planet toys 4/19
Fachmagazin für den Spielwaren- und Buchhandel
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INTERVIEW<br />
<strong>planet</strong> <strong>toys</strong><br />
die Märkte zu bedienen, sei es beim<br />
Preis, bei der Warenverfügbarkeit,<br />
beim Sortiment. Das können Filialisten<br />
nicht.<br />
Vor vier Jahren sagten Sie, dass Sie<br />
sich max. drei weitere Standorte vorstellen<br />
könnten. Bergedorf war da der<br />
dritte. Jetzt sind Sie bei sieben, können<br />
sich aber bis zu zwei weitere Dependancen<br />
vorstellen. Hand aufs Herz:<br />
Salzmann werden Sie in den nächsten<br />
zwei Jahren toppen, oder?<br />
N.H.: Ich habe noch nie aktiv einen neuen<br />
Standort gesucht …<br />
Sie werden immer noch angesprungen?<br />
N.H.: … (lacht) sondern bislang hat uns<br />
immer der Standort gesucht. Das habe<br />
ich nicht vor zu ändern. Wenn sich eine<br />
Gelegenheit ergibt, ergibt sich eine;<br />
wenn sich in den nächsten zwei Jahren<br />
nichts ergibt, ergibt sich nichts. Ich<br />
möchte nur Dinge tun, von denen ich<br />
völlig überzeugt bin. Gerade nach der<br />
Insolvenz von BR stand eine Woche lang<br />
mein Telefon nicht mehr still, weil jeden<br />
Tag drei Center-Manager anriefen.<br />
»Es ist unsere Individualität<br />
und es sind vor allem unsere<br />
Mitarbeiter, die uns ganz<br />
besonders stark machen.«<br />
NILS HARTFELDER<br />
Geschäftsführer Hartfelder Spielzeug<br />
Auch wenn Sie nicht aktiv die Filialisierung<br />
betreiben, folgen Sie nicht<br />
dennoch einer Marktlogik, um durch<br />
Wachstum strukturelle Probleme der<br />
Branche wie Margensituation und hoher<br />
Online-Anteil zu kompensieren?<br />
Muss man größer werden, um zu überleben?<br />
N.H.: Vor drei, vier Jahren hätte ich<br />
noch Nein gesagt, das geht auch so.<br />
Aus heutiger Sicht würde ich sagen,<br />
wir brauchen zwingend eine bestimmte<br />
Größe, denn mit zwei, drei Geschäften<br />
kann man nicht mehr alles selber<br />
machen. Ja, wir brauchen diese sieben<br />
Läden, damit es in der Summe wieder<br />
passt.<br />
Was dann, der Logik folgend, heißt,<br />
zehn Läden wäre noch besser als sieben!<br />
N.H.: Theoretisch wäre es so, aber mit<br />
unseren Strukturen ohne Zentrallager<br />
und ohne Warenwirtschaft würden wir<br />
an Grenzen stoßen.<br />
Ohne WWS? Bei 100.000 Artikeln, wie<br />
weit ist das vom Wahnsinn entfernt?<br />
N.H.: Natürlich haben wir mit Busch<br />
Data ein Warenwirtschaftssystem, aber<br />
wir arbeiten ohne Warenbestände,<br />
d. h. die Kasse ist gleichsam blind. Wir<br />
arbeiten übrigens bei allen Lieferanten<br />
ohne Warenbestände, auch wenn die<br />
uns alle für verrückt erklären und das<br />
gerne ändern würden. Meine Überzeugung<br />
ist, dass es einer unser großen<br />
Vorteile ist, dass wir es nicht tun.<br />
Als wir im September letzten Jahres<br />
miteinander sprachen, waren wir<br />
verblüfft, dass Sie nach wie vor einen<br />
Kurier von Filiale zu Filiale touren lassen,<br />
um Ware jederzeit überall verfügbar<br />
zu halten. Wäre es nicht an der<br />
Zeit, ein Zentrallager aufzubauen?<br />
N.H.: Wenn es nach mir ginge, nie, nach<br />
meinen Mitarbeitern und Lieferanten<br />
lieber gestern als heute. Ich glaube,<br />
genau unsere Arbeitsweise macht uns<br />
stark, weil wir keine Massen an Ware<br />
im Lager führen müssen. Was in den<br />
Filialen steht, ist das, was wir haben.<br />
Jede Filiale ist für etwa zehn Lieferanten<br />
zuständig, um die anderen Filialen<br />
mit diesem Sortiment zu versorgen.<br />
Dadurch haben wir einen zentralen<br />
Einkauf bei allen Lieferanten.<br />
Bei diesem Modell erreichen Sie doch<br />
nicht Ihr erklärtes Ziel, bei der Warenverfügbarkeit<br />
in der Liga von Online-Händlern<br />
zu spielen, oder?<br />
N.H.: Ich bin der Meinung, wir bieten das.<br />
2018 haben Sie einen Umsatz von über<br />
10 Mio. € erzielt. Was blieb hängen?<br />
N.H.: Unterm Strich haben wir immer<br />
alles investiert.<br />
Hartfelder ist aus Überzeugung online-clean.<br />
Damit liegen Sie quer zu<br />
den Propheten aus den Verbänden.<br />
Was sagen Sie Hildesheim, das Sie<br />
vielleicht gerne für den idee+spiel-Online-Marktplatz<br />
gewinnen möchte?<br />
N.H.: Ich bin der festen Überzeugung,<br />
dass man alle Kraft in das reinstecken<br />
sollte, was man besonders gut kann.<br />
Das sind bei uns die stationären Geschäfte.<br />
Ich bin überhaupt kein Freund<br />
davon, seine Energie zu teilen.<br />
Heißt das im Umkehrschluss, dass<br />
alle Händler, die sich einer Omnichannel-Strategie<br />
verschrieben haben, auf<br />
dem Holzweg sind?<br />
N.H.: Das will ich nicht sagen. Bei einer<br />
Lage, bei der die Frequenz im Laden<br />
fehlt, muss ich mir zwangsläufig Gedanken<br />
über eine andere Absatzstrategie<br />
machen. Da wäre Omnichannel<br />
womöglich der richtige Weg. Bei der<br />
Beanspruchung in unseren Geschäften<br />
will ich nicht noch nebenbei ein Geschäft<br />
betreiben, bei dem Menschen<br />
morgens bestellen und mittags schon<br />
anrufen, um zu erfahren, wo die Ware<br />
bleibt.<br />
Beim HDE sagt man, Shopping-Center<br />
leiden unter den größten Frequenzverlusten.<br />
Bleiben Sie dieser Center-Strategie<br />
treu?<br />
N.H.: Ich bin in fast allen Centern in den<br />
Vorständen der Werbegemeinschaften<br />
und bei allen, außer bei den großen<br />
ECE-Centern, haben wir keine rückläufigen<br />
Frequenzen. Ich glaube, es<br />
sind in erster Linie die überregionalen<br />
Center, die heute Probleme haben, weil<br />
inzwischen jeder Stadtteil sein eigenes<br />
Center hat. Die sind oft viel flexibler<br />
als eine ECE, die für alles Geld haben<br />
möchte und kaum Aktionen zulässt.<br />
Wir merken selbst, dass ein überregio-