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MQ Frühjahr 2019 intneu

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NATUR & UMWELT<br />

… deren Gesang einst große Dichter wie Goethe und Shakespeare beflügelte. Heute verzaubert<br />

die Feldlerche nur noch mancherorts ihre Zuhörer. Denn die Vogelart beklagt einen über<br />

30 prozentigen Verlust ihres Bestandes, so dass sie auf der Roten Liste in der Kategorie 3 als<br />

gefährdet eingestuft wird. In 2008 gab es noch 2,1 bis 3,2 Millionen Brutpaare in Deutschland.<br />

Um die Lerche vermehrt zu schützen wurde sie bereits zum zweiten Mal zum Vogel des<br />

Jahres (<strong>2019</strong>) ernannt.<br />

Berühmt wurde der kleine Singvogel durch seinen<br />

trillernden Spiral- und Sturzflug aus einer Höhe<br />

zwischen 50 und 200 Metern. Zur Brutzeit<br />

erobert das Männchen mit diesem Schauspiel<br />

sein Weibchen, das vom Boden aus viel kürzer<br />

und leiser ihr Lied ertönen lässt. Ihr beiges bis rötlichbraunes<br />

Gefieder bildet die ideale Tarnung für die Bodenbrüterin,<br />

welche ab März mit dem Nestbau und der<br />

Ablage von 2 bis 7 Eiern (je nach Witterung) beginnt. In<br />

einer fünf bis zehn Zentimeter tiefen, mit Halmen und<br />

Wurzeln ausgepolsterten Mulde kommen die Nestlinge<br />

zur Welt, die bereits nach elf bis zwölf Tagen schlüpfen.<br />

Wegen der erhöhten Gefahr durch Nesträuber brütete<br />

das Weibchen in früheren Jahren bis zu drei Mal pro<br />

Jahr, damit wenigstens ein Junges pro Saison überleben<br />

konnte. Heute werden die Brut als auch die Elterntiere<br />

durch ganz andere Bedingungen bedroht. „Ich habe in<br />

meinem großen Archiv keine Fotos von Feldlerchen, weil<br />

ich im Artland seit Jahrzehnten keine mehr gesehen<br />

habe“, bedauert der Quakenbrücker Naturfotograf Friedel<br />

Zöpfgen das Schwinden dieser Art in unserer Region.<br />

Ihr vielfältiger Speiseplan findet hier schon lange keine<br />

„gedeckten Tische“ mehr, weder zur Brutzeit (Sommer)<br />

noch zur Überwinterung. Die Überdüngung und Verarmung<br />

der landwirtschaftlichen Flächen bietet der Feldlerche<br />

kaum Sämereien und Insekten für das Überleben.<br />

Statt der großen Getreidestoppelfelder gibt es zwanzig<br />

Mal mehr Maisflächen (Raps), zu wenig Brachen und<br />

Wildkräuter. Die Feldlerche leidet unter der Versiegelung<br />

der Landschaft, der Intensivierung der Landwirtschaft<br />

mit einer dichten Bepflanzung, der Zunahme von<br />

Wintergetreide und neuen Sorten. Die Bestände sind<br />

außerdem zu hoch, so dass die Vögel nicht landen oder<br />

ihre Nistplätze nicht erreichen können. Stattdessen<br />

versuchen sie auf vegetationsfreien Fahrspuren zu brüten,<br />

werden dabei aber häufig von Traktoren überrollt.<br />

Pestizide vernichten zudem Wildkräuter und Insekten<br />

(Rückgang um 75 %). Die Nahrung wird also auf allen<br />

Ebenen knapper. Die Feldlerche braucht daher dringend<br />

Schutznahmen wie ein vielfältiges kleinräumiges Mosaik<br />

mit verschiedenen, landwirtschaftlichen Nutzungen:<br />

Heiden und lichtbepflanzte Äcker mit vielfältigen<br />

Fruchtfolgen sowie Mähwiesen mit mindestens 46 Tage<br />

dauernden Schnittintervallen zwischen den Monaten<br />

März und Juli sowie angemessene Schnitthöhen.<br />

In sechs Ländern Südeuropas wird die Feldlerche nach<br />

wie vor im Herbst und Winter bejagt, so dass allein dadurch<br />

900 000 Tiere jährlich sterben. Der Naturschutzbund<br />

(Nabu) empfiehlt zur Rettung der Feldlerche die<br />

Anlage von Lerchenfenstern, Blühstreifen, Erbsenfenstern<br />

und Feldvogelinseln. All diese neuartigen Maßnahmen<br />

sind bereits in verschiedenen, bundesweiten<br />

Projekten erfolgreich umgesetzt worden. Die Argarförderung<br />

wird mit 58 Millionen Euro vom EU-Haushalt<br />

subventioniert. Leider fließe nur ein Bruchteil dieses<br />

Geldes in naturverträgliche Maßnahmen wie Blühstreifen<br />

und lockere Bepflanzung, bedauern der Nabu und<br />

der Landesbund für Vogelschutz in Bayern. Sie fordern<br />

eine zukunftsfähigere Landwirtschaft und das Ende des<br />

Artensterbens. Ein 15- Milliarden-Euro starker EU- Naturschutzfonds<br />

müsse jährlich Leistungen von Landwirten,<br />

Waldbesitzern und anderen Landnutzern für die biologische<br />

Vielfalt honorieren. Vielleicht ist dann eines Tages<br />

der beliebte Gesang der Feldlerche hoch am Himmel<br />

auch bei uns wieder zu hören.<br />

Die Feldlerche legt zwei bis<br />

sieben Eier in 20 bis 50 Zentimeter<br />

hohe Vegetation in eine<br />

ausgepolsterte Mulde.<br />

Foto: Michael Breuer<br />

Ausgabe Frühjahr <strong>2019</strong> mq | 55

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