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NATÜRLICHE NAHRUNGSKETTEN REGEL 1 Einige Schlüsselarten wirken sich besonders stark auf die Stabilität eines Ökosystems aus. In der Serengeti hängt viel von den Gnus ab. Die am häufigsten auftretenden Grasfresser der Savanne haben einen grossen Einfluss auf die Vegetation. Auch Parasiten können Schlüsselarten sein. REGEL 2 Einige Arten, vor allem Top-Prädatoren, wirken stark auf untere Arten der Nahrungspyramide ein. In der Serengeti sind dies die Löwen, in der Makah Bay die Seesterne. REGEL 3 Auch Konkurrenz reguliert die Bestände. Nimmt die Zahl der Gnus und Büffel zu, reduzieren sich die Bestände der Grashüpfer und Gazellen, weil für sie weniger Gras übrig bleibt. Die Raubschnecke in der Makah Bay profitierte vom Ausfall der Seesterne, und der Kojote im Yellowstone wich dem Wolf. REGEL 4 Auch die Grösse der Beutetiere spielt eine Rolle. Tiere bis 150 kg Gewicht werden von verschiedenen Räubern erlegt, grössere höchstens von Löwen. Ausgewachsene Elefanten, Giraffen oder Nashörner haben jedoch nur wenig zu befürchten. REGEL 5 Grosse Pflanzenfresser wie Elefanten, Giraffen, Nashörner oder Nilpferde vertilgen Unmengen von Grünzeug. Wird ihre Bestandesdichte zu hoch, bleiben sie auch ohne konkurrierende Arten hungrig. REGEL 6 Wer in seinem Lebensraum zu wenig Futter findet oder zu vielen Feinden ausgesetzt ist, kann wandern. Elefanten tun dies ebenso wie Gnus oder Lemminge. Dadurch können sie ihre Bestände auf hohem Niveau halten, verändern jedoch die Landschaft anderswo. Carroll leitet aus diesen Regeln die «Logik des Lebens» ab, die auf alle Ökosysteme übertragbar sei. Wer sie kenne, könne auch regulierend eingreifen, um Systeme zu reparieren, die aus dem Gleichgewicht geraten sind. Doch diese Ansicht bleibt nicht unwidersprochen. Viele Ökologen finden dies zu kurz gedacht. Begriffe wie «natürliche Selbstregulation» oder «ökologisches Gleichgewicht» lehnen sie ab. Der Küstenbiologe Karsten Reise, langjähriger Leiter der Wattenmeerstation des Alfred Wegner Instituts auf Sylt sagt dazu, dass Ökosysteme Gefüge seien, die sich ständig verschieben. Ein Wechselspiel der Arten, die in ihnen leben, und der Umweltfaktoren, die darauf einwirken. «Es gibt zwar Regeln, nach denen dies geschieht. Aber das Ziel, ein Gleichgewicht zu halten, hat nur der Mensch.» Dieser erwarte etwas Bestimmtes von einem Ökosystem. Gemeint seien etwa möglichst viel Fisch aus einem Fischgrund, gut gewachsene Bäume in einem Wald oder besondere Arten in einem Naturschutzgebiet. DYNAMISCHE NATUR Doch auch der Biologe Reise bestätigt: «Unter dem Strich kann man die Serengeti-Regeln ohne Weiteres übertragen. Jedes Gefüge muss für sich analysiert werden, auch weil manche Arten sich weiter entwickeln und ihr Verhalten ändern.» Die Natur ist dynamisch. Und ihre Regeln sind es auch. FOTO: SHUTTERSTOCK.COM/PETER SCHWARZ Das System Serengeti muss im Gleichgewicht bleiben.
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