ADAC Motorwelt Juni 2019
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Europa im Blick:<br />
Das Tübinger<br />
Unternehmen<br />
informiert auch<br />
über Unwetter<br />
und Streiks<br />
Dunkelrot. Sie symbolisieren Ereignisse<br />
wie Streiks, Naturkatastrophen oder gewalttätige<br />
Konflikte. Die Redakteure tragen<br />
sie rund um die Uhr in die Firmen-<br />
Software „Global Monitoring“ ein. Von<br />
sechs Uhr morgens bis elf Uhr abends<br />
sind die Arbeitsplätze in Tübingen besetzt.<br />
„Die restliche Zeit übernehmen<br />
Kollegen in Südkorea und decken die<br />
deutsche Nacht ab“, erklärt Kizgin.<br />
Die größte Herausforderung sei es,<br />
die Ereignisse schnell zu priorisieren und<br />
mit kurzen Sätzen eine exakte Beschreibung<br />
zu geben. Hierfür durchsuchen die<br />
Mitarbeiter mit einem Filtersystem rund<br />
340.000 Quellen. Dazu gehören Nachrichtenagenturen,<br />
Newsportale, Behörden<br />
und Social-Media-Plattformen. Auch<br />
bei Ländern, in denen die Pressefreiheit<br />
unter Druck ist, können Kizgin und seine<br />
Kollegen seit vielen Jahren auf verlässliche<br />
Quellen zurückgreifen.<br />
„Heutzutage sind Tausende Informationen<br />
verfügbar. Unsere Aufgabe ist es, gezielt<br />
die wichtigsten Fakten herauszufiltern“,<br />
erklärt der Politologe. Bei der Suche<br />
helfen bestimmte Signalwörter, wie „Evakuierung“<br />
im Fall von Notre-Dame. 1000<br />
Einwohner auf der Île de la Cité mussten<br />
Samed Kizgin, Redaktionsleiter A3M<br />
„Wir müssen ständig die<br />
wichtigen Fakten aus der<br />
Datenflut herausfiltern“<br />
mand um sein Leben zu fürchten brauchte.<br />
Neben der Einordnung der Lage muss<br />
das Geschehen möglichst genau auf der<br />
Landkarte verortet werden, Kizgin nennt<br />
es „Georeferenzierung“. In dieser Hinsicht<br />
machte Notre-Dame seinem Team<br />
keine Probleme. Weitaus komplizierter<br />
werde die exakte Lokalisierung jedoch<br />
bei Vorfällen in Asien oder in manchen<br />
aus Sicherheitsgründen ihre Häuser verlassen.<br />
Allein aus diesem Grund bewerteten<br />
die Experten bei A3M das Ereignis mit<br />
einer höheren Gefahrenstufe. Auch wenn<br />
im Rest von Paris durch den Brand niearabischen<br />
Ländern: Nur mit guten Ortsund<br />
Sprachkenntnissen lassen sie sich<br />
interpretieren und auf der Weltkarte einzeichnen.<br />
Neben den großen deutschen Reiseveranstaltern<br />
greifen auch Unternehmen<br />
mit Niederlassungen in aller Welt auf das<br />
Frühwarnsystem der Tübinger Firma zurück.<br />
Sie erhalten so gesicherte Informationen<br />
für Mitarbeiter auf Geschäftsreisen<br />
oder für ihre Standorte im Ausland. Für<br />
Privaturlauber hat A3M eine Smartphone-<br />
App entwickelt. Sie sendet bei Gefahren<br />
am aktuellen Reiseziel Warnungen und<br />
Verhaltenshinweise auf das Handy. Den<br />
Aufenthaltsort ermittelt die App per GPS.<br />
Zum Schluss hat Samed Kizgin noch einen<br />
Tipp für Urlauber: „Ich würde immer<br />
dazu raten, die Mobilnummer beim Reiseveranstalter<br />
zu hinterlegen. Nur so<br />
kann man im Krisenfall telefonisch oder<br />
per SMS erreicht werden.“<br />
Text: Julian Häußler<br />
Mehr zum Thema: Global Monitoring App (iOS<br />
und Android), Testphase für vier Wochen, anschließend<br />
kostenpflichtig. Aktuelle Reisewarnungen<br />
bietet auch das Auswärtige Amt<br />
6/<strong>2019</strong> <strong>ADAC</strong> motorwelt<br />
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