STADTMAGAZIN Bremen Juni 2019
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WAS MACHT EIGENTLICH …<br />
Der Koch der<br />
Sterneköche<br />
Der ehemalige Restaurantkritiker<br />
Heinz Holtgrefe im Interview<br />
Heinz Holtgrefe kann seine Hobbies Fotografieren, Reisen und Kochen gut miteinander verknüpfen.<br />
Auf einer Reise in Vietnam entstand die auf dem Bild zu sehende Schwarzweißfotografie. Foto: MÄR<br />
66<br />
Mit seinen Kolumnen „Mahlzeit zusammen!“<br />
und „Pott und Pann“<br />
im WESER-KURIER, die beide<br />
jeweils mehr als 1000 Mal erschienen, war<br />
Heinz Holtgrefe über knapp drei Jahrzehnte<br />
so etwas wie der wichtigste Feinschmecker<br />
und Restaurantkritiker der Hansestadt, bis<br />
er 2012 in den Ruhestand ging. Zur Ruhe<br />
gekommen ist der mittlerweile 69-Jährige<br />
deshalb aber noch lange nicht. Er fotografiert<br />
leidenschaftlich und stellt seine Bilder<br />
auch regelmäßig aus. Zudem reist er um die<br />
ganze Welt. Und ganz nebenbei bekocht er<br />
mittlerweile sogar Sterneköche, wie er bei<br />
einem Besuch des <strong>STADTMAGAZIN</strong>s bei<br />
ihm in Lilienthal verriet.<br />
Was machen Sie zurzeit?<br />
Im Wesentlichen reise ich sehr viel. Vor allem<br />
begleite ich viele Leserreisen, Kreuzfahrten<br />
sowie Wein- und Trüffelreisen. Man<br />
kann sagen, dass ich derzeit zwischen zehn<br />
und zwölf Reisen im Jahr unternehme. Aber<br />
eigentlich ist das gar nicht so besonders, da<br />
ich auch früher schon viel unterwegs war.<br />
Da bleibt ja kaum noch Zeit für Ihre anderen<br />
Hobbies, das Kochen und das Fotografieren<br />
…<br />
Nein, das kann man so auch nicht sagen.<br />
Vor allem das Fotografieren lässt sich ja<br />
wunderbar mit meinen Reisen verbinden.<br />
Und da ich, wie erwähnt, auch Wein- und<br />
Trüffelreisen mache, kommt auch das Kulinarische<br />
nicht zu kurz.<br />
In Ihrer Zeit beim WESER-KURIER erlangten<br />
Sie aufgrund Ihrer Kolumnen „Pott un<br />
Pann“ sowie „Mahlzeit zusammen!“ und in<br />
Ihrer Funktion als Restaurantkritiker große<br />
Bekanntheit. Mittlerweile sollen Sie<br />
den Spieß umgedreht haben und einmal<br />
im Jahr für einige renommierte Köche in<br />
der Küche stehen.<br />
Das stimmt. Ich habe über Jahrzehnte die<br />
Sterneköche in der nordwestdeutschen Region<br />
kennengelernt und auch privat immer<br />
wieder besucht und dort gegessen. Also<br />
hatte ich vor zehn Jahren die Idee, diese<br />
Köche mal zu mir nachhause einzuladen<br />
und zu bekochen. Ich bereite dann in der<br />
Regel immer an einem Montag im Januar<br />
ein sechs- bis acht-Gänge-Menü mit dazu<br />
passenden Weinen. Es beginnt um 19 Uhr<br />
und endet meist sehr fröhlich und feucht<br />
gegen 3 Uhr morgens. Es ist mittlerweile<br />
eine richtige Tradition geworden.<br />
Wer gehört zu ihren Gästen?<br />
Immer dabei sind Markus Kebschull aus<br />
Norderney, Wolfgang Pade aus Verden, Peter<br />
Hauptmeier aus <strong>Bremen</strong>, Marc Rennhack<br />
aus Cuxhaven, Tim Extra aus Bad Zwischenahn<br />
oder Jens Kommerau, der demnächst in<br />
<strong>Bremen</strong> etwas eröffnen will. Und es kommen<br />
auch immer mal wieder neue Gesichter<br />
hinzu. Eine sehr illustre Runde.<br />
Schmeckt Ihren Gästen denn auch, was<br />
Sie kochen?<br />
(lacht) Das will ich wohl meinen, schließlich<br />
kommen sie ja jedes Jahr wieder.<br />
Wie ist Ihre Begeisterung fürs Kochen<br />
entstanden?<br />
Nach meinem Volontariat bin ich aus Berlin<br />
nach <strong>Bremen</strong> gezogen. Damals musste<br />
ich noch ein Vierteljahr im Hotel wohnen,<br />
da unser Haus noch nicht fertiggestellt war.<br />
Ich bin damals öfter zu Rolf Diehl ins Restaurant<br />
an der H. H. Meier Allee gegangen<br />
und habe mich schließlich mit ihm angefreundet.<br />
So kam es, dass wir anschließend<br />
auch öfter miteinander gekocht haben.<br />
Anschließend habe ich es einfach weiter<br />
gemacht – als Autodidakt. Ich behaupte<br />
jetzt einfach mal, dass ich mittlerweile ein<br />
ganz passabler Koch bin. Und das, obwohl<br />
ich nicht gerne nach Kochbuch oder Rezept<br />
koche.<br />
Dennoch haben Sie schon einige Kochbücher<br />
herausgegeben.<br />
Das kommt, weil die Leute sich damals bei<br />
mir beschwert haben, dass sie nicht mehr<br />
wussten wohin mit den ganzen Rezepten,<br />
die sie aus der Zeitung ausgeschnitten hatten.<br />
Also habe ich ein Buch gemacht.<br />
Es gibt wohl wenige Kolumnen, die in <strong>Bremen</strong><br />
eine so hohe Aufmerksamkeit wie Ihr<br />
Mittagstischtest „Mahlzeit zusammen!“<br />
genossen haben. Haben Sie eine Erklärung<br />
dafür?<br />
Ich glaube es liegt daran, dass die Idee dazu<br />
so simpel war. Es arbeiten in der Innenstadt<br />
circa 80.000 Menschen, die mittags alle<br />
etwas essen wollen. Manche nehmen sich<br />
ein Brot, die anderen gehen in ein Lokal.<br />
In der Regel steht dann nur ein begrenztes<br />
Budget zur Verfügung. Also legten wir fest,<br />
dass das getestete Gericht nicht teurer als<br />
10 D-Mark sein durfte. Anscheinend gab<br />
es einen sehr großen Bedarf für eine solche<br />
Kolumne.<br />
Das Interview führte Martin Märtens