BerlinerStimme Nr. 05 2019
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Immobiliengesellschaften zu sammeln,<br />
ist Grund genug, sich ernsthaft mit der<br />
Initiative auseinander zu setzen. Wir<br />
müssen uns als SPD Berlin fragen, inwiefern<br />
wir die Vergesellschaftung als Teil<br />
der Problemlösung betrachten wollen.<br />
Unbestritten hat der Volksentscheid inhaltliche<br />
Schwächen. Die Fokussierung<br />
auf Unternehmen ab 3.000 Wohnungen<br />
ist angreifbar und sagt nichts über deren<br />
Geschäftsgebaren aus. Stattdessen sollte<br />
die Vergesellschaftung stärker anhand<br />
sozialer Kriterien entschieden werden.<br />
Wir brauchen ihre Anwendung als<br />
Ultima Ratio, um verantwortungsvolles<br />
Vermieten durchzusetzen und Missbrauch<br />
zu beenden. Darüber hinaus gilt<br />
es, mit dem Mittel der Enteignung Sozialwohnungen<br />
und bezahlbaren Wohnraum<br />
dauerhaft zu sichern, wenn deren<br />
Verlust in Privatbesitz droht.<br />
Ein zentrales Problem der Volksinitiative<br />
ist die Beschränkung auf Bestandswohnungen,<br />
denn durch eine Vergesellschaftung<br />
wird zunächst kein Wohnraum neu<br />
geschaffen, sondern nur gerechter verwaltet.<br />
Wir müssen deshalb insbesondere<br />
über die Vergesellschaftung von<br />
Bauland nachdenken, um die soziale<br />
Stadt der Zukunft zu sichern. Zielorientierte<br />
Anwendung der Vergesellschaftung<br />
hilft nicht nur den Betroffenen,<br />
sondern schont auch den Haushalt. Im<br />
Gegensatz zum bislang genutzten Vorkaufsrecht,<br />
können wir dabei ungleich<br />
größere Markteingriffe zum Wohle der<br />
Stadtgesellschaft erzielen.<br />
Es gilt, in der Auseinandersetzung mit<br />
der Volksinitiative und in Abgrenzung<br />
von den Linken eine eigene Vision von<br />
sozial gerechter und sachlich begründeter<br />
Vergesellschaftung zu entwickeln. Die<br />
Einführung des Mietendeckels beweist,<br />
dass es positive Veränderungen auf dem<br />
Berliner Wohnungsmarkt nur dank der<br />
SPD gibt. Lasst uns erneut mutig sein. Die<br />
im Grundgesetz verankerte Möglichkeit<br />
zur Vergesellschaftung ist eine sozialdemokratische<br />
Errungenschaft und sollte<br />
in angemessener Form genutzt werden.<br />
Berlin wird es uns danken.<br />
CONTRA<br />
Volker Härtig<br />
Zynisches Placebo<br />
T<br />
I<br />
T<br />
E<br />
L<br />
OBEN<br />
Volker Härtig<br />
Franz Josef Strauß sprach in seiner berüchtigten<br />
Sonthofen-Rede 1974 von der<br />
Nützlichkeit schwerer Krisen: „Erst muss<br />
es zum totalen Offenbarungseid und<br />
zum Schock kommen. Erst dann kann<br />
man erfolgreich mit einem neuen Aufbau<br />
beginnen.“<br />
R2G ist wohnungspolitisch gescheitert,<br />
die Anspannung auf dem Wohnungsmarkt<br />
verschärft sich. Dieses krasse Urteil<br />
stammt nicht aus Oppositionskreisen,<br />
22 BERLINER STIMME