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Taxi Times Berlin - März / April 2019

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GEWERBE<br />

wird die in § 49 Abs. 4 S. 4 PBefG enthaltene<br />

buchmäßige Erfassung um die Möglichkeit<br />

einer elektronischen Erfassung von<br />

Auftragseingängen ergänzt. Auch App-basierte<br />

Auftragseingänge werden hierdurch<br />

expressis verbis ermöglicht.“<br />

Würde sich Scheuer mit dieser Forderung<br />

durchsetzen, so wäre eine wesentliche<br />

Argumentation des aktuellen BGH-Urteils<br />

zum Verbot der App von UberBlack<br />

hinfällig. Das vom <strong>Taxi</strong>gewerbe mühsam<br />

erstrittene Urteil wäre das Papier nicht<br />

mehr wert, auf dem es steht.<br />

Hinsichtlich künftiger Sammelfahrten<br />

und deren (digital gesteuerter) Durchführung<br />

wird in Punkt c „Aufhebung des<br />

Poolingverbots für Mietwagen“ folgendes<br />

vorgeschlagen:<br />

„Um auch außerhalb des ÖPNV eine<br />

reguläre Genehmigungsfähigkeit neuartiger<br />

Pooling-Konzepte sicherzustellen,<br />

wird die in § 49 Abs. 4 S. 1 PBefG normierte<br />

Pflicht zur Anmietung im Ganzen<br />

aufgehoben. Damit wird Mietwagenunternehmern<br />

grundsätzlich auch die Einzelsitzplatzvermietung<br />

ermöglicht. Ebenso wird<br />

die in § 49 Abs. 4 S. 1 PBefG enthaltene<br />

Vorgabe gestrichen, nach der der Ablauf<br />

der Fahrt vom Mieter bestimmt wird, um<br />

auch Algorithmus-gesteuerte Streckenführungen<br />

zu ermöglichen. Eine Genehmigung<br />

des Verkehrs mit Mietwagen kann<br />

zulässigerweise versagt werden, sofern<br />

die zuständige Verkehrsbehörde positiv<br />

feststellt und (bspw. im Rahmen der Nahverkehrsplanung)<br />

qualifiziert begründet,<br />

dass der beantragte Verkehr und die damit<br />

einhergehende Einzelsitzplatzvermietung<br />

einzelne ertragreiche Linien des Linienverkehrs<br />

oder ein Teilnetz aus einem vorhandenen<br />

Linienverkehrsnetz gefährdet<br />

und hierdurch die Funktionsfähigkeit des<br />

Linienverkehrs insgesamt bedroht wird.<br />

Auf diese Weise kann die Kommune den<br />

Mietwagenverkehr bei einer Beeinträchtigung<br />

der Funktionsfähigkeit des Linienverkehrs<br />

entsprechend steuern.“<br />

TESTET SCHEUER NUR,<br />

WIE WEIT ER GEHEN KANN?<br />

Auswirkung dieser Forderung: Auch hier<br />

würde die Trennung zwischen <strong>Taxi</strong> und<br />

Mietwagen aufgeweicht, denn die sogenannte<br />

Einzelplatzvermietung war bisher<br />

nur <strong>Taxi</strong>s gestattet. Soll heißen: Apps, die<br />

fremde Menschen mit ähnlichen Fahrzeiten<br />

und -zielen zu Sammelfahrten zusammenfassen,<br />

dürfen bisher nur von <strong>Taxi</strong>s angewendet<br />

werden. Deshalb wurden Moia und<br />

andere Shuttle-Dienste bisher auch nur<br />

nach der sogenannten Experimentierklausel<br />

zeitlich befristet genehmigt.<br />

Fazit: Noch ist nicht klar, welche Durchschlagskraft<br />

dieses Eckpunktepapier auf<br />

die aktuell laufenden Beratungen zur<br />

Änderung des PBefG hat. Dass man damit<br />

bewusst an die Presse gegangen ist, wird<br />

von Polit-Experten als Testballon interpretiert.<br />

Vielleicht wollte Andreas Scheuer als<br />

verantwortlicher Minister ganz bewusst<br />

die ersten Reaktionen testen. Wie laut und<br />

heftig die ausfallen, hat das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />

mit seinen Demonstrationen in <strong>Berlin</strong> und<br />

München schon gezeigt (siehe Seite 6-7 und<br />

21). Von daher ist es gut, dass der Bundesverband<br />

<strong>Taxi</strong> unmittelbar nach Bekanntwerden<br />

des Papiers mit klaren Aussagen<br />

Stellung bezogen hat. Geschäftsführer<br />

Thomas Grätz spricht von einer Katastrophe<br />

für das <strong>Taxi</strong>gewerbe, das mit solchen<br />

Änderungen „plattgemacht“ werde. jh<br />

HOFFNUNG FÜR VIER TAGE<br />

Am 22. <strong>März</strong> saß die Spitze des Bundesverband <strong>Taxi</strong> und Mietwagen<br />

zum Arbeitsgespräch mit Minister Scheuer zusammen. Der Austausch<br />

war vielversprechend, doch vier Tage später war alles wie vorher.<br />

FOTO: <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />

Scheuers Eckpunkte müssen weg“<br />

lautet das Motto der vom Bundesverband<br />

<strong>Taxi</strong> (zu diesem Zeitpunkt<br />

noch BZP) organisierten Demos in <strong>Berlin</strong><br />

und München. Entsprechend klar war die<br />

Forderung der Verbandsspitze beim Zusammentreffen<br />

mit Andreas Scheuer in dessen<br />

Ministerium. Und überraschend positiv<br />

hatten Präsident Michael Müller, seine<br />

beiden Vizes Hermann Waldner und Peter<br />

Zander sowie Geschäftsführer Thomas<br />

Grätz hinterher das Gespräch empfunden.<br />

Man habe den Eindruck gewonnen, „dass<br />

viele unserer Argumente im Verkehrsministerium<br />

endlich angekommen sind“, hieß<br />

es noch am selben Tag aus der Geschäftsstelle<br />

des Bundesverbands. Im intensiven<br />

Gespräch wurden „die Tragweite und die<br />

Konsequenzen im Falle eines Wegfalls<br />

der Rückkehrpflicht für Mietwagen noch<br />

einmal nachdrücklich erläutert“, berichtet<br />

Verbandspräsident Michael Müller. „Unser<br />

Gewerbe ist moderner und digitaler, als<br />

manche denken. Wir haben auch weitere<br />

Argumente noch einmal in aller Deutlichkeit<br />

platziert – und auch keinen Zweifel<br />

daran gelassen, dass das Gewerbe eine<br />

Lösung erwartet.“<br />

Die Ernüchterung kam nur vier Tage<br />

später in Form einer E-Mail: „Lieber Herr<br />

Grätz“, schrieb ein hochrangiger Mitarbeiter<br />

des Ministeriums, „Wir haben die<br />

Gesamtthematik erneut hier im Hause<br />

besprochen und uns auch mit den Koalitionsfraktionen<br />

kurz ausgetauscht. Unser<br />

Eckpunktepapier wurde als Diskussionspapier<br />

erstellt, um zu einer Meinungsbildung<br />

innerhalb der Koalitionsfraktion<br />

zu kommen. Die Fraktionen haben uns<br />

zunächst gebeten, unseren Entwurf mit<br />

den Verbänden zu besprechen. Sie werden<br />

an diesen Gesprächen mit den Fraktionen<br />

teilnehmen und somit wird der intensive<br />

Austausch fortgesetzt. Wir werden danach<br />

unsere Gespräche fortsetzen. Beste Grüße.“<br />

Michael Müller zeigte sich von dieser<br />

Hermann Waldner (links), Thomas Grätz und<br />

Michael Müller vor dem Verkehrsministerium<br />

Zurückhaltung enttäuscht und bezeichnete<br />

das aktuelle Statement als Zick-Zack-Kurs,<br />

den man sich nicht bieten lasse wolle. „Ich<br />

finde es empörend, dass er nach einem<br />

Arbeitsgespräch an einem Freitag, bei dem<br />

er selbst noch signalisiert hat, dass er vielleicht<br />

mit seinem Papier verkehrt liegen<br />

könnte, uns dann am Dienstag per Mail<br />

mitteilen lässt, dass sein Papier erstmal<br />

so bleiben soll. Das ist ein Skandal“, sagte<br />

Müller während einer <strong>Taxi</strong>-Demo in Hannover<br />

am 28. <strong>März</strong>. <br />

jh<br />

TAXI MÄRZ/APRIL <strong>2019</strong><br />

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