TITELTHEMA: FLUCHT & VERTREIBUNG „Jeder Mensch hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu genießen.“ (Arti<strong>ke</strong>l 14 der UN-Menschenrechtserklärung) Immer mehr Menschen müssen fliehen. Weltweit sind momentan 51,2 Millionen Menschen auf der Flucht vor Bürgerkrieg, Armut, politischer oder religiöser Verfolgung, um nur wenige Gründe zu nennen (Zahlen Sommer 2014). 86 % dieser Menschen suchen Schutz im eigenen Herkunftsland oder in Nachbarstaaten. Nur ein Bruchteil der Flüchtlinge macht sich auf den langen und gefährlichen Weg in Richtung Europa oder Nordamerika. Auf der Flucht in ein neues Leben lassen die Menschen alles zurück, was sie besitzen. Nicht selten sind sie auf Fluchthelfer angewiesen, die sich ihren Dienst teuer bezahlen lassen und denen sie gnadenlos ausgeliefert sind. Seit 2000 sind über 23.000 Menschen an Europas Außengrenzen gestorben. Die me<strong>ist</strong>en von ihnen bei der Flucht über das Mittelmeer. Und die Methoden der Schlepper werden immer skrupelloser. Zuletzt erreichte uns im Januar 2015 die Nachricht von führungslosen und ausrangierten Frachtern, die mit Geflüchteten überfüllt auf Italiens Küsten zusteuerten. Die „legale“ Einreise bleibt den Geflüchteten me<strong>ist</strong> verwehrt, da ihre Visaanträge nicht genehmigt werden. So bleibt vielen nur die „illegale“ Einreise nach Deutschland oder in andere europäische Staaten. Diese wird aber durch die europäische Flüchtlingspolitik erschwert: Durch die Dublin III-Verordnung wird die Zuständig<strong>ke</strong>it für die Prüfung eines Asylantrages innerhalb der EU geregelt. So müssen Asylsuchende in dem Staat Antrag auf Asyl stellen, der als „sicherer Drittstaat“ anerkannt <strong>ist</strong> und wo sie erstmalig Kontakt mit europäischen Behörden haben. Alternativ droht die Abschiebung in das Heimatland. In der Regel sind dies Randstaaten wie zum Beispiel Italien, Griechenland und Ungarn. Diese Regelung macht es den Menschen unvergleichbar schwer zum Beispiel in Deutschland einen Antrag auf Asyl zu stellen, unabhängig davon, ob sie bereits Familie hier haben oder die Sprache sprechen. So bleibt vielen nur die „illegale“ Einreise nach Europa und die Beantragung von Asyl. In Deutschland wird dies jedoch durch die Europäische Flüchtlingspolitik erschwert. „Sichere Drittstaaten“ sind fast alle Länder der EU. Die Geflüchteten können in Deutschland also nur dann einen Asylantrag stellen, wenn sie nicht zuvor von Behörden anderer „sicherer Drittstaaten“ reg<strong>ist</strong>riert wurden. Trotz dieser erschwerten Bedingungen nimmt die Zahl der Asylsuchenden in Deutschland zu. So suchten 2013 110.000 Menschen in Deutschland Schutz. 2014 waren es bereits in der ersten Jahreshälfte 65.000 Menschen. In dieser Zahl nicht mit inbegriffen, <strong>ist</strong> der Teil an Geflüchteten, die bereits schon an der Grenze abgefangen wurden, bevor sie einen Antrag auf Asyl überhaupt stellen konnten. Der größte Anteil der Asylsuchenden kommt zurzeit aus Syrien, gefolgt von verfolgten Roma aus Serbien (hier liegt die Schutzrate bei fast null, da Serbien seit 2014 ein anerkannter Drittstaat <strong>ist</strong>) und Menschen aus Afghan<strong>ist</strong>an. Viele der Geflüchteten sind traumatisiert, haben Gewalt auf der Flucht erfahren oder aber auch Teile ihrer Familie verloren. Nach Ankunft in Deutschland kommen sie zunächst in einer Erstaufnahmeeinrichtung unter. Danach erfolgt die regionale Zuweisung. Eine freie Wohnungswahl, beispielsweise um in der Nähe von Familie oder Freunden unterzukommen, <strong>ist</strong> nicht möglich. Auch die Arbeitserlaubnis <strong>ist</strong> eingeschränkt oder verboten. Die Prüfung der Asylanträge dauert in Deutschland durchschnittlich über 7 Monate. In dieser Zeit leben die Menschen me<strong>ist</strong> abgeschottet von der Gesellschaft in abgelegenen Lagern. Dies macht es ihnen unmöglich, Anschluss zu finden und medizinische und psychische Betreuung zu bekommen. Nur 13,5 % der Menschen, die versuchen einen Antrag in Deutschland zu stellen, werden angenommen (Zahlen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge). Die me<strong>ist</strong>en bekommen Ablehnungsbescheide oder werden aufgrund der Dublin-Verordnung abgeschoben. Einige werden weder abgeschoben, noch wird der Antrag gewährle<strong>ist</strong>et. Sie leben Jahrelang mit einer „Duldung“ in Deutschland. Das bedeutet, dass sie eigentlich abgeschoben werden sollten, dies aus verschiedenen Gründen jedoch nicht möglich <strong>ist</strong>. Es bleibt ein Leben mit der Angst vor Abschiebung. Nina Bartz, Ilona Frank
FLUCHTWEGE Obwohl wir viel von überfüllten Gummibooten <strong>voll</strong>er geflüchteter Menschen vor der italienischen Insel Lampedusa lesen, <strong>ist</strong> dies längst nicht die einzige Route, um nach Europa zu gelangen. Je nach Jahreszeit, Stär<strong>ke</strong> der Kontrollen und natürlich Budget der Flüchtenden führen ganz unterschiedliche Wege nach Europa. Hier seht ihr eine Übersicht der aktuell wichtigsten Routen. Quelle: Pro Asyl