* REPORT Tanja Hentschel befestigt die etwas lockereSpitze am Weihnachtsbaum. Horst Redetzky wünscht sich seine Irene zurück. Tanja Hentschel wünscht sich einen Zebrastreifen. Klaus Hartmann wünscht sich, beweglich zu bleiben. Weihnachten im Pflegeheim Die Wunschzettel der Einsamkeit Sie haben niemanden mehr außer einander: Die Bewohner des Pflegeheims Birkenhofs verbringen Heiligabend zusammen. Der KURIER hat sie dort kurzvor den Festtagen besucht
* SEITE17 BERLINER KURIER, Mittwoch, 19. Dezember 2018 Die weiße Villa an der Lindenthaler Allee ist zum Fest weihnachtlich geschmückt. Von KERSTIN HENSE Zehlendorf – Sie sind einsam, weil sie gerade einen geliebten Menschen verloren haben, nur noch wenige zum Reden haben. Das Schicksal hat die Bewohner des Birkenhofs in Zehlendorf zusammengeschweißt. Sie erzählen, wie sie die Tage vor dem Fest, gemeinsam gegen das Alleinsein, erleben. Manchmal rufen ihn zu Weihnachten noch ehemalige Schüler an. Darüber freut sich Horst Redetzky (97), weil er dann in Erinnerungen schwelgen und über vergangene Zeiten sprechen kann. Er war bis zu seiner Rente Schulleiter in Delmenhorst bei Bremen und ist 2016 zusammen mit seiner Frau Irene in den Birkenhof gezogen. Sie starb vor neun Monaten ,ihr schwaches Herz machte nicht mehr mit. „Es ist das erste Weihnachtsfest ohne sie“, sagt er leise. An diesem grauen verregneten Dezembermorgen, wenige Tage vor Weihnachten, sitzen Horst Redetzky, Tanja Hentschel (45), Maria Erhardt (83) und Klaus Hartmann (79) zusammen im Aufenthaltsraum. Sie teilen ein gemeinsames Schicksal. Sie sind pflegebedürftig und leben allein. So wie sie leben in Deutschland rund 783 000 Senioren in einem Pflegeheim, 71,8 Prozent davon sind Frauen. In Berlin sind es rund 30000. Der Birkenhof ist ein besonderes Heim, das in Deutschland wohl fast einmalig ist. In der weißen Altbauvilla unweit des Mexikoplatzes kochen die Inhaber mit einem kleinen Team noch selbst für ihre Gäste. Heiligabend gibt es für die 27 Bewohner jedes Jahr eine gemeinsame Feier, denn niemand soll allein in seinem Zimmer sein. Auch Horst Redetzky hat schon zweimal daran teilgenommen. „Die Tische sind schön eingedeckt mit Serviettenringen und überall leuchten Kerzen, so wie früher bei uns zu Hause“, sagt er. Tanja Hentschel wird in diesem Jahr zum ersten Mal daran teilnehmen. Sie wohnt erst seit etwa sieben Monaten im Birkenhof und zählt zu den Jüngsten hier. Der KURIER berichtete bereits über ihre außergewöhnliche Geschichte: Sie musste mit gerade 45 Jahren wegen einer schweren Erkrankung ins Pflegeheim ziehen. „Ich bin es gewohnt, allein zu sein, auch Weihnachten, da ich eine schwere Kindheit hatte. Hier im Birkenhof habe ich jetzt mehr Gesellschaft als vorher“, sagt Tanja Hentschel. Sie freut sich auf das Menü am Heiligabend. Es gibt Wildbraten mit Klößen und Rotkohl. „Im vergangen Jahr haben die Kinder des Heimleiters musiziert. Das war so schön“, sagt Horst Redetzky. Am ersten Weihnachtsfeiertag will er mit seinem Sohn und der Familie feiern, die ihn hier nach Berlin in ihre Nähe geholt haben. „Irgendwann ging es zu Hause allein nicht mehr so gut“, sagt er. „Da war das Heim die beste Lösung.“ Was er sich zum Fest wünscht? „Dass der Kopf noch weiter mitspielt und ich noch weiter meine Bücher und Artikel für den Heimatbrief schreiben kann.“ Horst Redetzky ist Autor und hat unter anderem das Taschenbuch „Ich war weder Held, noch ein Verbrecher“ über seine Zeit als Soldat in der Wehrmacht heraus gebracht. Weihnachten und in den Tagen davor, so erzählt Horst Redetzky, wird er immer sehr sentimental. „Da denke ich viel an früher, an meine Mutter Meta und natürlich meine Irene. Was glauben Sie, wie traurig ich manchmal bin. In manchen Nächte leide ich wie ein Hund“, sagt er und seine Stimme wird ein brüchig. Vergangenes Jahr um die gleiche Zeit haben die Redetzkys noch zusammen auf diesem Sofa im Aufenthaltsraum gesessen und sich an den Händen gehalten. Manchmal hätten sie auch über den Tod gesprochen. Er sagt: „Man weiß nie, wie viel Zeit einem noch bleibt. Es kann heute sein, es kann morgen sein. Vorbereitet ist man nie.“ Man muss jeden Tag bewusst Köchin Erika bereitet in der Küche liebevoll selbst gemachte Hausmannkost für die Bewohner zu. Fotos: Andreas Klug leben, ergänzt Klaus Hartmann. Er hat auch keine materiellen Wünsche. „Ich bin froh, wenn ich noch weiter so gut zu Fuß bin“, sagt er. Hartmann lebt seit Juli im Birkenhof. Den ersten Weihnachtsfeiertag wird er bei seiner Frau und Tochter verbringen, „ganz gemütlich bei einem gemeinsamen Essen“. Als er vom Stuhl aufspringt, um einem Bewohner Platz zu machen, wirkt er sehr agil. „Herr Hartmann macht das richtig. Viele kommen viel zu spät ins Heim und haben dann oft nicht mehr die Kraft, ihr Zimmer zu verlassen und sich umzusehen. Dann werden sie einsam“, sagt Horst Redetzky. Gegenüber sitzt Maria Erhardt. Sie kann nicht mehr so gut laufen. Sie freut sich, wenn ihr jemand wie Tanja Hentschel hilft, wenn sie mit mit ihrem Gehwagen nicht durch den schmalen Flur kommt. Sie findet, für Senioren müsste in Deutschland viel mehr getan werden. „Mich macht es traurig, wenn ich sehe, dass alte Menschen Flaschen sammeln müssen, weil die Rente nicht reicht.“ Für 2019 haben die Bewohner des Birkenhofs noch einen besonderen Wunsch. Einen Zebrastreifen vor dem Heim. „Damit wir keine Angst mehr haben müssen, wenn wir die Straße überqueren“, erläutert Tanja Hentschel. Sie fügt hinzu: Das wäre doch zu schön, um wahr zu sein.
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