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DÖNKES AUS DEM ARTLAND<br />
Als ich die Pumpe dann in Händen hielt, war ich von deren Gewicht<br />
doch recht überrascht. Nun wollte ich zuerst überprüfen, ob der<br />
Brunnen und die nach oben führenden Bleirohre nach so langer Zeit<br />
überhaupt noch Wasser liefern konnten. Wenn nicht, hätte ich die<br />
Pumpe, so wie sie war, wieder angebaut. Ich befestigte am oberen<br />
Ende des Rohres, dass aus dem Boden herausragte eine Kupplung,<br />
um eine elektrische Pumpe anzuschließen. Und siehe da! Nach knapp<br />
einer Minute sprudelte klares Wasser aus dem Schlauch.<br />
Nun hieß es also die alte Pumpe zum Leben zu erwecken. Zuerst<br />
entfernte ich die obere Holzabdeckung. Beim Blick in das Innere<br />
wusste ich dann auch, warum die Pumpe so schwer war. Es war schon<br />
erstaunlich zu sehen, wie viel Sand, Schmutz und was auch immer<br />
Mäuse und Insekten im Laufe der<br />
Jahre hinein getragen hatten.<br />
Daher also das hohe Gewicht. Das<br />
Säubern war gar nicht so einfach,<br />
manches war hart wie Beton. Vieles<br />
was da zum Vorschein kam,<br />
war nicht mehr zu erkennen. Das<br />
untere Ventil und der Hebekolben<br />
hatten sich in viele Teile<br />
zerlegt. Sie anzufertigen dauerte<br />
eine geraume Zeit.<br />
Das untere Ventil fertigte ich aus einem trockenen Stück Holz an.<br />
Nach dem Einbringen in das Pumpenrohr sollte dann das einfließende<br />
Wasser das Holz aufquellen lassen und so für einen festen Sitz<br />
sorgen. Die Klappe auf dem Einströmloch des Ventils fertigte ich wie<br />
in alten Zeiten aus einem Stück Leder an. Viel mehr Probleme bereitete<br />
die Herstellung des<br />
Hebekolbens. Als Kind<br />
hatte ich beobachtet,<br />
wie mein Großvater einen<br />
solchen angefertigt<br />
hatte. Extra für diesen<br />
schnitt er aus unserem<br />
Birnbaum einen dicken<br />
Ast heraus, aus dem er ihn dann zuschnitt. Er erklärte mir auch, dass<br />
man grünes, zumindest nasses Holz nehmen müsse, da sich der Hebekolben<br />
, im Gegensatz zum unteren Ventil, nicht aufquellen dürfe.<br />
Nun, da ich nicht von Ribbeck heiße und im Garten keinen Birnbaum<br />
habe, fertigte ich den Hebekolben aus modernem Material an. Kunststoff,<br />
rostfreier Stahl und ein Tennisball als Ventilklappe kamen zum<br />
Einsatz. Nur die Ledermanschette als Dichtungsmittel war nach wie<br />
vor das beste Material.<br />
Als alles zusammen gebaut war und sich die Pumpe an ihrem alten<br />
Platz befand, war die Spannung groß. Würde wohl alles funktionieren?<br />
Eine Schwengelpumpe benötigt bekanntlicherweise als Starthilfe<br />
eine gewisse Menge Wasser. Ich goss also einen Eimer voll hinein<br />
und begann zu Pumpen. Und siehe da, nach ein paar Pumphüben<br />
lieferte das alte Stück gutes Wasser, wie in alten Zeiten. Das Gefühl,<br />
dass mich beschlich war nicht unbedingt Stolz. Vielmehr war es ein<br />
Gefühl der Genugtuung und Freude. Ich fühlte mich für einen Augenblick<br />
zurück versetzt in meine Kinderzeit, in der ich so manchen<br />
Eimer Wasser mit der alten Schwengelpumpe hinter meines Vaters<br />
Elternhaus ans Tageslicht geholt hatte, wie viele Generationen davor.<br />
Manch einer wird sagen:<br />
Gibt es nicht wichtigeres,<br />
als so eine alte Pumpe wieder<br />
herzurichten?<br />
Sicherlich!<br />
Doch was wäre unser Leben<br />
ohne diese kleinen Nebensächlichkeiten,<br />
die unser<br />
Dasein bereichern und an<br />
denen oft eine ordentliche<br />
Portion Herzblut hängt.<br />
Wolfgang Bergfeld<br />
Ausgabe <strong>Herbst</strong> <strong>2019</strong> mq + | 47