweiter Hotspot der Pest<br />
ist heute Madagaskar.“<br />
Beulen- und Lungenpest<br />
„Die Pest ist eine Infektionskrankheit, die durch das Bakterium<br />
Yersinia pestis hervorgerufen wird“, erklärt Priv.-<br />
Doz. Dr. Alexander Indra von der Österreichischen Agentur<br />
für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), die<br />
als nationale Referenzzentrale für Pest-Erkrankungen<br />
fungiert. Eine Infektion führt zunächst zu Symptomen wie<br />
bei einer schweren Grippe mit starkem Temperaturanstieg<br />
und Schüttelfrost, dann schwellen Lymphknoten zu<br />
dicken Beulen an. Unbehandelt führt eine solche Beulenpest<br />
oder Bubonenpest – bubon bedeutet im Altgriechischen:<br />
Beule – in mehr als der Hälfte der Fälle zum Tod. In<br />
der Folge einer Beulenpest kann sich beim Betroffenen<br />
eine sekundäre Lungenpest entwickeln. Hierbei lösen die<br />
Erreger eine Lungenentzündung aus, die zu Husten und<br />
Auswurf blutigen und hochinfektiösen Schleims, im Weiteren<br />
zur Zerstörung von Lungengewebe führt. Erfolgt die<br />
Pestinfektion durch direkten Kontakt mit infektiösen (Husten-)Tröpfchen,<br />
spricht man von einer primären Lungenpest.<br />
Nach der initialen Symptomatik mit hohem Fieber,<br />
Schüttelfrost und starken Kopfschmerzen kommt es<br />
Foto: CDC/Christina Nelson, MD, MPH<br />
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