DER BIEBRICHER, Nr. 330, Mai 2019
Stadtteilmagazin für Wiesbaden-Biebrich
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Überlegt erben und vererben<br />
Es regnete in Strömen, was<br />
gewiss den einen oder anderen<br />
davon abhielt, das<br />
Haus zu verlassen. Etwa ein<br />
duzend Biebricher nahmen<br />
jedoch am 8. <strong>Mai</strong> in der Albert-Schweitzer-Gemeinde<br />
im<br />
Parkfeld an der kostenlosen<br />
Informationsveranstaltung<br />
„Was Sie über Erben und Vererben<br />
wissen sollten“ teil. Sie<br />
wurde von Rechtsanwalt und<br />
Notar Martin Sarris von der<br />
Kanzlei Klein-Sarris-Engel-<br />
Saraf aus dem Europaviertel<br />
im Rahmen des 15. Bürger-<br />
Info-Tages der Notarkammer<br />
Frankfurt durchgeführt. Sarris,<br />
selbst Biebricher, reichte<br />
den Anwesenden zunächst<br />
ein 40-seitiges Handout zu<br />
elementaren Erbfragen. Aus<br />
diesem trug er die wichtigsten<br />
Punkte vor und bot in der<br />
anschließenden Diskussionsrunde<br />
viel Raum für persönliche<br />
Anliegen.<br />
Im Fall einer klassischen Familienbeziehung<br />
mit Vater, Mutter<br />
und leiblichen Kindern, die<br />
sich grundsätzlich untereinander<br />
verstehen, sei die Erbfolge<br />
durch den Gesetzgeber<br />
im Prinzip schon gut gelöst<br />
und nicht zwingend ein Testament<br />
nötig, so der Anwalt.<br />
Anders sehe dies zum Beispiel<br />
bei Patchworkfamilien aus,<br />
bei Familien mit behinderten<br />
Kindern, bei Menschen mit<br />
einem Wohnsitz im Ausland<br />
oder bei einem Ehepartner<br />
aus dem Ausland. Kaum jemand<br />
habe zum Beispiel<br />
schon einmal von der Europäischen<br />
Erbrechtsverordnung<br />
gehört, die dramatische<br />
Auswirkungen auf das Erbe<br />
haben könnte. Sie legt nämlich<br />
fest, dass im Todesfall das<br />
Erbrecht des jeweiligen Landes<br />
in Kraft tritt, in dem der<br />
Verstorbene zuletzt seinen<br />
Lebensmittelpunkt hatte. Und<br />
dies gilt dann auch für das Seniorenheim<br />
in der Tschechei<br />
oder gar in Thailand oder den<br />
Altersruhesitz in Andalusien.<br />
Sarris erklärte den Unterschied<br />
zwischen Vermächtnis<br />
und Erbe und warnte vor einem<br />
unüberlegten Verfassen<br />
eines „Berliner Testaments“,<br />
bei dem der hinterbliebene<br />
Ehegatte alles erbt und die<br />
Kinder erst einmal außen vor<br />
bleiben.<br />
Grundsätzlich sollte sich jede<br />
Familie frühzeitig überlegen,<br />
ob ein notariell beglaubigtes<br />
und hinterlegtes Testament<br />
nicht besser ist, als am Ende<br />
des Tages unangenehme<br />
Überraschungen zu erleben.<br />
Ob und welches Testament<br />
sinnvoll sein könnte, lässt sich<br />
vorab jedenfalls schon einmal<br />
in einem Beratungsgespräch<br />
klären.<br />
(sst)<br />
SUSANNE STAUß<br />
Rechtsanwalt und Notar Martin Sarris bei seinem Vortrag im<br />
Albert-Schweitzer-Gemeindezentrum.<br />
<strong>DER</strong> <strong>BIEBRICHER</strong> / MAI <strong>2019</strong> 17