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CliniCum pneumo 05/2018

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Nintedanib (Ofev ® )<br />

Frühe Diagnose und Therapie auch bei<br />

langsamer Progredienz entscheidend<br />

Bei dem vorgestellten Fall handelt es sich um eine sehr langsame Verlaufsform der idiopathischen Lungenfibrose (IPF), bei<br />

welcher der Patient aufgrund unregelmäßiger Vorstellung bei letztendlich gesicherter Diagnose bereits eine Sauerstoff-<br />

Langzeittherapie und pulmonale Rehabilitation verordnet bekam.<br />

Eine Fallpräsentation von Dr. Christina Imlinger<br />

❙❙<br />

Im Februar 2008 wurde ein damals<br />

55-jähriger Patient mit einer unklaren interstitiellen<br />

Lungenerkrankung (ILD) unserer<br />

Ambulanz zugewiesen. Er klagte über diskrete<br />

Belastungsdyspnoe. Den Nikotinkonsum<br />

hatte er seit zehn Jahren eingestellt, war aber<br />

zuvor starker Raucher mit 90 pack-years.<br />

Lungenfunktion. Lungenfunktionell zeigte<br />

sich eine leichtgradige Einschränkung der<br />

Diffusionskapazität mit einer DL CO von 69%<br />

sowie eine leichtgradige Restriktion mit einer<br />

FVC und einer TLC von jeweils 86%. In<br />

der Blutgasanalyse wurde eine gute Oxygenierung<br />

bei Normokapnie gemessen.<br />

Bildgebung. Bildgebend waren die Veränderungen<br />

nicht eindeutig zuordenbar, es lag<br />

zwar ein Honeycombing vor, zum typischen<br />

UIP-Muster fehlten jedoch die Bronchiektasen,<br />

sowie ein basoapikaler Gradient.<br />

Histologie. Der damalige Diagnose-Goldstandard<br />

erforderte eine Histologie, somit<br />

erfolgte chirurgischerseits umgehend eine<br />

videoassistierte Thorakoskopie zur histologischen<br />

Diagnosesicherung. Der histologische<br />

Befund lautete gewöhnliche interstitielle<br />

Pneumonie (UIP).<br />

Weiterer Verlauf<br />

Nach unauffälligem intra- und postoperativem<br />

Verlauf wurde der Patient am zweiten<br />

postoperativen Tag entlassen. Pneumologischerseits<br />

wurde dem damaligen Standard<br />

entsprechend eine Triple-Therapie mit<br />

Prednisolon in absteigender Dosierung,<br />

Azathioprin und ACC eingeleitet. Diese wurde<br />

gut vertragen. Bei den folgenden dreimonatlichen<br />

Kontrollen zeigten sich stabile<br />

Lungenfunktionsbefunde, der Patient war<br />

beschwerdefrei. Im Oktober 2009 erlitt der<br />

Patient einen Myokardinfarkt mit zweifacher<br />

Stentimplantation, die Triple-Therapie wurde<br />

darüber hinaus bis Februar 2010 fortgesetzt.<br />

Erst 2012 wurde die Triple-Therapie in<br />

der PANTHER-Studie 1<br />

als eher schädlich<br />

und nicht effektiv eingestuft. Bei weiterhin<br />

völlig stabilen Befunden kamen schließlich<br />

Zweifel an der Diagnose auf, die Triple-<br />

Retikuläre Parenchymveränderungen mit Honeycombing<br />

peripher in Ober- und Unterlappen mit<br />

apikobasalem Gradienten (Mai <strong>2018</strong>)<br />

Therapie wurde versuchsweise pausiert und<br />

die Lungenfunktion engmaschig kontrolliert.<br />

Zunächst trat keine Verschlechterung<br />

ein, auch eine bildgebende Kontrolle im Dezember<br />

2010 zeigte einen unveränderten<br />

Befund. Die Kontrollintervalle wurden auf<br />

sechs bis zwölf Monate ausgeweitet. Zwischen<br />

März 2013 und Dezember 2017 hat<br />

der Patient keine Kontrolluntersuchungen<br />

mehr wahrgenommen.<br />

Reevaluierung und neue Therapie<br />

Im Dezember 2017 stellte sich der Patient im<br />

Rahmen einer „erweiterten Gesundenuntersuchung“<br />

auf Drängen seiner Gattin wieder<br />

zur Lungenfunktionskontrolle in unserer<br />

ILD-Ambulanz vor. Er berichtete nach wie<br />

vor über weitgehende respiratorische Beschwerdefreiheit.<br />

Gelegentlich auftretender<br />

Husten war subjektiv nicht belastend. Seit<br />

<strong>2018</strong> gab der Patient aber Belastungsdyspnoe<br />

sowie Husten an, und es zeigte sich die<br />

ausgeprägte Oxygenierungsstörung unter<br />

Belastung.<br />

Es erfolgte eine Reevaluierung. Anamnestisch,<br />

klinisch und laborchemisch ergab sich<br />

weiterhin kein Anhalt für eine Systemerkrankung<br />

oder eine exogen allergische Alveolitis.<br />

Die DL CO , in Vorbefunden stets um 70%, war<br />

nun auf 54% vermindert, die FVC nun bei<br />

77%, während 2013 noch 86% gemessen wurde.<br />

Auch CT-grafisch wurde eine leichte Befundprogredienz<br />

konstatiert, mittlerweile<br />

zeigte sich ein typisches UIP-Muster mit Honeycombing,<br />

Traktionsbronchiektasen und<br />

basoapikalem Gradienten. Im Sechs-Minuten-Gehtest<br />

konnte eine Oxygenierungsstörung<br />

unter Belastung festgestellt werden.<br />

Eine LTOT wurde verordnet und eine <strong>pneumo</strong>logische<br />

Rehabilitation beantragt. Nach<br />

Aufklärung über antifibrotische Therapieoptionen<br />

entschied sich der Patient für eine<br />

Nintedanib-Therapie. Diese führte in den<br />

ersten zwei Wochen der Einnahme zu Diarrhö<br />

und abdominellen Schmerzen, welche<br />

jedoch durch symptomatische Therapie abklangen,<br />

sodass keine Dosisreduktion erforderlich<br />

war. Die Lungenfunktionsparameter<br />

sind seitdem stabil, die Compliance ist als gut<br />

zu bewerten.<br />

Diskussion<br />

Dieser Fall zeigt das große Spektrum an individuellen<br />

Verlaufsformen. Aufgrund der<br />

langsamen, aber stetigen Erkrankungsprogredienz<br />

des Patienten und einer unregelmäßigen<br />

Vorstellung bekam dieser bei<br />

letztlich gesicherter Diagnose bereits eine<br />

LTOT und pulmonale Rehabilitation verordnet<br />

sowie eine nach heutigem Stand<br />

leitliniengerechte antifibrotische Therapie<br />

initiiert. 2,3<br />

Die Guidelines empfehlen eine<br />

frühzeitige Therapieinitiierung bei gesicherter<br />

IPF-Diagnose, um das gesunde<br />

Lungengewebe möglichst lange zu erhalten.<br />

Im richtigen klinischen Kontext ist eine<br />

Therapie bereits bei probable UIP pattern<br />

im HR-CT möglich.<br />

●<br />

1 Raghu G et al., NEJM 2012; 366:1968–77; 2 Behr J<br />

et al., Pneumologie 2017; 71:460–74; 3 Raghu G et al.,<br />

Am J Respir Crit Care Med <strong>2018</strong>; 198:e44–e68<br />

Dr. Christina Imlinger<br />

Universitätsklinik für<br />

Pneumologie, Salzburger<br />

Landeskliniken,<br />

Paracelsus Medizinische<br />

Privatuniversität<br />

ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG Fotos: Salzburger Landeskliniken SC-AT-00243 Fachkurzinformation siehe Seite 50<br />

46 <strong>pneumo</strong> CC 5/18

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