BILDUNGSPRAXIS 03/2019
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AUSBILDUNG<br />
LANGSAM, ABER STETIG<br />
Nachdem 2015 / 2016 über eine Million Menschen nach Deutschland geflüchtet waren,<br />
lief deren Integration in Arbeit und Ausbildung zunächst schleppend an.<br />
Wie ist die Lage heute? Eine Bestandsaufnahme.<br />
Text und Interview Vincent Hochhausen<br />
In den Jahren 2015 und 2016 kamen<br />
insgesamt über eine Million Geflüchtete<br />
nach Deutschland. Knapp zwei<br />
Drittel davon waren zum Zeit der Ankunft<br />
unter 30 Jahre alt. Ein großer Teil dieser<br />
Menschen muss demnach eine Berufsausbildung<br />
absolvieren, um sich langfristig<br />
ihren Lebensunterhalt in Deutschland<br />
zu sichern. Dass Interesse hieran bei den<br />
Unternehmen durchaus vorhanden war,<br />
konnte man damals bereits daran erkennen,<br />
wie allgegenwärtig das Thema auf<br />
Ausbildungs- und Berufsschulkongressen<br />
war. Doch schnell zeigte sich, dass die Aufgabe,<br />
den nach Deutschland gekommenen<br />
Menschen Berufsbildung und Arbeit zu<br />
ermöglichen, großes Engagement erfordert.<br />
Das hat mehrere Gründe:<br />
»»<br />
Sprachkenntnisse: Den meisten Geflüchteten<br />
müssen zunächst Deutschkenntnisse<br />
vermittelt werden.<br />
»»<br />
Bildungsstand: Zwar ergab eine repräsentative<br />
Befragung des Bundesamtes<br />
für Migration und Flüchtlinge, dass 35<br />
Prozent der Geflüchteten einen Schulabschluss<br />
und elf Prozent sogar ein abgeschlossenes<br />
Studium haben. Gleichzeitig<br />
gaben jedoch ein Viertel der befragten<br />
Geflüchteten an, keine Schulbildung<br />
oder nur die Grundschule besucht zu<br />
haben.<br />
»»<br />
Motivation: Die oben erwähnte Studie,<br />
hebt „die hohe Bildungsmotivation der<br />
Geflüchteten positiv hevor“. Gespräche<br />
mit Deutschlehrkräften und Ausbildern,<br />
die Bildungspraxis in den letzten<br />
Jahren führte, bestätigen diesen Eindruck.<br />
Gleichzeitig bevorzugen viele<br />
Geflüchtete es allerdings, statt einer<br />
langwierigen Ausbildung so schnell<br />
wie möglich in geringer qualifizierten<br />
Jobs Geld zu verdienen – auch wenn<br />
das langfristig schlechtere Perspektiven<br />
bietet.<br />
Diese Herausforderungen führten dazu,<br />
dass die Zahlen der als Geflüchtete nach<br />
Deutschland gekommenen Menschen, die<br />
eine Ausbildung begannen, in den ersten<br />
Jahren nach der „Flüchtlingswelle“ zunächst<br />
ernüchternd waren: 2016 meldeten<br />
der Deutsche Industrie- und Handelskammertag<br />
(DIHK) 3900 sowie der Zentralverband<br />
des Deutschen Handwerks<br />
(ZDH) 4600 neue Ausbildungsverträge<br />
mit Personen aus den acht wichtigsten<br />
Herkunftsländern von Geflüchteten (siehe<br />
Infokasten) – angesichts der hohen Zahlen<br />
von Neuankömmlingen in dieser Zeit eine<br />
sehr geringe Zahl.<br />
2017 stiegen diese Zahlen laut DIHK auf<br />
9300 Ausbildungsverträge, der ZDH meldetet<br />
11 000. Zahlen der Bundesagentur<br />
für Arbeit für das Jahr 2018 legen nahe,<br />
dass dieser Trend vorerst anhalten wird,<br />
denn immer mehr Neuankömmlinge aus<br />
den Jahren 2015 und 2016 haben mittlerweile<br />
ihre Sprachkenntnisse verbessert und<br />
berufsvorbereitende Maßnahmen durchlaufen.<br />
18 | ›› <strong>BILDUNGSPRAXIS</strong> – <strong>03</strong>/<strong>2019</strong>