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„Betteln ist ein<br />
Menschenrecht“<br />
Vortrag in Zams räumte mit Vorurteilen auf<br />
(upi) Kürzlich lud das Katholische Bildungswerk Zams zu einem<br />
aufschlussreichen Vortrag mit dem Thema „Betteln“. Als Referent<br />
war Bernd Pirker gekommen, der neben seinen Erfahrungen als<br />
Sozialarbeiter auch Aspekte zu einer anschließenden Diskussion<br />
lieferte. Thematisiert wurde auch die Situation in Landeck.<br />
„Wenn man auf die Lebensgeschichte<br />
der Bettler eingeht, kommt<br />
man drauf, dass dahinter ein viel<br />
größeres Thema steckt, als zuerst angenommen“,<br />
sagt Bernd Pirker, der<br />
seit rund 20 Jahren beim Bahnhofssozialdienst<br />
in Innsbruck tätig ist.<br />
„Betteln ist so alt wie die Geschichte<br />
der Menschheit und ein Menschenrecht“,<br />
so der Sozialarbeiter, der aber<br />
anfügt: „Aggressives Betteln – wie<br />
zum Beispiel an die Haustür klopfen<br />
oder Kinder vorschieben – ist verboten.“<br />
Schwierig sei es für viele hierzulande<br />
indessen, eine vernünftige<br />
Position zu Bettlern einzunehmen.<br />
Vor allem mediale Berichte – zum<br />
Beispiel hinsichtlich propagierter<br />
mafiöser Strukturen – würden es<br />
einem manchmal schwer machen,<br />
über seinen eigenen Schatten zu<br />
springen und eine Spende zu geben.<br />
Dennoch: „Betteln ist ein sichtbares<br />
Zeichen, dass in der Gesellschaft<br />
etwas nicht funktioniert. Es ist eigentlich<br />
ein entwürdigendes Gefühl,<br />
denn keiner bettelt freiwillig.“ Pirker<br />
umriss in seinem Vortrag spannend<br />
die Geschichte des Bettelns von den<br />
vorchristlichen Zeiten bis heute.<br />
Eine Essenz dabei: Zumeist waren<br />
es sogenannte Systemverlierer oder<br />
Leidtragende von Kriegen. „Dass<br />
jemand unser Sozialsystem mit Betteln<br />
ausnutzt, ist Blödsinn, diese<br />
Leute bekommen einfach keine Arbeit.<br />
Es wird auch nicht passieren,<br />
dass Österreich von Bettlern überschwemmt<br />
wird.“<br />
RECHT. Bettler haben derweil<br />
auch nicht selten mit dem Vorwurf<br />
der organisieren Bettlerei zu kämpfen.<br />
„Es gibt den Vorwurf, dass sie<br />
organisiert sind. Natürlich sind sie<br />
organisiert“, erklärt der Sozialarbeiter,<br />
„es ist ja meistens eine ganze<br />
Familiengruppe – zum Beispiel<br />
Roma – die loszieht, um zu betteln<br />
und so ihre Existenz zu sichern.<br />
Und dann meint man, die werden<br />
gezwungen zum Betteln, weil einer<br />
mit dem Auto kommt und Geld<br />
einsammelt.“ Nachsatz: „In Österreich<br />
konnte bis heute nachweislich<br />
keine mafiöse Struktur aufgedeckt<br />
werden.“ Das Menschenrecht auf<br />
Betteln sollte auch in Österreich<br />
ausgeübt werden dürfen, obwohl<br />
derzeit „eher eine restriktive Politik“<br />
ausgeführt werde. Wenn man<br />
sich schwer tut, jemandem etwas<br />
zu geben – welche Lösungsansätze<br />
gibt es? „Mit den Leuten reden oder<br />
nach ihrem Namen fragen. Wenn<br />
ich ihre Geschichte etwas kenne,<br />
tue ich mir leichter. Es muss ja auch<br />
nicht immer Geld sein, auch Brot<br />
oder Essbares kann manchmal gespendet<br />
werden. Aber grundsätzlich<br />
ist es so: Das was hier bei uns beim<br />
Betteln verdient wird, ernährt ein<br />
ganzes Dorf zum Beispiel in Rumänien<br />
ein halbes Jahr lang.“ Bei der<br />
abschließenden Diskussion wurde<br />
auch die Situation (beim Frischemarkt)<br />
in Landeck thematisiert.<br />
Eine Teilnehmerin schilderte, dass<br />
man Bettler vom Frischemarkt bzw.<br />
Christine Wittenbauer, Leiterin vom Katholischen<br />
Bildungswerk Zams, …<br />
aus der Malser Straße per Verordnung<br />
ausschließen wollte. Das ging<br />
dann letztendlich nicht durch.<br />
Bernd Pirker: „Betteln ist ein Menschenrecht!“<br />
RS-Fotos: Unterpirker<br />
… lud zum aufschlussreichen Vortrag „Betteln“ im Widumkeller in Zams.<br />
HASS. „Eigentlich hatten die<br />
Wenigsten ein Problem damit“, so<br />
die Dame. Dann meldete sich eine<br />
Standbetreiberin vom Frischemarkt<br />
zu Wort. „Im Winter ist es für die<br />
Bettler besonders hart. Ich kann gar<br />
nicht hinschauen, wie sie stundenlang<br />
auf dem kalten Boden sitzen.<br />
Ich gebe ihnen immer was! Sie sind<br />
sehr freundlich und nicht aufdringlich.<br />
Und als Christen sind wir aufgefordert,<br />
etwas zu spenden!“ Es gibt<br />
aber auch Wut und Hass: „Manche<br />
Passanten schimpfen – ich habe den<br />
Eindruck, dass solche Leute die Armut<br />
nicht sehen wollen.“ Mit einem<br />
(möglichen) Vorurteil wollte man<br />
in der Runde ebenfalls aufräumen.<br />
Der Zeitungsverkäufer (20er) beim<br />
MPreis in Zams sei nicht einfach<br />
unfreundlich oder würde absichtlich<br />
wegschauen und auf seinem Handy<br />
herumtippen, sondern: „Er ist sehr<br />
jung. Ich glaube, er ist einfach extrem<br />
schüchtern“, mutmaßt ein Diskussionsteilnehmer.<br />
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Landeck<br />
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PARTNER DER MENSCHEN<br />
PARTNER DER WIRTSCHAFT<br />
RUNDSCHAU Seite 24 27./28. März 2019