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SZENE<br />
B O C H U M<br />
SoniaSeymour Mikich<br />
IhreDiskussionsreihe heißt„Ausreden –zuhören!“.Ist das keineSelbstverständlichkeitmehr?<br />
Nein, weil es in vielen Talkformaten auch um dasMomentder Unterhaltung<br />
geht.Unterhaltungentstehtda, wo Leutesichzoffen,gegenseitigins<br />
Wort fallen oder Gegenpositionenhaben.Was ichhierinBochumentwickelnwill,<br />
istGesprächskultur.Leute hörensichzu, revidieren vielleicht<br />
maleinen Gedanken oder ergänzen ihn, erlauben einen<br />
Perspektivwechsel. Das geht aber nur, wenn nichtin<br />
Schlagworten gesprochen wird.Esgehtnicht um rhetorische<br />
Punkte,die mansammelt, sondernumErkenntnis.<br />
Das wollte ichimmer haben unddeshalb stammtder Titeldes<br />
Formatstatsächlich vonmir selbst.<br />
Dauerndtreten Menschen mitLob an Sieheran.Offenbarstillen<br />
Siemit „Ausreden–zuhören!“ eine Sehnsucht. Warumist es<br />
dann im Fernsehensoseltenanzutreffen?<br />
Ichbin jetztpensioniert undhabemeinenSchlussstrichunter dieFernseharbeitgezogen.Aberich<br />
habemir dasbei Talkshowsselbstimmer gewünscht,dassman<br />
sich etwasmehrzuhört. Aber dasgehtscheinbar gegendie<br />
DNAder Formateund funktioniert einfachnicht.<br />
20<br />
„Ausreden –zuhören!“<br />
Gegendie Talkshow-DNA<br />
„Was mir im<br />
Hauptprogramm fehlt,<br />
sind dieruhigen,<br />
nachdenklichen,<br />
skeptischen<br />
Diskussionen.“<br />
Foto:©WDR/Annika Fußwinkel<br />
Sonia Mikichist eineLegendedes politischen Journalismus,war<br />
von2002bis 2012 dasGesicht des<br />
Fernseh-Magazins „Monitor“, wurdeimDezember<br />
Journalistindes Jahres. Wenn siezuihrer neuenDiskussionsreihe<br />
im Schauspielhaus Bochum lädt, ist<br />
das Foyer hinter dergroßenGlasfront voll, das Publikumhängt<br />
an denLippen derDiskutanten. MaxFlorian<br />
Kühlem wolltewissen, wieSonia Mikich das<br />
macht und traf sienachder Dezember-Ausgabe.<br />
Im Theateraber schon?<br />
Das istein wunderbarerOrt,weilduweißt,dassduetwas Besonderes<br />
kriegst, wenn du dieseSchwelleübertrittst.Geradedas Bochumer Schauspielhaus<br />
hateineStrahlkraft, dieich noch aus meiner Zeit kenne,als ich<br />
in derStadt am Russicum studiert habe. Es strahltindie Gesellschaft hinein,<br />
aber nimmt auch ihre Strömungen auf. Es hältein Zwiegespräch<br />
mitden Menschen hier im Ruhrgebiet undverstandsichimmer als<br />
gesellschaftspolitisch.Hiermussman diegroßenThemender Zeit<br />
verhandeln.Heimat,Identität,Globalisierung. Wo gehöreich hin?<br />
WasdenkenSie über denaktuellen Zustanddes Journalismus?<br />
Geht es zu oftumStereotype, geht die ausgewogeneAnalyse verloren?<br />
Journalismusist ja immerein Spiegelder Gesellschaft undnatürlich<br />
gibt es vieleSpaltungserscheinungen, Risse, Fragen,Skepsis, Zweifel.<br />
Ichwünsche mir viel Analyseund habedurch meineeigeneArbeitdazu<br />
beigetragen, dass dasInvestigative enormgestärktwurde.Daraufbin ich<br />
stolz. Wasmir im Hauptprogrammfehlt,sinddie ruhigen, nachdenklichen,<br />
skeptischenDiskussionen.<br />
DasMagazin „Monitor“, dasSie zehn Jahrelangmoderiert haben,galt<br />
und gilt vielen Menschen alsBastion desguten Journalismus.<br />
Heutegibteseinige,die diegroßenMedienanstaltenpauschalals<br />
„Lügenpresse“ abkanzeln. Schwindetdas<br />
Vertrauen?<br />
Wenn manStudienglaubt, dann istnochein enormes<br />
Vertrauenda, wenn es um dasWesentlichegeht, um<br />
Themen wiezum Beispiel dieProtesteder Gelbwesten in<br />
Frankreich. Da werden dann dieklassischen Medien eingeschaltet,gelesen<br />
undsoweiter, um einigermaßen verlässliche Informationen<br />
zu bekommen.Weilman denAbsenderkennt undihn zur Notauch<br />
kritisieren kann.Aberein Problemist sicher,die jungen Menschen zu erreichen.Auch<br />
beider DiskussionimSchauspielhaus warenwiederviele aus<br />
derälteren Generation da.Deswegenwerde ichnächstesJahr in Schulen<br />
gehenund erzählen.Was istJournalismus,warum isteswichtig,guten<br />
Journalismus zu haben?Glaubwürdigkeitwirdein immer größeresThema<br />
werden.Eswirdimmer wichtiger, dass dieMenschendie Namenund Institutionen<br />
kennen, diehinterden Nachrichtenstehen, undihnen vertrauen.<br />
Ausreden –zuhören!(Thema „Wer binich –und wersagtmir das?“):<br />
3.2. Schauspielhaus Bochum;schauspielhausbochum.de