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12 BERLIN BERLINER KURIER, Freitag, 12. April 2019 **<br />
Klima-Rebellen wollen Berlin<br />
Nächsten Montag startet die neue Bewegung eine Protestwoche des zivilen Ungehorsams<br />
Von<br />
STEFAN STRAUSS<br />
Die Rebellen sehenfriedlich<br />
aus. Sietreffensich in einer<br />
Neuköllner Bürogemeinschaft<br />
an der Karl-Marx-Straße.<br />
Im Flur stapeln sich Straßenschuhe,<br />
die vier Leute im Besprechungsraum<br />
planen ihre Protestaktionen<br />
auf Socken. Sie gehören<br />
zu einer neuen Umweltbewegung,<br />
die sich vor ein paar Monaten als<br />
„Extinction Rebellion“ (Rebellion<br />
gegen dasAussterben) in Großbritannien<br />
gegründet hat, sich weltweit<br />
ausbreitet und auch in<br />
DeutschlandihreerstenAnhänger<br />
gefunden hat.<br />
Etwa20Gruppen gibt es zurzeit<br />
in deutschen Städten,auchinBerlin.<br />
Sie rufen zuMassenprotesten<br />
und zu zivilem Ungehorsam auf,<br />
um dieRegierungenihrer Länder<br />
zu einer konsequenten Klimapolitik<br />
zu zwingen.<br />
Am nächsten Montag, um fünf<br />
nachzwölf, werden sich die Gruppen<br />
in Berlin erstmals vorstellen,<br />
ihre Forderungenvor dem Reichstagsgebäudevorlesen<br />
und sich auf<br />
der Jannowitzbrückezur Kundgebung<br />
treffen. 400 Menschen sind<br />
bei der Polizei angemeldet, doch<br />
niemand weiß, wie viele wirklich<br />
kommen. Später wollen die Demonstranten<br />
Brücken besetzen.<br />
„Hunderte Menschen sind bereit,<br />
sichverhaftenzulassen,umBevölkerung<br />
und Politik aufzurütteln“,<br />
heißt es in dem Aufruf. „Die Zeit<br />
läuft uns davon.Wir stehen vor einem<br />
ökologischen Kollaps.“Ohne<br />
Lesen Sie in der großen Wochenendausgabe:<br />
Gewalt, friedlich<br />
und ungehorsam<br />
sollen die Aktionen<br />
sein, geplantsindBlockaden<br />
von Straßen und Brücken.<br />
Die gesamte Woche sind solche<br />
Aktionen geplant.<br />
Zur <strong>Berliner</strong> Gruppe gehören<br />
Handwerker, Studenten, Künstler<br />
und Wissenschaftler. Die jüngsten<br />
sind umdie 20, die ältesten etwa<br />
60. Bis zu 50 Leute kommen zu<br />
den wöchentlichen Treffen. Sie<br />
Mutter,Mutter,Kind:Sobalddie „Ehe<br />
füralle“daist,heiraten Friederike und<br />
Lena. Dochbei ihrem Kinderwunsch<br />
fühlen sie sich nicht unterstützt<br />
In einer<br />
Neuköllner<br />
Bürogemeinschaft<br />
planen die Aktivisten<br />
die Protestwoche<br />
in Berlin.<br />
seien sich einig, dass es angesichts der<br />
massiven Klimaveränderungen jetzt<br />
„stärkere Ausdrucksformen des friedlichenProtests“<br />
gebenmüsse,sagtElena<br />
Jentsch. Die 46-Jährige arbeitet ineinem<br />
Steuerbüro und kümmert sich um<br />
einen Kinderbauernhof in Pankow.<br />
Nick Holzberg (23) hat in den Niederlanden<br />
Politik, Wirtschaft und Soziologie<br />
studiert und hält jetzt Vorträge in<br />
Clubs,Kneipenund Unis über die neue<br />
Bewegung. „Die Umweltbewegung in<br />
Deutschland war bisher viel zu gehorsam“,<br />
sagt NickHolzberg. „Was<br />
die Aktivisten bisher getan haben,<br />
war, bis auf wenige Ausnahmen,<br />
nicht genug. Es hat zu wenig gebracht.“<br />
Friederike Schmitz hat sich bisher<br />
um das Leben von Tieren gekümmert.<br />
Die 36-Jährige arbeitet<br />
als Philosophin,Tierethikerin und Autorin.<br />
Sie lehnt Öko-Tierhaltung ab,<br />
weilauch dort Tiere getötetwerden. In<br />
den vergangenen Monaten hat sie viel<br />
gelesen über die extreme Hitze, Dürren<br />
und heftige Unwetter. „Ein bisschen<br />
dagegen demonstrieren reicht nicht<br />
mehr“, sagt sie mit ernstem Gesicht.<br />
„Und nur den Konsum zu verweigern<br />
und die Ernährung zu verändern, auch<br />
nicht.“ Esgehe jetzt darum, in friedlicher<br />
Weise Grenzen zu überschreiten.<br />
„Es entspricht der Dramatik unserer<br />
Lebenssituation, die bestehenden Regeln<br />
zubrechen“, sagt die zurückhaltende<br />
Frau.<br />
Rina Wahls (22), Studentin der Kulturwissenschaften,<br />
sagt bei dem Treffen<br />
in Neukölln: „Ich bin bereit, für meine<br />
Überzeugung in Haft zu gehen.“ Die<br />
anderenamTischnicken.<br />
Die Russin sitzt nach<br />
ihrer Festnahme leicht<br />
verletzt in einem<br />
Rettungswagen.<br />
Fotos: Markus Wächter<br />
Gesicht<br />
zeigen: Elena<br />
Jentsch, Rina<br />
Wahls, Friedrike<br />
Schmitz, Nick<br />
Holzberg(v.l.)<br />
Typisch griechisch: Die nördlichen<br />
Sporaden sind sehr ursprünglich<br />
Reifen für Radler: Dünnhäutig<br />
bis Stufe „Hart im Nehmen“<br />
Frau (26) will Restaurant in<br />
Brand setzen –Festnahme<br />
Berlin –Ein weiblicher Feuerteufel<br />
hat in der Nacht zu<br />
Donnerstag versucht, eine italienische<br />
Gaststätte in Altglienicke<br />
in Brand zu stecken.<br />
Gegen 0.20 Uhr bemerkte ein<br />
Polizist außer Dienst, wie eine<br />
weibliche Person vor einem<br />
Restaurant in einem<br />
Wohn- und Geschäftsgebäude<br />
in der Semmelweisstraße<br />
begann, mehrere Terrassenmöbel<br />
anzuzünden.<br />
Er alarmierte daraufhin seine<br />
uniformierten Kollegen.<br />
Der weitere Hergang ist derzeit<br />
noch unklar. Fakt ist jedoch:<br />
Die Brandstifterin<br />
konnte noch vor dem Eintreffen<br />
der Streifenwagen von<br />
mehreren Personen überwältigt<br />
werden. Dabei wurde sie<br />
nach Informationen von Zeugen<br />
leicht verletzt.<br />
Die ebenfalls alarmierte<br />
Feuerwehr konnte die mit<br />
Brandbeschleuniger übergossenen,<br />
lichterloh in Flammen<br />
stehenden Möbel und einen<br />
Sonnenschirm schnell löschen.<br />
Die Hintergründe werden<br />
nun ermittelt. PDE<br />
Foto: Pudwell