29.04.2019 Aufrufe

GemNova Magazin Sonderausgabe Gemeindetag 2018

Viele spannende Themen in der Gemeindetag-Sonderausgabe des GemNova-Magazins Interviews mit Landeshauptmann Günther Platter, dem Präsidenten des Tiroler Gemeindeverbandes Ernst Schöpf, den Landesrätinnen Ingrid Felipe und Beate Palfrader sowie Landesrat Johannes Tratter. Dazu ein Schwerpunkt zu Digitalisierung und E-Government - und vieles mehr, jetzt in der Sonderausgabe des GemNova Magazins zum Tiroler Gemeindetag 2018.

Viele spannende Themen in der Gemeindetag-Sonderausgabe des GemNova-Magazins
Interviews mit Landeshauptmann Günther Platter, dem Präsidenten des Tiroler Gemeindeverbandes Ernst Schöpf, den Landesrätinnen Ingrid Felipe und Beate Palfrader sowie Landesrat Johannes Tratter. Dazu ein Schwerpunkt zu Digitalisierung und E-Government - und vieles mehr, jetzt in der Sonderausgabe des GemNova Magazins zum Tiroler Gemeindetag 2018.

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ALPINE SICHERHEIT<br />

Ein wichtiges, aktuelles Projekt ist die Sicherung des Grinner Mühlbaches.<br />

Die Gefahr aus den<br />

Bergen bannen<br />

Äußerst wichtige Unterstützung für die Tiroler Gemeinden kommt von der<br />

Wildbach- und Lawinenverbauung. Ob Lawinen, Muren, Hochwasser oder<br />

Felsstürze – die Experten des Bundesministeriums für ein Lebenswertes<br />

Österreich haben immer eine Antwort auf Alpine Gefahren. DI Gebhard Walter,<br />

Sektionsleiter Tirol, gibt einen Überblick über die Arbeit der Kämpfer an<br />

vorderster Front, wenn es gilt, Gefahren aus den Bergen zu bannen.<br />

Herr DI Gebhart Walter – können<br />

Sie uns für Tirol einen Überblick<br />

über die Gefahrenpotenziale,<br />

die vorrangigen Auslöser und die<br />

Zeiten mit Häufungen von katastrophalen<br />

Ereignissen geben?<br />

„Wir beobachten seit einigen<br />

Jahrzehnten sehr scharfe Übergänge<br />

vom Winter in einen extrem<br />

heißen Frühling. Bereits im<br />

Spätfrühling treten Hitzegewitter<br />

auf, schon im Juni kommt es zu<br />

extremen Hitzephasen. Dies hat<br />

natürlich große Auswirkungen<br />

auf zu erwartende Ereignisse.<br />

Zwar gab es in den letzten<br />

Jahren bevorzugte Bereiche,<br />

die bei Starkregen in Tirol am<br />

anfälligsten waren, aber selbst<br />

Foto: Wildbach- und Lawinenverbauung<br />

in Trockengebieten, etwa dem<br />

Oberen Gericht, können Ereignisse<br />

auftreten. Was auffällt ist,<br />

dass man nach Großereignissen<br />

für die Folgezeit nicht zwingend<br />

Entwarnung geben kann. Ein<br />

Großereignis kann im betroffenen<br />

Gebiet zu Instabilität führen.<br />

Dies wiederum kann bereits im<br />

Folgejahr ein weiteres Groß-<br />

ereignis nach sich ziehen. Ein<br />

gutes Beispiel ist der Grinner<br />

Mühlbach. Fast 100 Jahre hat<br />

sich nichts gerührt, zuletzt gab<br />

es zweimal hintereinander ein<br />

Großereignis.“<br />

Hochwasser, Felsstürze, Lawinen<br />

– wie wahrscheinlich sind<br />

künftig Extremereignisse wie das<br />

Inn-Hochwasser 2005, der Felssturz<br />

am Eiblschrofen 1999 oder<br />

das Lawinen-Unglück von Galtür<br />

1999?<br />

„Katastrophale Großereignisse<br />

kann man nie ganz ausschließen.<br />

Ich glaube trotzdem, dass wir<br />

uns in vielen Bereichen – vor<br />

allem was den Lawinenschutz<br />

betrifft – seit 1999 gewaltig weiterentwickelt<br />

haben. Einerseits<br />

was Sicherungsmaßnahmen,<br />

andererseits auch was Gefahrenzoneneinstufungen,<br />

etc. betrifft.<br />

Auch im Bereich Wildbachsicherung<br />

ziehen wir stark nach.<br />

Bäche mit großem Potenzial<br />

werden noch überlastsicherer<br />

gestaltet, um auch das Risiko<br />

für Megaereignisse noch besser<br />

abzudecken. Diese werden laut<br />

ihrer Wiederkehrwahrscheinlichkeit<br />

kategorisiert. 100- bzw.<br />

150-Jahresereignisse sind immer<br />

berücksichtigt, daher widmen<br />

wir uns verstärkt 300- bzw.<br />

1000-Jahresereignissen, ja selbst<br />

5000-Jahrereignissen, um auch<br />

derartige Risiken besser abzudecken.<br />

Bei Wasserkraftanlagen<br />

oder Hochwasserretenzionsbauten<br />

wird gängig eine Überlastsicherheit<br />

für 5000-Jahrereignisse<br />

hergestellt.“<br />

Historisch gesehen gab es in Tirol<br />

äußerst gravierende Ereignisse,<br />

wie die Bergstürze in Ehrwald,<br />

Fernpass, Köfels, Piburg, Pletzachkogel,<br />

Tschirgant, teilweise<br />

tausende Jahre zurückliegend.<br />

Gibt es in Tirol auch heute noch<br />

Kandidaten für vergleichbare<br />

Megaereignisse? Wie realistisch<br />

ist ein solches Szenario in Zeiten<br />

tauenden Permafrostes?<br />

„Wir finden in Tirol derzeit keine<br />

Ansätze für große Bergstürze,<br />

wie etwa jener bei Evolène<br />

im Walliser Eringertal 2015,<br />

oder gar Mega-Bergstürze wie<br />

die historischen Beispiele vor.<br />

Wir nützen immer stärker neue<br />

technologische Hilfsmittel, wir<br />

erstellen etwa per Laserscan<br />

eine tirolweite Kartierung, um<br />

eventuelle Großmassenbewegungen<br />

frühzeitig zu erkennen.<br />

Den Permafrost betreffend haben<br />

wir in Tirol den Vorteil, dass die<br />

Berge im Schnitt hier etwa 1000<br />

Meter niedriger als in den Westalpen<br />

sind, weshalb der auftauende<br />

Permafrost nur in absoluten<br />

Höhenlagen eine Rolle spielt.“<br />

1951 war mit 265 Toten Tirols<br />

markantester Lawinenwinter.<br />

Die Ereignisse gingen auf eine<br />

meteorologische Ausnahmesituation<br />

zurück. Kann ein derartiges<br />

Ereignis wieder eintreten?<br />

„Die großen Tiroler Lawinenwinter<br />

in den Jahren 1951, 1954<br />

und 1999 gingen auf sehr ähnliche<br />

Wettersituationen zurück.<br />

Mehrere, rasch aufeinander<br />

folgende Starkniederschläge aufgrund<br />

hoher Atlantik-Feuchte bei<br />

Westwetterlage, plus teils orkanartige<br />

Winde. Auch im heurigen<br />

Winter hatten wir im Ansatz eine<br />

vergleichbar extreme Wettersituation,<br />

allerdings war die Phase<br />

glücklicherweise kürzer und<br />

damit die Auswirkungen nicht<br />

in ähnlich extremer Ausprägung<br />

wie damals. Das zeigt uns aber,<br />

dass man immer gewappnet sein<br />

muss. Die Extreme nehmen nicht<br />

ab, sondern sogar eher zu, da<br />

mehr Energie, sprich Wärme, in<br />

der Atmosphäre ist. Das Potenzial<br />

für derartige Großereignisse<br />

ist weiterhin da. Deshalb wird<br />

dies bei der Errichtung von<br />

Schutzbauten berücksichtigt.“<br />

Vor allem im Mittelalter, zuletzt<br />

1930 in Namlos, war Tirol immer<br />

wieder Schauplatz von gewaltigen<br />

Erdbeben mit einer Magnitude<br />

von 5,2 und mehr. Also weitaus<br />

stärkere Beben als heute (bis zu<br />

1000 Mal schwerer). Das nächste<br />

„Große“ ist überfällig. Wie würden<br />

sich derartige Beben auf die<br />

Bergsturz- bzw. Lawinengefahr<br />

auswirken?<br />

„Die Tiroler Erdbebenregion betrifft<br />

hauptsächlich die Inntalfurche<br />

und hier finden wir eine eher<br />

moderate Lawinensituation vor,<br />

weshalb ein Erdbeben als Auslöser<br />

eines Großereignisses eher<br />

unwahrscheinlich ist. Wie bereits<br />

angesprochen ist die Disposition<br />

für Bergsturz-Megaereignisse<br />

nach derzeitigem Wissensstand<br />

eher gering. Wir sind zudem die<br />

Tiroler Chroniken bis ins 13.<br />

Jahrhundert zurückgegangen, um<br />

Indizien für Zusammenhänge<br />

zwischen Erdbeben sowie Lawinen<br />

bzw. Bergstürzen zu finden.<br />

Wir haben keinerlei geschichtliche<br />

Überlieferungen entdeckt,<br />

dass in Tirol Erdbeben als Auslöser<br />

für andere katastrophale<br />

Ereignisse fungierten.“<br />

ALPINE SICHERHEIT<br />

10 │ GEMNOVA MAGAZIN<br />

GEMNOVA GEMNOVA MAGAZIN MAGAZIN │ │ 11 11

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